Leitsatz (amtlich)
1. Zum Umfang der von einem Testamentsvollstrecker erteilten Vollmacht zur Vertretung bei der Übertragung von Grundbesitz im Fall der Freigabe an die Erben.
2. Für die Berichtigung des Grundbuchs ist zum Nachweis der Erbfolge ein Erbschein auch dann vorzulegen, wenn der durch Zeugnis ausgewiesene Testamentsvollstrecker auf die Berichtigung anträgt (Anschluss an OLG Köln vom 1.7.1992 - 2 Wx 23/92, Rpfleger 1992, 342).
3. Ein für Handelsregisterzwecke erteilter Erbschein ist für Zwecke des Grundbuchs in seinem Nachweiswert nicht geschmälert.
Normenkette
BGB § 2217; GBO §§ 19, 22 Abs. 1, § 35 Abs. 1-2, § 51; KostO § 107a
Verfahrensgang
AG Starnberg - Grundbuchamt (Aktenzeichen Tutzing Blatt 3786-15) |
Tenor
I. Auf die Beschwerde der Beteiligten wird die Zwischenverfügung des AG Starnberg - Grundbuchamt - vom 5.1.2011 in Ziff. 2 aufgehoben.
II. Das Grundbuchamt wird angewiesen, die beantragte Eintragung nicht wegen des in Ziff. 2 der Zwischenverfügung vom 5.1.2011 bezeichneten Eintragungshindernisses zu verweigern.
III. Im Übrigen wird die Beschwerde gegen die Zwischenverfügung vom 5.1.2011 zurückgewiesen.
IV. Soweit die Beschwerde zurückgewiesen wurde, wird der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens auf 500 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Im Grundbuch sind Rudolf G. (zu 50/100), Dorothea G. (zu 35/100), Cordula G. (zu 7,5/100) und Constanze G. (zu 7,5/100) als Grundstückseigentümer eingetragen. Rudolf G. ist am 26.6.2002 verstorben. Nach den dem Grundbuchamt gegenüber gemachten Angaben wurde er aufgrund letztwilliger Verfügungen beerbt von den weiteren drei Miteigentümern sowie von Dr. Angelika G. zu je 1/4. Testamentsvollstreckung ist angeordnet. Die Beteiligten zu 1 und 2 sind die Testamentsvollstrecker. Gemäß Erklärung vom 17.11.2010 gaben die Testamentsvollstrecker, und zwar die Beteiligte zu 2 persönlich und der Beteiligte zu 1 vertreten durch eine Miterbin aufgrund Vollmacht vom 2.7.2004, den Grundbesitz unter der aufschiebenden Bedingung der Eintragung der beantragten Berichtigung im Grundbuch frei. Sie bewilligten und beantragten die Eintragung der vier Personen in Erbengemeinschaft als Eigentümer des hälftigen Grundbesitzes und überließen diesen der Erbengemeinschaft.
Auf den notariellen Vollzugsantrag vom 21.12.2010 hat das Grundbuchamt mit Zwischenverfügung vom 5.1.2011 unter Fristsetzung beanstandet:
1. Die vom Beteiligten zu 1 erteilte Vollmacht vom 2.7.2004 umfasse, neben nicht einschlägigen Punkten, nur die Vertretung bei Vereinbarungen zur Erbauseinandersetzung und bei der Übertragung von in den Nachlass fallenden Grundbesitz oder Grundbesitz-Miteigentumsanteilen an die Erben oder Vermächtnisnehmer. Die Überlassung des Grundbesitzes zur freien Verfügung falle nicht hierunter. Erforderlich sei daher die Genehmigung des Beteiligten zu 1 zur Erklärung vom 17.11.2010.
2. Der in der Nachlassakte befindliche Erbschein sei nur für Handelsregisterzwecke erteilt und könne somit nicht Grundlage für die Eintragung der Erben im Grundbuch sein. Es sei daher zum Vollzug ein für Grundbuchzwecke erteilter Erbschein in Original-Ausfertigung vorzulegen oder diesbezüglich nach Erteilung des Erbscheins auf die Nachlassakte desselben AG Bezug zu nehmen.
Hiergegen hat der Beteiligte zu 1 mit Schreiben vom 28.1.2011 zunächst vorgebracht:
1. Die Vollmacht vom 2.7.2004 ermächtige ihn zwar nicht ausdrücklich dazu, den Besitz am Grundstück und die Verfügungsmacht darüber den Erben zu übertragen. Wohl aber sei dies bei einer nicht am Wortlaut haftenden, dem Sinn und Zweck der Vollmacht entsprechenden Auslegung der Fall. Jedenfalls könne er als Aussteller der Vollmacht im Wege ihrer authentischen Interpretation bestätigen, dass von ihr auch die Freigabe des Grundbesitzes an die Erben zu deren freier Verfügung umfasst gewesen sei und auch sein sollte.
Für die Berichtigung des Grundbuchs sei ein Erbschein nicht erforderlich. Die Rechtsprechung (namentlich KG v. 18.11.1937 = KG JW 1938, 122 = KGJ 48, 151) und die ihr folgende Literatur (z.B. Demharter, GBO, 27. Aufl., § 35 Rz. 4) beurteile den Umfang der Befugnisse des Testamentsvollstreckers unzutreffend. Das Verwaltungsrecht des Testamentsvollstreckers sei vielmehr umfassend. Wenn die Testamentsvollstrecker hier gem. § 2217 BGB in den Nachlass fallenden Grundbesitz an die Erben zur freien Verfügung geben, sei die Überlassung dem Grundbuchamt durch eine der Form des § 29 Abs. 1 Satz 1 GBO bedürftige Erklärung der Testamentsvollstrecker nachzuweisen. Dies sei ausreichend. Das Grundbuchamt dürfe nicht prüfen, ob die Überlassung mit den Pflichten des Testamentsvollstreckers in Einklang stehe. Das Recht, den Erben den Grundbesitz zur freien Verfügung zu überlassen, folge daraus, dass der Testamentsvollstrecker seine Befugnisse zu eigenem Recht habe. Es sei eine reine Beurteilungsfrage, ob die Testamentsvollstrecker pflichtgemäß handeln, wenn sie die Überlassung des Grundstücks an bestimmte Personen erklären, die sie als Erben bezeichnen und benennen. Das Grundbuchamt habe nicht zu ...