Leitsatz (amtlich)

Bei der Erbenhaftung für Betreuervergütung kann eine den Erben treffende grundbuchmäßig gesicherte Verpflichtung zur Übertragung eines Grundstücksanteils, welche der verstorbene Betroffene lange Zeit vor Errichtung der Betreuung eingegangen ist, eine abzugsfähige Nachlassverbindlichkeit sein.

 

Normenkette

BGB § 1836e Abs. 1 S. 3, § 1967 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Deggendorf (Beschluss vom 23.03.2005; Aktenzeichen 1 T 34/05, 1 T 35/05)

AG Viechtach (Beschluss vom 14.02.2005; Aktenzeichen XVII 240/99)

 

Tenor

Die sofortigen weiteren Beschwerden gegen die Entscheidung des LG Deggendorf vom 23.3.2005 werden zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Für den am 29.7.2004 verstorbenen Betroffenen war mit Beschl. v. 14.2.2000 eine Vereinsbetreuerin bestellt worden. Für den Betreuungszeitraum 1.4.2000 bis 30.6.2004 wurden aus der Staatskasse Vergütungen i.H.v. 6.903,93 EUR sowie Auslagen i.H.v. 602,56 EUR bezahlt. Mit Beschluss vom 14.2.2005 setzte das AG gegen die Erben des Betroffenen einen Rückerstattungsanspruch von (6.903,93 EUR + 602,56 EUR =) 7.506,49 EUR fest. Ebenfalls mit Beschl. v. 14.2.2005 setzte das AG für die Zeit vom 1.7.2004 bis 29.7.2004 gegen die Erben einen Vergütungsanspruch des Betreuungsvereins i.H.v. 315,12 EUR fest.

Auf die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1, vertreten durch ihre Betreuerin, hob das LG am 23.3.2005 die Beschlüsse des VormG vom 14.2.2005 auf und ließ gegen seine Entscheidung die sofortige weitere Beschwerde zu. Mit seinen sofortigen weiteren Beschwerden vom 31.3.2005 verfolgt der Beteiligte zu 2 das Ziel, die landgerichtlichen Entscheidungen aufzuheben und die Beschlüsse des VormG wieder herzustellen.

II. Die gem. § 56g Abs. 5 S. 2, § 69e Abs. 1 S. 1 FGG statthaften und auch im Übrigen zulässigen Rechtsmittel sind nicht begründet.

1. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidungen folgendes ausgeführt: Die Erben des Betreuten hafteten gem. § 1908i Abs. 1 S. 1, § 1836e Abs. 1 S. 3 Halbs. 1 BGB nur mit dem Wert des im Zeitpunkt des Erbfalls vorhandenen Nachlasses. Der Wert des Nachlasses bestehe in dem vom Erblasser hinterlassenen Aktivvermögen abzgl. der Nachlassverbindlichkeiten. Zu den Nachlassverbindlichkeiten gehörten gem. § 1967 Abs. 2 BGB insb. die vom Erblasser herrührenden Schulden. Zu den Nachlassverbindlichkeiten gehörten auch solche, deren Rechtsgrund bereits im Zeitpunkt des Erbfalls bestand, jedenfalls soweit sie in ihrer Zwangsläufigkeit für die Erben nach Sinn und Zweck des § 1836e Abs. 1 S. 3 BGB Vorrang vor dem Rückgriffsanspruch der Staatskasse beanspruchen könnten.

Der verstorbene Betreute habe sich in dem Erbauseinandersetzungsvertrag vom 26.11.1981 verpflichtet, einen Anteil von 1/3 am Grundstück an die Miterbin und jetzige Beteiligte zu 1 zu übereignen. Ferner enthalte der Vertrag eine Verpflichtung zur Übertragung je eines 1/3-Miteigentumsanteils des Grundbesitzes an die Nichten und den Neffen des Erblassers für den Fall, dass der Betreute ohne Hinterlassung von eigenen ehelichen Abkömmlingen sterbe und ohne vorher die Verpflichtungen aus dem Vertrag aufgehoben zu haben. Die genannten Verpflichtungen seien als Nachlassverbindlichkeiten zu werten. Es handle sich entgegen der Auffassung des AG nicht um vermächtnisähnliche Ansprüche. Der Vertrag vom 26.11.1981 regele die Erbauseinandersetzung nach dem Tod der Mutter des Betreuten, der Beteiligten zu 1) und eines vorverstorbenen Bruders. Letztwillige Verfügungen des verstorbenen Betreuten seien in dem Vertrag nicht enthalten, er habe weder die entsprechende Verfügungsgewalt gehabt, noch lasse sich dem 24 Jahre alten Vertrag ein entsprechender Wille entnehmen. Die Erben könnten sich den bereits zum Zeitpunkt des Erbfalls angelegten Übertragungsverpflichtungen nicht entziehen. Der mit den Übertragungsansprüchen belastete Nachlass des Betreuten sei nicht verwertbar, da sich im Hinblick auf die durch Grundbuchvormerkung gesicherten Überlassungsansprüche der Nichten und des Neffen weder ein Käufer finden lasse noch das Grundstück zur Darlehenssicherung herangezogen werden könne. Die Verpflichtung zur Übereignung des Grundvermögens an die Nichten und den Neffen sei auch nicht sittenwidrig. Zweck der Regelung sei es, das Hausgrundstück in der Familie des Betreuten zu belassen, soweit dieser selbst keine ehelichen Abkömmlinge habe. Hingegen spreche nichts dafür, dass mit der Regelung das Vermögen des späteren Betreuten dem Zugriff der öffentlichen Haushalte habe entzogen werden sollen. Der wirtschaftliche Wert der Übertragungsverpflichtung entspreche dem Grundstückswert selbst. Nach Abzug der Übertragungsverpflichtung verbleibe als Aktivnachlass nur ein geringes Barvermögen, das nicht einmal zur Deckung der vorrangigen Beerdigungskosten ausreiche. Mangels Aktivnachlasses hätten die Erben daher nach § 1836e Abs. 1 S. 3 BGB nicht auf Rückerstattung in Anspruch genommen werden dürfen. Außerdem habe die ausstehende Vergütung der Berufsbetreuerin nicht gegen die Erben festgesetzt werden dürfen. Anhaltspunkt...

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