Leitsatz (amtlich)
Ist nach dem schlüssigen Vortrag des Antragstellers die einer Hypothek zugrunde liegende Forderung mit der Folge des § 1163 BGB vollständig zurückgezahlt, sind die Erben des ursprünglichen Grundpfandgläubigers aber unbekannt, kommt ein Aufgebotsverfahren auch dann nicht in Betracht, wenn der Grundstückseigentümer die Rückzahlung der Forderung nicht ohne weiteres beweisen kann.
Normenkette
BGB §§ 894, 1163 Abs. 1 S. 2, § 1170
Verfahrensgang
AG München (Beschluss vom 19.09.2011; Aktenzeichen 102 UR II 92/11) |
Tenor
I. Die Beschwerde der Beteiligten gegen den Beschluss des AG München vom 19.9.2011 wird zurückgewiesen.
II. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 11.500 EUR.
Gründe
I. Die beiden Beteiligten, Ehegatten, sind im Grundbuch als Eigentümer eingetragen. Die Immobilie hatte die Beteiligte zu 2 im Jahr 1963 von der Rentnerin Maria K. erworben und im Jahr 1983 einen Miteigentumsanteil von 1/2 ihrem Ehemann, dem Beteiligten zu 1, aufgelassen. Zur Sicherung des Restkaufpreises war im Kaufvertrag aus dem Jahr 1963 für die Verkäuferin eine Sicherungshypothek über 22.600 DM bestellt und am 2.12.1968 eingetragen worden. Sie befindet sich im Grundbuch (Abt. III) an erster Rangstelle. Die Grundpfandgläubigerin ist im Jahr 1979 verstorben, Erben konnten im Nachlassverfahren nicht ermittelt werden.
Im Mai 2011 haben die Beteiligten beantragt, ein Aufgebot zu erlassen und nach Durchführung des Aufgebotsverfahrens die unbekannten Hypothekengläubiger auszuschließen. Dabei erklärten die Beteiligten an Eides statt, dass der Restkaufpreis in Monatsraten von 200 DM abbezahlt wurde und dessen Abzahlung samt Zinsen im Mai 1973 beendet war. Im Nachlassverfahren hatten sie erklärt, der Restkaufpreis sei in bar abbezahlt, die Quittungen seien noch einige Zeit aufbewahrt und dann unbedacht weggeworfen worden.
Das AG hat den Antrag am 19.9.2011 zurückgewiesen, da bei Buchhypotheken ein dauerndes und unbehebbares Unbekanntsein des Gläubigers nicht denkbar sei, weil das Nachlassgericht einen Pfleger zur Suche von Erben bestellen könne oder es gegebenenfalls zum Staatserbrecht komme.
Dagegen wendet sich die Beschwerde der Beteiligten vom 11.10.2011, der das AG nicht abgeholfen hat. Zur Begründung wird angeführt, es stehe nicht fest, dass die Forderung zurückgezahlt sei, weshalb in einem Zivilverfahren dies unter Umständen nicht bewiesen werden könne.
II. Das Rechtsmittel erweist sich als erfolglos.
1. Für das der freiwilligen Gerichtsbarkeit zugehörige Aufgebotsverfahren nach § 1170 BGB gelten neben den besonderen Bestimmungen der §§ 447 ff. FamFG die allgemeinen Vorschriften, so dass gegen die Entscheidung des AG die Beschwerde nach § 58 FamFG statthaft ist. Die Beteiligten sind als Eigentümer des belasteten Grundstücks gem. § 59 Abs. 1 FamFG beschwerdeberechtigt; denn es besteht die Möglichkeit, dass sie durch die Ablehnung des Erlasses eines Ausschließungsbeschlusses in ihren Rechten beeinträchtigt sind. Aufgrund ihres Antrags liegen auch die Voraussetzungen des § 59 Abs. 2 FamFG vor.
Die Beschwerde ist schließlich form- und fristgerecht durch den verfahrensbevollmächtigten Notar erhoben (§ 10 Abs. 2 Nr. 3 FamFG, § 63 Abs. 1 und 3, § 64 Abs. 1 und 2 FamFG).
2. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.
Nach § 1170 BGB findet das Aufgebotsverfahren statt, wenn der Gläubiger unbekannt ist. Ein Grundpfandberechtigter ist unbekannt i.S.v. § 1170 BGB, wenn seine Identität nicht zu klären ist (BGH NJW-RR 2004, 664/665; Rpfleger 2009, 325/326). Dies ist - wie in der Rechtsprechung anerkannt - nicht nur bei Briefrechten, sondern auch im Fall von Buchpfandrechten denkbar (BGH, a.a.O.; OLG München vom 20.11.2012, 34 Wx 364/12) und kommt etwa dann in Betracht, wenn eine juristische Person als Gläubiger eingetragen ist, die nicht (mehr) existiert und für die auch keine Feststellungen zur Rechtsnachfolge möglich sind (Wenckstern DNotZ 1993, 547/549). Ist eine natürliche Person als Inhaber einer Buchhypothek eingetragen, kann diese nur unbekannt i.S.v. § 1170 BGB sein, wenn glaubhaft gemacht wird, dass der eingetragene Gläubiger verstorben und nicht aufzuklären ist, wer ihn beerbt hat. Dies kommt z.B. in Betracht, wenn schon die Person des Erblassers auch bei Durchführung der erforderlichen Ermittlungen (§ 26 FamFG) nicht bestimmt werden kann (Senat, a.a.O.). Denn dann scheidet im Allgemeinen auch eine Erbenermittlung aus, weil schon die Person des Erblassers nicht feststeht. Steht die Person des Erblassers hingegen fest, kann beim Nachlassgericht - gegebenenfalls auf Kosten der Antragsteller - die Bestellung eines Nachlasspflegers beantragt werden, der die erforderlichen Erklärungen abgeben kann.
Der Gläubiger einer Hypothek ist allerdings dann nicht unbekannt, wenn die zugrunde liegende Forderung durch vollständige Zahlung erloschen ist; gem. § 1163 BGB wird das Grundpfandrecht dann nämlich zur Eigentümergrundschuld. In diesem Fall steht den Eigentümern die Berichtigung nach § 894 BGB offen (MünchKomm/Eickmann BGB, 5. Aufl., § ...