Leitsatz (amtlich)

Die Zustimmung des Grundstückseigentümers zur Veräußerung des Erbbaurechts, deren Erforderlichkeit mit dinglicher Wirkung vereinbart ist, ist jedenfalls bis zur Stellung des Eintragungsantrags beim Grundbuchamt widerruflich.

 

Normenkette

BGB §§ 183, 878; ErbbauRG § 5 Abs. 1, § 6 Abs. 1; GBO § 18 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Memmingen - Grundbuchamt

 

Tenor

I. Die Beschwerde des Beteiligten zu 1 gegen die Zwischenverfügung des AG Memmingen - Grundbuchamt - vom 4.5.2016 wird zurückgewiesen.

II. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000 EUR festgesetzt.

III. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Beteiligte zu 2 ist als Inhaberin eines Erbbaurechts an einem im Eigentum der Beteiligten zu 3, einer von der bayerischen Stadt M. verwalteten Stiftung des öffentlichen Rechts, stehenden Grundstück eingetragen. Zur Übertragung des Erbbaurechts ist gemäß Grundbucheintrag und Bewilligung vom 26.7.2000 die Zustimmung der Eigentümerin erforderlich. Zu notarieller Urkunde vom 11.2.2016, bezeichnet als "Kaufvertrag", einigten sich die Beteiligten zu 1 und 2 über den Verkauf und die dingliche Übertragung des Erbbaurechts. Den Notar ermächtigten sie zur Abgabe der Eintragungsbewilligung. Unter Ziff. X. (Vollzugsbestimmungen) wurde der Urkundsnotar wie folgt beauftragt:

1. Vollzugsauftrag Die Beteiligten beauftragen den Notar mit dem Vollzug dieser Urkunde und bevollmächtigen ihn ... zum Antrag auf Erteilung von Genehmigungen und sonstigen Erklärungen, zur Entgegennahme von Bescheiden ... Alle Genehmigungen und Bescheide sollen mit ihrem Eingang beim Notar allen Beteiligten als zugegangen gelten. 2. Vorkaufsrecht und Zustimmung des Grundstückseigentümers ... Der Notar wird beauftragt, den Grundstückseigentümer von diesem Verkauf zu verständigen und ... sowie die Genehmigung als Eigentümer einzuholen.

Mit unterschriebenem und mit Farbdrucksiegel der Stadt M. versehenem Schreiben vom 19.2.2016 erklärte die Beteiligte zu 3, vertreten durch die Stadt M. und diese vertreten durch einen Mitarbeiter des Liegenschaftsamts, gegenüber dem Urkundsnotar die Zustimmung zur "Veräußerung des Grundstücks an ... (Beteiligter zu 1) gemäß vorgenannter Urkunde". Mit weiterem gesiegelten und vom selben Mitarbeiter unterzeichneten Schreiben vom 4.4.2016, eingegangen beim Notar am 7.4.2016, widerrief sie "ihre Zustimmung zum ... genannten Kaufvertrag".

Bezugnehmend auf die ihm erteilte Vollmacht bewilligte der Urkundsnotar am 15.4.2016 die Auflassung und stellte unter Verweis auf § 15 Abs. 2 GBO Eintragungsantrag. Dem Antrag waren (unter anderem) die Zustimmungserklärung der Grundstückseigentümerin und deren Widerrufserklärung beigefügt.

Mit fristsetzender Zwischenverfügung vom 4.5.2016 beanstandete das Grundbuchamt das Fehlen der Eigentümerzustimmung. Der zeitgleich mit der Zustimmung eingegangene Widerruf sei beachtlich, da der Widerruf bis zur Vornahme des Rechtsgeschäfts möglich sei. Somit müsse die Eigentümerzustimmung nachgereicht werden.

Hiergegen wendet sich der anwaltlich vertretene Beteiligte zu 1 mit dem Antrag, "die Eintragung des Erbbaurechts in das Grundbuch vorzunehmen". Er meint, ein Widerruf sei nicht mehr möglich gewesen, der erklärte Widerruf somit nicht rechtswirksam, weil die Einigung der Vertragsparteien bereits mit deren notarieller Beurkundung bindend geworden sei. Die erforderliche Zustimmung liege daher vor.

Das Grundbuchamt hat den Beschwerdeantrag als Begehren auf Eintragung des neuen Erbbauberechtigten ausgelegt und dem Rechtsmittel nicht abgeholfen mit der Begründung, dass die Zustimmung bis zum Antragseingang beim Grundbuchamt widerruflich sei. Daher sei der Widerruf wirksam erklärt und vom Grundbuchamt zu beachten.

II. Das Rechtsmittelziel ist dahin auszulegen, dass der Beschwerdeführer die - ersatzlose - Aufhebung der nach § 18 GBO ergangenen Zwischenverfügung begehrt, weil ein Eintragungshindernis aus seiner Sicht nicht vorliegt. Die mit diesem Ziel statthafte (§ 11 Abs. 1 RPflG, § 71 Abs. 1 GBO) und auch im Übrigen zulässige (§ 73 GBO, § 10 Abs. 2 Satz 1 FamFG) Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Der beantragten Eintragung steht das Fehlen der Eigentümerzustimmung entgegen.

1. Wegen des mit dinglicher Wirkung vereinbarten und im Erbbaugrundbuch eingetragenen (vgl. § 14 Abs. 1 Satz 3 ErbbauRG) Zustimmungserfordernisses nach § 5 Abs. 1 ErbbauRG ist die an die materiell-rechtliche Verfügungsbefugnis anknüpfende verfahrensrechtliche Bewilligungsbefugnis (§ 19 GBO) der Erbbauberechtigten zur rechtsgeschäftlichen Übertragung des Rechts eingeschränkt (§ 6 Abs. 1 ErbbauRG; vgl. Hügel/Holzer GBO 3. Aufl. § 19 Rn. 75, 84 f.). Dies hat das Grundbuchamt von Amts wegen zu beachten (BayObLG NJW-RR 1991, 978/979). Es darf die Eintragung der Übertragung des Erbbaurechts daher bei fehlendem Zustimmungsnachweis durch Zwischenverfügung von der Vorlage einer Erklärung in der Form des § 29 Abs. 3 GBO abhängig machen (vgl. § 15 ErbbauRG).

2. Mit der formgerecht vorliegenden Erklärung der Beteiligten zu...

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