Leitsatz (amtlich)

Aus dem gesetzlichen Schuldverhältnis der Bruchteilsgemeinschaft erwächst dem einzelnen Wohnungseigentümer in der Regel nicht die Verpflichtung, sich bereits im Vorfeld einer Wohnungseigentümerversammlung zu seinem Kommen und/oder zu seinem Abstimmungsverhalten zu äußern.

 

Normenkette

WEG § 10 Abs. 1 S. 2; BGB §§ 280, § 741 ff., §§ 742, § 1008 ff., § 1009

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 05.04.2005; Aktenzeichen 14 T 11418/04)

AG Nürnberg (Aktenzeichen 1 UR II 284/04)

 

Tenor

I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des LG Nürnberg-Fürth vom 5.4.2005 wird zurückgewiesen.

II. Die Antragsteller haben als Gesamtschuldner die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 2.195 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungs- und Teileigentümer einer Wohnanlage, in der den Antragsgegnern Tiefgaragenstellplätze gehören. Mit Schreiben der damaligen Verwalterin vom 1.6.2001 wurden sämtliche Eigentümer zu einer ordentlichen Eigentümerversammlung am 5.7.2001 eingeladen. In dem Einladungsschreiben war unter Tagesordnungspunkt (TOP) 3 eine "Änderung des Verteilerschlüssels" und unter TOP 4 eine "Änderung der Gemeinschaftsordnung durch Mehrheitsbeschluss - Einfügung einer Öffnungsklausel" angekündigt. Der Einladung beigefügt war ein Informationsschreiben bezüglich der Änderung der Rechtsprechung zur Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer durch Entscheidung des BGH vom 20.9.2000 (BGH v. 20.9.2000 - V ZB 58/99, MDR 2000, 1367 m. Anm. Riecke). In diesem Schreiben wurde auf die hieraus folgende Notwendigkeit der Änderung der Gemeinschaftsordnung hingewiesen:

"Die Verwaltung wird aufgrund des Urteils des BGH, nach Rücksprache mit den Beiratsmitgliedern, die Abrechnung 2000 streng nach den Vorgaben der Teilungserklärung durchführen. Hieraus ergeben sich folglich in der Abrechnung Änderungen bei der Verteilung der Kosten.

Sollten die Eigentümer mit dieser Verteilung der Kosten (s. Abrechnung 2000) gem. Teilungserklärung für die Zukunft nicht einverstanden sein, schlägt die Verwaltung vor, durch eine Änderung der Teilungserklärung die Vorgaben der Gemeinschaftsordnung (Teilungserklärung) zur Kostenverteilung nachträglich durch Vereinbarung zu ändern.

Eine Änderung der Gemeinschaftsordnung muss jedoch per Vereinbarung allstimmig erfolgen. Dies bedeutet, dass wirklich alle Eigentümer einer Änderung zustimmen. Wichtig in diesem Zusammenhang ist auch, dass eine Änderung der Gemeinschaftsordnung für einen Rechtsnachfolger ... Gültigkeit besitzt. Aus diesem Grunde muss eine Vereinbarung, versehen mit den Unterschriften der Eigentümer, zusätzlich von einem Notar beglaubigt werden.

Um Kosten und Mühen zu sparen, hat die Verwaltung veranlasst, dass zur Eigentümerversammlung ein Notar anwesend sein wird.

Sollten Sie jedoch der vorstehend erwähnten Änderung der Teilungserklärung und damit einer Änderung von Verteilerschlüsseln sowie der Verteilung von Kosten nicht zustimmen wollen, bitten wir Sie, dies der Verwaltung rechtzeitig vor der Eigentümerversammlung mitzuteilen, da sich dann die Anwesenheit eines Notars erübrigen würde.

Sollten Sie sich an der Versammlung vertreten lassen, bitten wir Sie, gleichzeitig mit der Vollmacht ihren Zustimmungswillen zur Änderung der Teilungserklärung schriftlich mitzuteilen. Dies ist für die Gültigkeit der Vereinbarung notwendig."

Für den Fall des Nichterscheinens bzw. der Nichterteilung einer Stimmrechtsvollmacht enthielt die Einladung folgenden Hinweis:

"Bedenken Sie bitte, dass im Falle Ihres Nichterscheinens bzw. nicht erteilter Stimmrechtsvollmacht die Beschlussfähigkeit der Versammlung in Frage gestellt sein könnte. Die Folge hiervon wäre, dass eine neuerliche Ladung für eine Versammlung zwingend notwendig würde, in der dann wirksame Beschlüsse ggf. von einer Eigentümer-Minderheit gefasst werden können. Ein neuer Versammlungstermin würde u.U. auch zu finanziellen Mehrbelastungen aller Eigentümer führen und notwendige Beschlussfassungen zeitlich verzögern."

Die Antragsgegner gaben nach Erhalt der Schreiben keinerlei Stellungnahme ab, erschienen nicht zu der Eigentümerversammlung und ließen sich auch nicht vertreten.

Nach längerer Diskussion über die beabsichtigte Änderung des Verteilerschlüssels stimmten bei der Eigentümerversammlung vom 5.7.2001 die 13 persönlich anwesenden sowie die 20 vertretenen Eigentümer unter TOP 3 der Änderung einstimmig zu. Nach der Beschlussfassung wurden die Unterschriften der anwesenden Wohnungseigentümer von dem hierzu zu der Versammlung eingeladenen Notar beglaubigt. Die Antragsgegner stimmten der Änderung des Verteilerschlüssels, im Gegensatz zu den übrigen bei der Versammlung vom 5.7.2001 nicht anwesenden Eigentümern, auch nachträglich nicht zu. Eine wirksame Abänderung der bestehenden Gemeinschaftsordnung kam daher nicht zustande.

Für die Beglaubigung der Unterschriften der...

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