Verfahrensgang

LG München I (Entscheidung vom 14.03.2017)

 

Tenor

  • I.

    Die sofortigen Beschwerden der Angeklagten gegen die Beschlüsse des Landgerichts München I vom 14. März 2017 werden kostenfällig als unbegründet verworfen.

  • II.

    Dem Angeklagten H. M. M. wird auf seinen Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 17. November 2016 gewährt.

  • III.

    Auf die Revisionen der Angeklagten werden die Urteile des Landgerichts München I vom 17. November 2016 mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben.

  • IV.

    Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an eine andere Strafkammer des Landgerichts München I zurückverwiesen.

 

Gründe

I.

Durch Urteil vom 9. März 2015 hat das Amtsgericht München die Angeklagten jeweils wegen versuchten Betruges in Tatmehrheit mit Diebstahl verurteilt sowie gegen den Angeklagten H. H. M. eine Gesamtfreiheitsstrafe von 8 Monaten mit Bewährung und gegen den Angeklagten H. M. M. eine Gesamtgeldstrafe von 160 Tagessätzen zu je 10 € verhängt.

Die form- und fristgerecht eingelegten Berufungen der Angeklagten hat das Landgericht München I aufgrund der Hauptverhandlung vom 17. November 2016 ohne Verhandlung zur Sache kostenfällig verworfen. Zur Begründung wurde jeweils ausgeführt, die zum Hauptverhandlungstermin ordnungsgemäß geladenen und über die Folgen eines nicht bzw. nicht genügend entschuldigten Ausbleibens belehrten Angeklagten seien ohne genügende Entschuldigung ausgeblieben. Weiter führte das Landgericht u.a. aus, dass eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung und die übersandten Diagnoseschlüssel für den Nachweis der Verhandlungsunfähigkeit nicht ausreichen würden. Die Nachforderung von Unterlagen sei nicht in Betracht gekommen. Damit lägen die Voraussetzungen des § 329 Abs. 1 StPO für ein Verwerfungsurteil vor.

Die Wiedereinsetzungsanträge der Angeklagten in die versäumte Berufungshauptverhandlung vom 2. Dezember 2016 hat das Landgericht durch Beschlüsse vom 14. März 2017 als unbegründet verworfen. Der Wiedereinsetzungsantrag könne nicht auf Gründe gestützt werden, aus denen bereits die Berufung verworfen worden sei, auch neue Beweismittel seien dafür nicht zulässig. Auch die weiteren Atteste besagten im Übrigen nichts über die Verhandlungsunfähigkeit.

Gegen diese Entscheidungen richten sich die sofortigen Beschwerden der Angeklagten vom 30. März 2017 und ihre Revisionen vom 2. Dezember 2016. Der Angeklagte H. M. O. M. hat seine Revision durch Schriftsatz vom 5. April 2017 weiter begründet und Wiedereinsetzung bezüglich der versäumten Revisionsbegründungsfrist beantragt.

II.

1. Die gemäß § 329 Abs. 7, § 46 Abs. 3, § 311 StPO statthaften und zulässigen, insbesondere fristgemäß eingelegten sofortigen Beschwerden sind in der Sache unbegründet. Das Landgericht hat die Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu Recht als unbegründet verworfen, weil die Angeklagten nicht glaubhaft gemacht haben, ohne Verschulden am Erscheinen zur Hauptverhandlung am 17. November 2016 gehindert gewesen zu sein.

a) Nach § 329 Abs. 7 i. V. m. § 44 Satz 1, § 45 StPO kann ein Angeklagter Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beanspruchen, wenn er ohne eigenes Verschulden gehindert war, in der Berufungshauptverhandlung anwesend zu sein. Die Tatsachen zur Begründung dieses Antrages sind gemäß § 45 Abs. 2 Satz 1 StPO darzulegen und glaubhaft zu machen. Hierzu ist ein Sachverhalt vorzutragen, der ein der Wiedereinsetzung entgegenstehendes Verschulden des Angeklagten ausschließt. Erforderlich ist eine genaue Darstellung der Umstände, die für die Frage bedeutsam sind, wie es zu der Versäumung der Berufungshauptverhandlung gekommen ist. Der Antrag muss deshalb unter Angabe von Tatsachen so vollständig begründet sein, dass ihm die unverschuldete Verhinderung des Angeklagten ohne weiteres entnommen werden kann (OLG Hamm, Beschluss vom 28.4.2008, Gz: 2 Ws 116/08, zitiert über juris, Rdn. 5). Dies muss binnen der Wochenfrist gemäß §§ 329 Abs. 7, 45 Abs. 1 Satz 1 StPO geschehen. Nach Ablauf der Frist können diese Angaben allenfalls ergänzt oder verdeutlicht werden (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Aufl., § 45 Rdn. 5 m. w. N.). Ferner ist zu beachten, dass das Wiedereinsetzungsgesuch nicht auf Gründe gestützt werden kann, die bereits das Tatgericht seinem Verwerfungsurteil zugrunde gelegt hat; dies ist nur in Verbindung mit neuen Tatsachen zulässig (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt aaO § 329 Rdn. 42 m. w. N.).

b) Diesen Anforderungen genügten die Wiedereinsetzungsgesuche der Angeklagten selbst unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens nicht. Die Erkrankung (bakterielle Lebensvergiftung), auf die auch die Wiedereinsetzungsgesuche (mit zusätzlichen Attesten) gestützt sind, hat das Landgericht bereits in den Berufungsurteilen nicht als ausreichende Entschuldigung anerkannt. Lediglich weitere Atteste und ergänzendes Vorbringen sind keine neuen Tatsachen. Die Beschwerdeführe...

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