Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 08.08.2016; Aktenzeichen 29 O 9392/16) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des LG München I vom 8.8.2016, Az. 29 O 9392/16, mitsamt des Nichtabhilfebeschlusses vom 15.09.2016 aufgehoben.
2. Das Ablehnungsgesuch des Klägers gegen Richter ... wird für begründet erklärt.
Gründe
I. Mit seiner zum LG München I erhobenen Vollstreckungsgegenklage vom 3.06.2016 wendet sich der Kläger und Beschwerdeführer gegen die Zwangsvollstreckung des Beklagten aus einem Vorbehaltsurteil. Gleichzeitig beantragt der Kläger auch die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus diesem Urteil gemäß § 769 ZPO.
Mit weiterem Antrag im Schriftsatz vom 15.06. 2016 legte der Kläger Klauselerinnerung gemäß § 732 ZPO ein und stellte Antrag auf vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus der vollstreckbaren Ausfertigung.
Mit Verfügung vom 16.06.2016 wies das Erstgericht auf Unklarheiten im Vortrag der Klagepartei hinsichtlich einer entscheidungserheblichen Datumsangabe hin und setzte eine Frist zur Stellungnahme von einer Woche.
Mit Schriftsatz vom 29.06.2016 beantragte die Klagepartei eine Verlängerung der Stellungnahmefrist bis 6.07.2016. Diese wurde mit Verfügung der Vorsitzenden vom selben Tage antragsgemäß bewilligt.
Am 5.07.2016 beschloß die 29. Zivilkammer, den Rechtsstreit gemäß § 348a ZPO zur Entscheidung auf den Einzelrichter zu übertragen und bestimmte Richter ... als zuständigen Einzelrichter.
Mit Beschluss noch am selben Tage wies Richter ... die beiden Anträge auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung zurück.
Im Schriftsatz vom 6.07.2016, eingegangen bei Gericht am selben Tage, nahm die Klagepartei zu dem erteilten Hinweis vom 16.06.2016 Stellung.
Mit weiterem Schriftsatz vom 13.07.2016 lehnte die Klagepartei Richter ... wegen der Besorgnis der Befangenheit ab.
In seiner dienstlichen Stellungnahme vom 18.07.2016 gab Richter ... an, er habe nicht mehr mit einem weiteren Schriftsatz gerechnet und eine rasche Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutz sei ihm angezeigt erschienen.
Mit Beschluss vom 8.08.2016 wies die 29. Zivilkammer des LG München I das Ablehnungsgesuch der Klagepartei als unbegründet zurück.
Hiergegen wendet sich die Klagepartei mit ihrer sofortigen Beschwerde vom 2.09.2016. Die 29. Zivilkammer half der sofortigen Beschwerde nicht ab und legte sie dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vor.
II. Die gemäß §§ 46 II, 567 I ZPO statthafte und zulässige sofortige Beschwerde erweist sich als begründet.
1. Nach § 42 Absatz 2 ZPO findet die Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu begründen. Nach gesichertem Erkenntnisstand in der Rechtsprechung und Rechtslehre ist nicht erforderlich, dass der Richter tatsächlich befangen ist, wie es auch unerheblich ist, ob er sich für befangen hält oder nicht. Es kommen vielmehr als Gründe, die geeignet sind, Misstrauen gegen die Parteilichkeit des Richters zu rechtfertigen, nur solche in Betracht, die vom Standpunkt des Ablehnenden aus bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtungen wecken können, der Richter stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber (vgl. BVerfG, NJW 1993, NJW Jahr 1993 Seite 2230).
2. Zu Recht weist der Beschwerdeführer auf einen Verfahrensmangel hin. Der abgelehnte Richter ... erließ eine Entscheidung gegen den Antragsteller, ohne die diesem eingeräumte Frist zur Stellungnahme abzuwarten. Darin liegt eine Verletzung des Grundsatzes auf rechtliches Gehör. Art. 103 Abs. 1 GG sichert den Parteien ein Recht auf Äußerung, Berücksichtigung und Information in dem Verfahren. Das Recht auf Äußerung ist bereits dann verletzt, wenn das Gericht entscheidet, ohne eine von ihm selbst gesetzte Äußerungsfrist abzuwarten (BVerfG NVwZ 2003, 859).
3. Eine rechtlich, insbesondere verfahrensrechtlich fehlerhafte Sachbehandlung durch den Richter rechtfertigt aber ebenso wie sonstige Rechtsfehler grundsätzlich die Besorgnis der Befangenheit noch nicht.
Denn die Richterablehnung dient nicht der Fehlerkontrolle und ist deshalb kein Rechtsbehelf gegen unrichtige oder für unrichtig gehaltene Rechtsauffassungen eines Richters. Um solche Rechtsauffassungen überprüfen zu lassen, müssen sich die Betroffenen vielmehr der dafür vorgesehenen Rechtsbehelfe bedienen (vgl. BFH, B.v. 16.4.1993 - I B 155/92 - juris Rn. 16; BGH, B.v. 14.5.2002 - XI ZR 388/01 - juris Rn. 7; BayVGH, B.v. 3.11.2014 - 22 CS 14.2157 - juris Rn. 16). Die Besorgnis der Befangenheit rechtfertigen Rechts- und Verfahrensfehler daher lediglich ausnahmsweise dann, wenn Gründe dargelegt werden, die dafür sprechen, dass die mögliche Fehlerhaftigkeit auf einer unsachlichen Einstellung des Richters gegenüber dem betroffenen Beteiligten oder auf Willkür beruht (vgl. BFH, B.v. 16.4.1993 - I B 155/92 - juris Rn. 16; B.v. 15.9.2000 - IV B 59/00 - juris Rn. 19). Die Fehlerhaftigkeit muss ohne weiteres feststellbar un...