Verfahrensgang

LG München I (Beschluss vom 04.03.2015; Aktenzeichen 25 O 3403/15)

 

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des LG München I vom 04.03.2015 aufgehoben und folgende einstweilige Verfügung erlassen:

Einstweilige Verfügung:

Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft. oder der Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen, im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ber Eingabe der Suchworte "betrugsverdacht" in die Suchmaske der Antragsgegnerin unter www.google.de das folgende und aus Anlage LHR 1 ersichtliche Suchergebnis aufzuzeigen:

23.7.14 14:46 ... unter Betrugsverdacht Staatsanwaltschaft ermittelt Mittwoch Juli 23rd 2014. Das Geschäftsmodell von .. sieht vor, dass

und dabei auf die Webseite mit der URL ...

zu verlinken, wenn aus dieser Inhalte wie aus Anlage LHR 2 (Anlage zu dieser einstweiligen Verfügung) ersichtlich sind.

2. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 50.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Antragsgegnerin betreibt eine Suchmaschine im Internet. Die Antragstellerin wendet sich mit ihrem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung mit Schriftsatz vom 26.02.2015 gegen die Anzeige eines Suchergebnisses bei Eingabe eines bestimmten Suchbegriffs in die Suchmaske der Antragsgegnerin sowie gegen die Verlinkung auf die angegriffene Textberichterstattung unter einer konkreten URL. Bei diesem Text handelt es sich um einen Blogbeitrag. Der Verfügungsantrag ist auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland beschränkt. Auf Bl. 1/17 d.A. wird Bezug genommen. Das LG wies den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung mit Beschluss vom 04.03.2015, der Antragstellerin am 10.03.2015 zugestellt, zurück. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 27/34 d.A. Bezug genommen. Mit Schriftsatz vom 24.03.2015, zugegangen am gleichen Tag, legte die Antragstellerin Beschwerde ein. Wegen der Begründung wird auf Bl. 35/44 d.A. Bezug genommen. Das LG half der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 30.03.2015 (Bl. 45/48 d.A.) nicht ab.

II. Die zulässige sofortige Beschwerde ist begründet, so dass der Beschluss des LG München I vom 04.03.2015 aufzuheben und dem Verfügungsantrag stattzugeben war. Der Antragstellerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gemäß § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog, § 823 Abs. 1 BGB, Art. 2 Abs. 1 GG zu, denn der Inhalt des Suchergebnisses, bei dem es sich um ein Snippet handelt, sowie die Verlinkung auf die angegriffene Äußerung in dem Blog verletzen sie rechtswidrig in ihrem Unternehmenspersönlichkeitsrecht. Die Antragsgegnerin haftet als Störerin, da sie die ihr obliegenden Prüfpflichten verletzt hat. Wiederholungsgefahr ist gegeben. Auch der Verfügungsgrund ist zu bejahen.

1. Ein Verfügungsanspruch ist entgegen der Ansicht des LG zu bejahen.

a. Die internationale Zuständigkeit für die auf persönlichkeitsrechtliche Ansprüche gestützten Anträge auf Unterlassung der Vervielfältigung und Verbreitung bzw. deren Ermöglichung ist gegeben.

Nach den vom Bundesgerichtshof im Urteil vom 02.03.2010 (VI ZR 23/09, BGHZ 184, 313 Rn. 20 mwN) aufgestellten Grundsätzen sind die deutschen Gerichte zur Entscheidung über Klagen wegen Persönlichkeitsbeeinträchtigungen durch im Internet abrufbare Veröffentlichungen international zuständig, wenn die als rechtsverletzend beanstandeten Inhalte objektiv einen deutlichen Bezug zum Inland in dem Sinn aufweisen, dass eine Kollision der widerstreitenden Interessen - Interesse der Antragstellerin an der Achtung ihres Persönlichkeitsrechts einerseits, Interesse der Antragsgegnerin an der Gestaltung ihres Internetauftritts und an einer Berichterstattung andererseits - nach den Umständen des konkreten Falls, insbesondere aufgrund des Inhalts der konkreten Meldung, im Inland tatsächlich eingetreten ist oder eintreten kann. Dies ist vorliegend anzunehmen, da eine Kenntnisnahme des beanstandeten Suchergebnisses und der damit verlinkten Website nach den Umständen des konkreten Falls im Inland erheblich näher liegt, als es aufgrund der bloßen Abrufbarkeit der Meldung der Fall ist, und die von der Antragstellerin behauptete Beeinträchtigung ihres Unternehmenspersönlichkeitsrechts durch Kenntnis des Suchergebnisses und die mit dieser verlinkte Website (auch) im Inland eintritt (vgl. auch BGH, Urteil vom 29.3.2010 - VI ZR 111/10, vom 14.5.2013 - VI ZR 269/12 und vom 14.05.2013 - VI ZR 269/12).

b. Das LG hat ohne Rechtsfehler deutsches Recht angewandt. Nach Art. 40 Abs. 1 Satz 1 EGBGB unterliegen Ansprüche aus unerlaubter Handlung grundsätzlich dem Recht desjenigen Staates, in dem der Ersatzpflichtige gehandelt hat. Der Verletzte kann jedoch nach Art. 40 Abs. 1 Satz 2 und 3 EGBGB im ersten Rechtszug bis zum Ende des frühen ersten Termins oder dem Ende des Vorverfahrens verlangen, dass anstelle dieses Rechts das Recht des Staates angewandt wird,...

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