Entscheidungsstichwort (Thema)

Nichtzulassungsbeschwerde, Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag, Richtlinienkonforme Auslegung, Aktionärsrechterichtlinie, Vorläufige Vollstreckbarkeit, Hauptversammlungsbeschlüsse, Einberufung der Hauptversammlung, Sofortige Vollziehbarkeit, Multilaterales Handelssystem, Restschuldbefreiungsverfahren, Wertpapierhandelsgesetz, Feststellungsklage, Konzernrecht, Nichtigkeitsklage, Beschlussmängel, Risikobegrenzungsgesetz, Auskunftsrecht der Aktionäre, Mitteilungspflichten, Stimmrechtsausübung, Stimmrechtsausschluss

 

Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 10.11.2022; Aktenzeichen 5 HK O 2654/22)

 

Tenor

1. Die Berufungen der Kläger gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 10.11.2022, Az. 5 HK O 2654/22, werden zurückgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Dieses Urteil sowie das in Ziffer 1 bezeichnete Endurteil des Landgerichts München I sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Die Kläger können die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A. Die Parteien streiten um die Wirksamkeit mehrerer Beschlüsse einer Hauptversammlung der Beklagten vom 03.02.2022.

Die Beklagte ist eine Aktiengesellschaft deutschen Rechts mit Sitz in M. Ihr Grundkapital von 13.288.166,80 EUR ist in 10.884.940 auf den Namen lautende nennwertlose Stückaktien mit einem rechnerischen Anteil am Grundkapital von 1,22 EUR pro Aktie eingeteilt (vgl. die Angaben in der Niederschrift zur außerordentlichen Hauptversammlung vom 03.02.2022 laut Anl. B 1). Die Aktien der Beklagten wurden am 13.06.1994 an der F. Wertpapierbörse sowie an der Börse M. zum (damals) geregelten Markt zugelassen (vgl. Anl. B 3 S. 2).

Am 07.08.2021 veröffentlichte die V. B. GmbH ihre Entscheidung zur Abgabe eines Angebots für den Erwerb von Aktien der Beklagten.

Am 25.08.2021 veröffentlichte die V. B. GmbH die Angebotsunterlage laut Anlage K 6 für ein freiwilliges öffentliches Übernahmeangebot an die Aktionäre der Beklagten zum Erwerb der Aktien der Beklagten gegen eine Geldleistung in Höhe von 53,50 EUR je Aktie. In der Angebotsunterlage wies die V. B. GmbH darauf hin, dass sie am 06.08.2021 mehrere unwiderrufliche Verpflichtungen mit Aktionären der Beklagten geschlossen habe, u.a. mit der A. O. SICAV-FIS SCS, die zu diesem Zeitpunkt 10,4% der Aktien der Beklagten hielt. Diese Aktionäre der Beklagten hätten sich darin verpflichtet, das Kaufangebot der V. B. GmbH spätestens am fünften Tag nach Beginn der Annahmefrist anzunehmen (S. 26 - 28 der Angebotsunterlage laut Anl. K 6). Gleichzeitig wies die V. B. GmbH in der Angebotsunterlage darauf hin, dass sie denjenigen Aktionären, die eine unwiderrufliche Annahmeverpflichtung eingegangen seien, den Abschluss einer Syndizierungsvereinbarung angeboten habe, aufgrund derer diese Aktionäre mit einem Teil des von ihnen erzielten Erlöses aus dem Aktienverkauf Anteile an einer der die V. B. GmbH mittelbar beherrschenden Gesellschaften erwerben könnten. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Angebotsunterlage habe die A. O. SICAV-FIS SCS ein solches Angebot auf Abschluss einer Syndizierungsvereinbarung angenommen (S. 28 und 29 der Angebotsunterlage laut Anlage K 6). Die Annahmefrist ende am 22.09.2021 24:00 Uhr. Die weitere Annahmefrist beginne am 28.09.2021 und ende am 11.10.2021 24:00 Uhr.

Am 14.10.2021 machte die V. B. GmbH gemäß § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 WpÜG bekannt, dass bis zum 11.10.2021 (Meldestichtag) das Übernahmeangebot für insgesamt 8.318.522 Aktien der Beklagten angenommen worden sei, was einem Anteil von 76,65% aller ausgegebenen Aktien der Beklagten entspreche (vgl. die Bekanntmachung laut Anl. K 8).

Mit Bescheid vom 30.11.2021 (Anl. B 3) widerrief die Börse M. auf Antrag der Beklagten deren Zulassung zum regulierten Markt der Börse M. mit Wirkung zum Ablauf des 30.12.2021 und ordnete die sofortige Vollziehbarkeit des Widerrufs an.

Mit Beschluss vom 15.12.2021 (Anl. B 4) widerrief die F. Wertpapierbörse ebenfalls auf Antrag der Beklagten deren Zulassung zum regulierten Markt mit Wirkung zum Ablauf des 20.12.2021. Auch hier wurde die sofortige Vollziehbarkeit des Widerrufs angeordnet.

Die Aktien der Beklagten wurden bis zum 31.03.2022 im Freiverkehr an der Börse M. gehandelt.

Am 17.12.2021 schlossen die V. B. GmbH als herrschendes Unternehmen und die Beklagte als abhängiges Unternehmen einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag, mit dessen Wirksamkeit die Beklagte die Leitung ihrer Gesellschaft der V. B. GmbH unterstellt und sich verpflichtet, ihren ganzen Gewinn an die V. B. GmbH abzuführen.

Am gleichen Tag erstatteten die Geschäftsführung der V. B. GmbH und der Vorstand der Beklagten einen gemeinsamen Bericht nach § 293a AktG (vgl. Anlage K 2).

Die Beklagte veröffentlichte am 23.12.2021 im B...

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