Leitsatz (amtlich)

Coronavirus, SARS-CoV-2, Hauptversammlung, Anfechtungsklage, Gesellschaft, Aktien, Ermessen, Auslegung, Frist, Zulassung, Unanfechtbarkeit, Bank, Beteiligung, Zeitpunkt, Wirksamkeit, Zustimmung, Beschluss der Hauptversammlung, richtlinienkonforme Auslegung, Finanzielle Nachteile

 

Nachgehend

OLG München (Beschluss vom 02.02.2024; Aktenzeichen 7 AktG 2/22)

 

Tenor

1. Es wird festgestellt, dass die Erhebung der Klage der Antragsgegner beim Landgericht München I, Az. 5 HK O 2654/22 gegen den in der außerordentlichen Hauptversammlung der Antragstellerin vom 03.02.2022 unter dem Tagesordnungspunkt TOP 1 gefassten Beschluss mit folgendem Wortlaut:

"Dem Abschluss des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags vom 17.12.2021 zwischen der V. B.C. GmbH als herrschendem Unternehmen und der S. H. AG als abhängigem Unternehmen wird zugestimmt."

der Eintragung dieses Beschlusses in das Handelsregister nicht entgegensteht und Mängel des Hauptversammlungsbeschlusses die Wirkung der Eintragung unberührt lassen.

2. Die Antragsgegner tragen die Kosten des Rechtsstreits.

 

Gründe

A. Die Antragstellerin begehrt die Feststellung nach § 246a AktG, dass die Erhebung der Klagen der Antragsgegner gegen die Wirksamkeit des Beschlusses der Hauptversammlung vom 03.02.2022 über die Zustimmung zum Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags der Eintragung im Handelsregister nicht entgegenstehe.

Die Antragstellerin ist eine Aktiengesellschaft deutschen Rechts mit Sitz in München. Ihr Grundkapital von 13.288.166,80 EUR ist in 10.884.940 auf den Namen lautende nennwertlose Stückaktien mit einem rechnerischen Anteil am Grundkapital von 1,22 EUR pro Aktie eingeteilt (vgl. die Angaben in der Niederschrift zur außerordentlichen Hauptversammlung vom 03.02.2022 laut Anl.Ast 1). Die Aktien der Antragstellerin wurden am 13.06.1994 an der Frankfurter Wertpapierbörse sowie an der Börse München zum (damals) geregelten Markt zugelassen (vgl. Anl. Ast 4).

Am 07.08.2021 veröffentlichte die V. B.C. GmbH ihre Entscheidung zur Abgabe eines Angebots für den Erwerb von Aktien der Antragstellerin.

Am 25.08.2021 veröffentlichte die V. B.C. GmbH die Angebotsunterlage für ein freiwilliges öffentliches Übernahmeangebot an die Aktionäre der Antragstellerin zum Erwerb der Aktien der Antragstellerin gegen eine Geldleistung in Höhe von 53,50 EUR je Aktie. In der Angebotsunterlage wies die V. B.C. GmbH darauf hin, dass sie am 06.08.2021 mehrere unwiderrufliche Verpflichtungen mit Aktionären der Antragstellerin geschlossen habe, u.a. mit der A. O. SICAV-FIS SCS, die zu diesem Zeitpunkt 10,4% der Aktien der Antragstellerin hielt. Diese Aktionäre der Antragstellerin hätten sich darin verpflichteten, das Kaufangebot der V. B.C. GmbH spätestens am fünften Tag nach Beginn der Annahmefrist anzunehmen (S. 26 - 28 der Angebotsunterlage). Gleichzeitig wies die V. B.C. GmbH in der Angebotsunterlage darauf hin, dass sie denjenigen Aktionären, die eine unwiderrufliche Annahmeverpflichtung eingegangen seien, den Abschluss einer Syndizierungsvereinbarung angeboten habe, aufgrund derer diese Aktionäre mit einem Teil des von ihnen erzielten Erlöses aus dem Aktienverkauf Anteile an einer der die V. B.C. GmbH mittelbar beherrschenden Gesellschaften erwerben könnten. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Angebotsunterlage habe die A. O. SICAV-FIS SCS ein solches Angebot auf Abschluss einer Syndizierungsvereinbarung angenommen (S. 28 und 29 der Angebotsunterlage). Die Annahmefrist ende am 22.09.2021 24:00 Uhr. Die weitere Annahmefrist beginne am 28.09.2021 und ende am 11.10.2021 24:00 Uhr.

Am 14.10.2021 machte die V. B.C. GmbH gemäß § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 WpÜG bekannt, dass bis zum 11.10.2021 (Meldestichtag) das Übernahmeangebot für insgesamt 8.318.522 Aktien der Antragstellerin angenommen worden sei, was einem Anteil von 76,65% aller ausgegebenen Aktien der Antragstellerin entspreche.

Mit Schreiben vom 30.11.2021 (Anl. Ast 4) widerrief die Börse München auf Antrag der Antragstellerin deren Zulassung zum regulierten Markt der Börse München mit Wirkung zum Ablauf des 30.12.2021.

Mit Beschluss vom 15.12.2021 (Anl. Ast 6) widerrief die Frankfurter Wertpapierbörse ebenfalls auf Antrag der Antragstellerin deren Zulassung zum regulierten Markt mit Wirkung zum Ablauf des 20.12.2021.

Am 17.12.2021 schlossen die V. B.C. GmbH als herrschendes Unternehmen und die Antragstellerin als abhängiges Unternehmen einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag, mit dessen Wirksamkeit die Antragstellerin die Leitung ihrer Gesellschaft der V. B.C. GmbH unterstellt und sich verpflichtet, ihren ganzen Gewinn an die V. B.C. GmbH abzuführen.

Am gleichen Tag erstatteten die Geschäftsführung der V. B.C. GmbH und der Vorstand der Antragstellerin einen gemeinsamen Bericht nach § 293a AktG (vgl. Anlagenkonvolut Ast 2).

Die Antragstellerin veröffentlichte am 23.12.2021 im Bundesanzeiger die Einladung zu einer außerordentlichen Hauptversammlung am 03.02.2022 laut Anlagenkonvolut Ast 2. In der Einladung...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge