Tenor
Zuständig ist das Landgericht Kempten (Allgäu).
Gründe
I.
Mit ihrer ursprünglich zum Landgericht München I ( O /09) erhobenen Klage begehrt die Klägerin, eine Wohnungseigentümergemeinschaft in Kempten (Allgäu), aus abgetretenem Recht von der in Kaufbeuren (Landgerichtsbezirk Kempten/Allgäu) ansässigen Beklagten einen Kostenvorschuss für die Beseitigung von Mängeln an ihrer Wohn- und Bürogebäudeanlage einschließlich Tiefgarage und stellt im Zusammenhang hiermit weitere Feststellungsanträge. Grundlage für die Forderungen bildet ein Generalunternehmervertrag, der am 29.7./2.8.1993 zwischen der Beklagten als Generalunternehmerin und der L-GmbH (München) abgeschlossen wurde. Der Vertrag enthält in § 13 Abs. 2 eine auf München bezogene Gerichtsstandsklausel. Die Klägerin erachtet sich aus einer Kette von Verschmelzungen und Abtretungen als Inhaberin der maßgeblichen Gewährleistungsansprüche.
Die Beklagte hat die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts München I gerügt. Auf Zuständigkeitsbedenken des Landgerichts München I in der Hinweisverfügung vom 15.6.2011 hat die Klägerin hilfsweise am 1.7.2011 Antrag auf Verweisung an das Landgericht Kempten (Allgäu) gestellt. Dem hat das Landgericht München I mit Beschluss vom 6.7.2011 stattgegeben. Das Landgericht hat sich auf den Standpunkt gestellt, es selbst sei örtlich unzuständig, die jetzige Klägerin sei nämlich nicht prorogationsfähig und im Hinblick hierauf die Gerichtsstandsvereinbarung von 1993 ohne Bindungswirkung. Zwar gehe die wohl herrschende Meinung davon aus, dass Gesamt- oder Sonderrechtsnachfolger an eine Zuständigkeitsvereinbarung der vertragsschließenden Parteien auch dann gebunden sein sollen, wenn sie selbst nicht zum Kreis der uneingeschränkt prorogationsfähigen Personen gehörten und daher selbst die Vereinbarung nicht hätten abschließen können. Diese Auffassung werde jedoch dem Normzweck des § 38 ZPO, nämlich dem Schutz prorogationsfähiger Personen, nicht gerecht; das gelte jedenfalls beim Vorliegen einer Konstellation wie der hier gegebenen mit einer Rechtsnachfolgekette. Der seinerzeit vereinbarte Gerichtsstand stehe in keinerlei Beziehung zum Gerichtsstand einer der Prozessparteien und des Bauvorhabens. Eine sachliche Anküpfung zum angerufenen Gericht sei nicht mehr in ausreichender Weise vermittelt.
Das Landgericht Kempten (Allgäu) hat sich seinerseits mit Beschluss vom 4.10.2011 für unzuständig erklärt und die Akten dem Oberlandesgericht München zur Bestimmung vorgelegt. Es hält den Verweisungsbeschluss des Landgerichts München I für willkürlich, weil sich dieses Gericht über in der Sache zutreffende obergerichtliche Rechtsprechung und herrschende Meinung hingesetzt habe.
II.
Die Voraussetzungen für die Zuständigkeitsbestimmung durch das Oberlandesgericht München liegen vor (§ 36 Abs. 1 Nr. 6, § 37 ZPO).
Zuständig ist das Landgericht Kempten (Allgäu). Das folgt aus dem bindenden Verweisungsbeschluss des Landgerichts München I (§ 281 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 4 ZPO). Die Bindung tritt ohne Rücksicht auf Ordnungsmäßigkeit und Richtigkeit der Verweisung ein. Sie entfällt nur ausnahmsweise, soweit dem Verweisungsbeschluss jede gesetzliche Grundlage fehlt, er also auf objektiver Willkür beruht (zum Ganzen Reichold in Thomas/Putzo ZPO 32. Aufl. § 281 Rn. 12 und 13; Zöller/Greger ZPO 28. Aufl. § 281 Rn. 17; aus der Rspr. BGH NJW 1993, 1273; 1993, 2810).
Davon kann hier keine Rede sein. Das Landgericht München I hat sich mit der entgegenstehenden herrschenden Meinung auseinandergesetzt, ist dieser jedoch aus rechtlichen Erwägungen nicht gefolgt. Es hat sich dabei einer Mindermeinung (Patzina in Mü/Ko ZPO 3. Aufl. § 38 Rn. 20; LG Trier NJW 1982, 286) angeschlossen. Man mag, wie das Landgericht Kempten (Allgäu), diese Ansicht aus systematischen Gründen mit der herrschenden Ansicht für nicht überzeugend halten. Willkürlich ist sie deshalb nicht.
Insbesondere war das Landgericht München I auch nicht an eine bestimmte Rechtsprechung (etwa BGH NJW 1980, 2022/2023 für Schiedsklausel; OLG Köln NJWRR 1992, 571), mag sie auch mehrheitlich sein, gebunden.
Mit der Verweisung an das Landgericht Kempten (Allgäu) muss es deshalb sein Bewenden haben.
Fundstellen
Haufe-Index 3957773 |
IBR 2012, 59 |