Leitsatz (amtlich)
§ 48 Abs. 3 VersAusglG verstößt nicht gegen das Rückwirkungsverbot.
Normenkette
VersAusglG § 48 Abs. 3
Verfahrensgang
AG Laufen (Beschluss vom 28.06.2011; Aktenzeichen 001 F 534/05) |
Tenor
1. Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Endbeschluss des AG Laufen vom 28.6.2011 wird zurückgewiesen.
2. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 10.665 EUR festgesetzt.
3. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Das AG Laufen hat die Ehe der Beteiligten mit Endbeschluss vom 28.6.2011 geschieden und den Versorgungsausgleich nach neuem Recht durchgeführt, indem es die Anrechte der Beteiligten in der gesetzlichen Rentenversicherung, sowie die Anrechte des Antragsgegners aus betrieblichen Altersversorgungen im Wege der internen Teilung ausgeglichen hat.
Der Antragsgegner wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die Anwendung des ab dem 1.9.2009 geltenden Rechts. Erträgt vor, das Scheidungsverfahren sei bereits 2005 eingeleitet worden; die Stichtagsregelung in § 48 Abs. 3 VersAusgIG sei nicht mit dem Grundgesetz vereinbar. Nach altem Recht wären die von ihm erworbenen Anrechte aus der bertieblichen Altersversorgung in den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich verwiesen worden. Durch die interne Teilung sei ihm ein erheblicher Nachteil entstanden.
Der Antragsgegner beantragt daher, das Verfahren auszusetzen und eine Entscheidung des BVerfG darüber einzuholen, ob § 48 Abs. 3 VersAusgIG insoweit mit dem Grundgesetz vereinbar ist, als für Verfahren über den Versorgungsausgleich, die vor dem 1.9.2009 eingeleitet, aber zum 31.8.2010 noch nicht im 1. Rechtszug verbeschieden worden sind, das ab dem 1.9.2009 geltende, materielle Recht und Verfahrensrecht anzuwenden ist.
Die Antragstellerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
II. Die Beschwerde ist gem. §§ 58 ff, 218 ff FamFG zulässig, in der Sache aber unbegründet.
Der Senat hält § 48 III VersAusgIG nicht für verfassungswidrig und hat daher das Verfahren auch nicht gem. Art. 100 I 1 GG auszusetzen.
Ziel des gesetzlichen Versorgungsausgleichs ist es, den Grundgedanken der auf Lebenszeit angelegten Ehe als Versorgungsgemeinschaft umzusetzen, in der beide Eheleute einen verfassungsrechtlichen Anspruch auf gleiche Teilhabe an der in der Ehe erworbenen Versorgung haben (BVerfG FamRZ 2003, 1173).
Dieser Grundgedanke wurde durch das bis zum 1.9.2009 geltende Recht nicht ausreichend umgesetzt. Insbesondere die unzureichende Umrechnung von Betriebsrenten und die teilweise Verweisung auf den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich stellten einen gravierenden Mangel dar (Palandt/Brudermüller, BGB, 70. Aufl., Einleitung zum VersAusgIG, Rz. 3). Mit der Strukturreform des Versorgungsausgleichs sollten diese Mängel behoben und die gerechtere Teilhabe vor allem an Anrechten aus der betrieblichen Altersversorgung und der privaten Vorsorge gewährleistet werden.
1. Nach der Vorschrift des § 48 Abs. 3 VersAusgIG ist das neue Recht nach einer Übergangszeit auch auf Anrechte anwendbar, die vor der Gesetzesreform erworben wurden. Hierin liegt jedoch kein Verstoß gegen das in Art. 20 Abs. 1, 3 GG normierte Rückwirkungsverbot.
Es kann dahin gestellt bleiben, ob die Gesetzesänderung überhaupt rückwirkend in Rechtspositionen eingreift, nachdem auch bis zur Strukturreform bereits das aus Art. 6 Abs. 1 GG folgende und in § 1587a Abs. 1 S. 2 BGB a.F. konkretisierte Halbteilungsgebot galt, das lediglich -technisch- anders umgesetzt wurde. Selbst wenn man in der Gesetzesänderung aber nicht ein lediglich zukunftsgerichtetes Gesetz sehen würde, wäre dies gleichwohl verfassungsrechtlich zulässig.
Ein absolutes Rückwirkungsverbot gilt gem. Art. 103 Abs. 2 GG grundsätzlich nur im Strafrecht. Ansonsten ist zwischen der sog. -echten Rückwirkung-, bei der ein Gesetz nachträglich ändernd in abgeschlossene Lebenssachverhalte eingreift und deren Rechtsfolgen rückwirkend auf die Zeit vor der Verkündung abändert, und der sog. -unechten Rückwirkung-, die zwar auch zurückliegende Sachverhalte betrifft, Rechtsfolgen aber erst für die Zukunft entfaltet (BVerG NJW 2010, 3629, Rz. 59 m.w.N.), zu unterscheiden. Während die -echte Rückwirkung- nur in Ausnahmefällen verfassungsrechtlich zulässig ist (BVerfGE 30, 367; 72, 200, 242; 88, 384; 95,64), ist eine Gesetzesänderung, die nur an zurückliegende Sachverhalte anknüpft, ihre Rechtsfolgen aber erst für die Zukunft entfaltet, grundsätzlich nicht verboten, sofern nicht ein besonderer Vertrauensschutz besteht (BVerG, a.a.O.).
Bei der Neuregelung des Versorgungsausgleichs, die sich über § 48 Abs. 3 VersAusgIG für den Antragsgegner (möglicherweise) belastend auswirkt, könnte es sich allenfalls um eine solche -unechte Rückwirkung- handeln: Zwar betrifft die Regelung die in der Vergangenheit erworbenen (und auch nach dem alten Recht beiden Ehegatten zustehenden) Anrechte der Eheleute, entfaltet ihre Wirkung aber erst für einen Zeitraum nach Verkündung. Angesichts der bereits in der Vergan...