Leitsatz (amtlich)
1. Zum wesentlichen Vertragsinhalt, der nach § 124 Abs. 2 S. 2 AktG in der Tagesordnung für die Hauptversammlung bekannt zu machen ist, gehören bei einem Kauf und teilweisen Rückverkauf die Angabe sowohl des Kauf- als auch des Rückverkaufspreises.
2. Die Ermächtigung zum Erwerb eigener Aktien ist anfechtbar, wenn keinerlei Aussicht darauf besteht, die bei Ausübung der Ermächtigung vorgeschriebene Rücklage zu bilden.
Normenkette
AktG § 52 a.F., § 71 Abs. 1 Nr. 8 und Abs. 2 S. 2, § 124 Abs. 2 S. 2 und Abs. 3; HGB § 272 Abs. 4
Verfahrensgang
LG München I (Aktenzeichen 5 HKO 1279/00) |
Tenor
I. Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen Ziff. I. des Beschlusses des LG München I vom 3.1.2001 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Wert der Beschwerde beträgt 7.300 EUR.
Gründe
I. Der Kläger ist Aktionär der Beklagten und focht die auf der außerordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 20.12.1999 gefassten Beschlüsse zu den Tagesordnungspunkten 1) und 2) an, hilfsweise begehrte er die Feststellung von deren Nichtigkeit. Die Parteien haben diesen Rechtsstreit vor dem LG München I übereinstimmend für erledigt erklärt, nachdem der zu Tagesordnungspunkt 1) genehmigte Kaufvertrag (Nachgründungsvertrag) über den Erwerb sämtlicher Aktien der B. AG, W., Schweiz, vom 18.9.1999 nebst Zusatzvereinbarung von den Kaufvertragsparteien am 29.8.2000 bestätigt worden war und die Beklagte erklärt hatte, von der im Rahmen des Tagesordnungspunktes 2) erteilten Ermächtigung zum Erwerb eigener Aktien bis zum 19.6.2001 und bis zu 10 % des Grundkapitals nur dann Gebrauch zu machen, wenn die aktien- und bilanzrechtlichen Vorschriften dies erlaubten. Das LG München I hat daraufhin mit Beschluss vom 3.1.2001 erstens gem. § 91a ZPO die Kosten des Rechtsstreits der Beklagten auferlegt, da diese voraussichtlich unterlegen wäre, und zweitens den Streitwert auf 125.000 DM festgesetzt. Entgegen § 124 Abs. 2 S. 2 AktG sei der wesentliche Inhalt des zu Tagesordnungspunkt 1) genehmigten Kaufvertrages nicht ordnungsgemäß bekannt gemacht worden. In der Bekanntmachung im Bundesanzeiger habe jeglicher Hinweis auf eine am selben Tag von der Beklagten geschlossene Zusatzvereinbarung gefehlt, mit der die zum Betrieb der B. AG gehörende Buchhandlung an deren Aktionäre zurückverkauft worden sei. Den Aktionären der Beklagten sei mithin der Umfang des für den Kaufpreis erworbenen Kaufobjektes, nämlich nur des Online-Vertriebs von Büchern, und damit auch der Inhalt des Kaufvertrages unrichtig mitgeteilt worden. Die im Rahmen des Tagesordnungpunktes 2) erteilte Ermächtigung zum Erwerb eigener Aktien sei anfechtbar gewesen, da die Beklagte entgegen einer dem Kläger in der Hauptversammlung erteilten Auskunft bei dem im laufenden Geschäftsjahr aufgelaufenen Verlust von mehr als 7.000.000 DM nicht die gem. § 272 Abs. 4 HGB erforderliche Rücklage bis zum Ablauf der Ermächtigung habe bilden können.
Mit ihrer sofortigen Beschwerde vom 23.1.2001 gegen den ihr am 10.1.2001 zugestellten Beschluss strebt die Beklagte eine Überbürdung der Kosten auf den Kläger an. Sie führt aus, im Bundesanzeiger sehr wohl auf die Zusatzvereinbarung hingewiesen zu haben. Der Ermächtigungsbeschluss sei, selbst wenn unterstellt betriebswirtschaftlich sinnlos, jedenfalls formal rechtmäßig gewesen. Anhaltspunkte dafür, dass sich der Vorstand der Beklagten über das Erfordernis der Rücklagenbildung hinwegsetzen werde, hätten nicht bestanden.
II. Die nach § 91a Abs. 2, § 567 Abs. 1 und § 577 ZPO zulässige Beschwerde der Beklagten ist nicht begründet. Das LG hat der Beklagten zu Recht die Kosten des Verfahrens auferlegt. Ohne übereinstimmende Erledigterklärung hätten die vom Kläger angefochtenen Beschlüsse der außerordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 20.12.1999 für nichtig erklärt werden müssen. Der Beschluss zu Tagesordnungspunkt 1) hat wegen dessen nicht ordnungsgemäßer Bekanntmachung nach § 124 Abs. 4 S. 1 AktG und der Beschluss unter Tagesordnungspunkt 2) wegen Fehlens jedweder sachlichen Grundlage nicht gefasst werden dürfen. Beide waren daher wegen Verletzung des Gesetzes nach § 243 Abs. 1 AktG anfechtbar.
1. Bei Bekanntmachung des Tagesordnungspunktes 1) sind die Vorschriften des § 124 Abs. 2 S. 2 und Abs. 3 AktG nicht eingehalten worden.
a) Soll die Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft über einen Vertrag beschließen, so ist nach § 124 Abs. 2 S. 2 AktG der wesentliche Inhalt dieses Vertrages bekannt zu machen. Das ist hier nicht geschehen.
Zwar ist entgegen der Darstellung des LG die Zusatzvereinbarung über den Verkauf sämtlicher Aktiven und Passiven der stationären Buchhandlung der B. AG in der im Bundesanzeiger veröffentlichten Einberufung der außerordentlichen Hauptversammlung vom 20.12.1999 ausdrücklich genannt worden, doch ermangelt es dem dort mitgeteilten Inhalt des Erwerbs sämtlicher Aktien der B. AG samt Zusatzvereinbarung an der Angabe des tatsächlichen Entgelts für den Erwerb des bei der Beklagten ve...