Entscheidungsstichwort (Thema)

RA-Gebühr für Einreichung einer Schutzschrift

 

Leitsatz (amtlich)

Für die Einreichung einer Schutzschrift mit Sachvortrag bei Gericht ist, wenn ein entsprechender Verfügungsantrag dort eingeht, auch im Falle der vorzeitigen Beendigung des Auftrags grundsätzlich eine 1,3 Verfahrensgebühr gem. der Nr. 3100 RVG-VV und nicht nur eine 0,8 Verfahrensgebühr gem. der Nr. 3101 RVG-VV zu erstatten.

Etwas anderes gilt nur dann, wenn sich die Einreichung der Schutzschrift als sonstige Einzeltätigkeit nach der Nr. 3403 RVG-VV darstellt.

 

Verfahrensgang

LG Augsburg (Beschluss vom 20.06.2007; Aktenzeichen 2 HK O 3948/06)

 

Tenor

I. Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Wert der Beschwerde beträgt 1.114,10 EUR.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 10.8.2006 den Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragt, mit der der Antragsgegnerin verboten werden sollte, die ihr vorliegende Urkalkulation der Antragstellerin außer zum Zwecke der Überprüfung von konkreten Nachtragsforderungen zu öffnen und die Urkalkulation zu vervielfältigen. Die Antragsgegnerin hatte mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 2.8.2006 beim LG Augsburg eine Schutzschrift eingereicht, mit der sie beantragt hatte, einen eventuellen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen, hilfsweise über einen solchen Antrag nur nach vorheriger mündlicher Verhandlung zu entscheiden. Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 17.8.2006 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung für erledigt erklärt. Die Antragsgegnerin hat sich der Erledigungserklärung nicht angeschlossen. Die Antragstellerin hat daraufhin die Feststellung beantragt, dass sich der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt habe. Das LG Augsburg hat mit Beschluss vom 19.12.2006 den genannten Feststellungsantrag abgewiesen und der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens auferlegt. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Antragstellerin hat das OLG München - Zivilsenate in Augsburg - mit Beschluss vom 16.1.2007 zurückgewiesen.

Der Rechtspfleger hat mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 20.6.2007 zugunsten der Antragsgegnerin (Beklagten) eine 1,3 Verfahrensgebühr gem. der Nr. 3100 RVG-VV aus einem Streitwert von 50.000 EUR zzgl. der Post- und Telekommunikationspauschale im Gesamtbetrag von 1.379,80 EUR festgesetzt. Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer sofortigen Beschwerde. Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, es fehle der erforderliche enge Zusammenhang zwischen Schutzschrift und Eilantrag. Wenn man auf die Begründung der Schutzschrift vom 2.8.2006 abstelle, handle es sich bei Schutzschrift und Eilantrag um zwei verschiedene Streitgegenstände. Die Kosten für die Einreichung der Schutzschrift seien somit nicht erstattungsfähig. Die Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten der Antragsgegnerin habe somit erst nach der Erledigterklärung durch die Antragstellerin begonnen und es sei auf den vom LG Augsburg mit Beschluss vom 22.12.2006 festgesetzten Streitwert von 2.727,80 EUR abzustellen. Somit sei einschließlich der Auslagenpauschale eine Gebühr i.H.v. 265,70 EUR festsetzbar. Selbst wenn man von einer korrespondierenden Schutzschrift ausgehe, wäre für die Tätigkeit der Antragsgegnervertreter nur eine 0,8 Verfahrensgebühr festzusetzen gewesen.

II. Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§§ 104 Abs. 3, 567, 569 ZPO). Das Rechtsmittel erweist sich jedoch als unbegründet.

1. Der Rechtspfleger hat zutreffend darauf hingewiesen, dass eine vollständige Identität zwischen dem Gegenstand der Schutzschrift und dem des Eilantrags nicht bestehen muss, da der Verfasser der Schutzschrift den Inhalt des genauen Antrags für die zu erwartende einstweilige Verfügung noch nicht kennen kann (Gerold/Schmidt/Müller/Rabe, RVG, Anhang II, Teil D, Rz. 132). Der erforderliche Zusammenhang zwischen Schutzschrift und Eilantrag ist im vorliegenden Fall zweifelsfrei gegeben.

Bei der gesetzlich nicht geregelten Schutzschrift handelt es sich um ein vorbeugendes Verteidigungsmittel gegen einen erwarteten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung. Der Antragsgegner will sich damit vor dem Erlass einer gerichtlichen Entscheidung rechtliches Gehör verschaffen, um mindestens zu erreichen, dass das Gericht nicht ohne mündliche Verhandlung gegen ihn entscheidet und darüber hinaus bei einer Entscheidung über den Antrag seine Ausführungen in der Schutzschrift berücksichtigt (Reichold in Thomas/Putzo, ZPO, 28. Aufl., § 936 Rz. 9; KG WRP 1999, 547 = KGReport Berlin 1999, 353) Ein konkreter Antrag, der noch dazu mit den späteren Verfahrensanträgen der Antragstellerin übereinstimmt, ist entgegen deren Auffassung nicht erforderlich. Maßgeblich ist, dass die Antragsgegnerin in der Begründung ihrer Schutzschrift vom 2.8.2006 bereits darauf abstellt, dass ihr mit dem zu erwartenden Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung untersagt werden sollte, die Urkalkulation...

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