Leitsatz (amtlich)
Der Insolvenzverwalter des übergeleiteten Nachlassinsolvenzverfahrens ist nicht berechtigt, einen Antrag auf Nachlassverwaltung hinsichtlich des zu Lebzeiten des Schuldners insolvenzfreien Vermögens zu stellen.
Normenkette
BGB § 1981; InsO § 80
Verfahrensgang
AG München (Beschluss vom 10.12.2013; Aktenzeichen 63 VI 10401/13) |
Tenor
I. Die Beschwerde des Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des AG München - Nachlassgericht - vom 10.12.2013 wird zurückgewiesen.
II. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Erblasser, ein selbständiger xxx, ist im Juli 2013 verstorben. Alleinerbe ist sein minderjähriger Sohn (Beteiligter zu 2). Der Erblasser hat Testamentsvollstreckung angeordnet bis zu dessen 23. Lebensjahr; Testamentsvollstrecker ist der Beteiligte zu 3. Über das Vermögen des Erblassers war zu dessen Lebzeiten das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beteiligte zu 1 zum Insolvenzverwalter bestellt worden. Das Insolvenzverfahren ist als Nachlassinsolvenzverfahren fortgesetzt und der Beteiligte zu 1 in dem fortgesetzten Nachlassinsolvenzverfahren zum Insolvenzverwalter ernannt worden. Er hat mit Schriftsatz vom 2.7.2013 die Anordnung der Nachlassverwaltung beantragt mit der Begründung, aufgrund der Überleitung des Insolvenzverfahrens in das Nachlassinsolvenzverfahren befänden sich in der Masse unbekannte Aktiva und Passiva aus dem Vermögenskreis des Erblassers, die vor Überleitung des Insolvenzverfahrens in das Nachlassinsolvenzverfahren nicht Massebestandteil gewesen seien. Umfang und Höhe seien nicht bekannt. Er müsse als Nachlassinsolvenzverwalter die Masse vor unbekannten Verbindlichkeiten schützen. Die unbekannten Aktiva und Passiva seien zu separieren und insoweit Nachlassverwaltung anzuordnen.
Das Nachlassgericht hat den Antrag mit Beschluss vom 10.12.2013 zurückgewiesen mit der Begründung, nach Anordnung eines Nachlassinsolvenzverfahrens könne keine Nachlassverwaltung stattfinden, wie sich im Umkehrschluss aus § 1988 BGB ergebe. Soweit sich Aktiva bzw. Passiva im Nachlass befänden, die nicht Massebestandteil des Insolvenzverfahrens gewesen seien, könne der Testamentsvollstrecker über diese Vermögenswerte verfügen.
Mit der Beschwerde trägt der Insolvenzverwalter vor, die Sache habe grundsätzliche Bedeutung, weil es bislang keine Entscheidung dazu gebe, wie der Insolvenzverwalter über den Nachlass seine von ihm verwaltete Nachlassmasse von Verbindlichkeiten des bisher insolvenzfreien Vermögens des Erblassers freihalten könne. Hierfür sei die Nachlassverwaltung das einzige sachlich passende Mittel. Es sei weitgehend unbestritten, dass ein Verbraucher- oder Regelinsolvenzverfahren über das Vermögen eines lebenden Schuldners in ein Nachlassinsolvenzverfahren zu überführen sei, wenn der Schuldner während des eröffneten Insolvenzverfahrens sterbe. Vom Grundsatz her gehe damit die gesamte Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das zum Erblasservermögen gehörende Gut gem. § 80 InsO auf den Insolvenzverwalter über. Problematisch an der Überführung sei, dass damit zwei vollkommen unterschiedliche Vermögensmassen miteinander vermischt würden. Es sei anerkannt, dass mit der Freigabe eines Vermögensteils aus der Insolvenzmasse ein in sich abgeschlossenes insolvenzfreies Vermögen entstehe, in dem Neuverbindlichkeiten begründet werden könnten, für die ausschließlich das insolvenzfreie Vermögen als Haftungssubstrat diene. Über das insolvenzfreie Vermögen könne deshalb auch ein isoliertes Insolvenzverfahren eröffnet werden. Für das Nachlassinsolvenzverfahren sei weitgehend anerkannt, dass der Insolvenzverwalter über das Vermögen eines lebenden Schuldners, der eine Erbschaft mache, das Insolvenzverfahren über diesen ererbten Nachlass beantragen könne, um das Zusammenfallen der ererbten Vermögensmasse mit dem von ihm verwalteten Insolvenzmassebestand zu verhindern. Auf diese Weise könne er verhindern, dass die Gläubiger, denen die Erbschaft als Haftungssubstrat zugewiesen sei, mit den Gläubigern, denen das von ihm bisher verwaltete Vermögen haftungsrechtlich zugeordnet sei, vermischt würden.
Unklar sei, wie in den Fällen des übergeleiteten Nachlassinsolvenzverfahrens die haftungsrechtliche Separation stattzufinden habe. Es dürfe nicht dazu kommen, dass die Neugläubiger des bisher insolvenzfreien Vermögens nunmehr in dem Insolvenzverfahren über das bisher vom Insolvenzbeschlag umfasste Vermögen aufgingen. Der Insolvenzverwalter könne das bisher insolvenzfreie Vermögen nicht einfach zu seiner Insolvenzmasse ziehen und die Gläubiger dieses Vermögens in sein Verfahren integrieren. Insolvenzgläubiger könnten diese Gläubiger nicht gewesen sein, denn sie seien zum Zeitpunkt der Eröffnung "seines" Verfahrens noch nicht Gläubiger des Schuldnervermögens gewesen. Wenn er den Vermögensanfall des insolvenzfreien Vermögens in seiner Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis dulde, müsse man darin ein Verwaltungshandeln i.S.d. § 55 Abs. 1 InsO sehen mit der Folge, dass die Gläubige...