Entscheidungsstichwort (Thema)
Versorgungsausgleich: Berücksichtigung der Schlussüberschüsse und Bewertungsreserven beim Ausgleichswert einer Leibrentenversicherung nach altem Recht
Leitsatz (redaktionell)
1. Die in einer Leibrentenversicherung enthaltenen Schlussüberschüsse und Bewertungsreserven können bei Anordnung der internen Teilung nicht berücksichtigt werden, weil insoweit noch keine verpflichtend bestimmbaren Kapitalwerte gegeben sind. Dem steht nicht entgegen, dass diese im korrespondierenden Kapitalwert als Kalkulationsbezugsgröße enthalten sind.
2. Ein Ausgleich der Schlussüberschüsse und Bewertungsreserven erfolgt, soweit die interne Teilung durchgeführt würde, erst im Leistungsfall. Dagegen besteht kein Anspruch im Rahmen des Wertausgleichs nach der Scheidung gemäß §§ 20 ff. VersAusglG.
Normenkette
VersAusglG § 46; VVG § 176 Abs. 3
Verfahrensgang
AG Miesbach (Beschluss vom 05.07.2010) |
Tenor
I) Auf die Beschwerde der LV 1871 und die Anschlussbeschwerde des Antragsgegners wird der Endbeschluss des AG-Familiengericht Miesbach vom 5.7.2010 in Ziff. 2 der 3. Absatz wie folgt abgeändert:
Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners bei der LV 1871 zugunsten der Antragstellerin ein Anrecht in Höhe des ehezeitlichen Deckungskapitals als Ausgleichswert von 9.675,11 EUR bezogen auf den 30.11.2009, übertragen. Desweiteren kommen zum Leistungsfall die ehezeitlichen Schlussüberschüsse zum 30.11.2009 von derzeit 436,10 EUR und die ehezeitlichen Bewertungsreserven zum 30.11.2009 von derzeit 201,24 EUR zum Ausgleich.
II) Der Verfahrenswert wird auf 1.620 EUR festgesetzt.
III) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
IV) Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Das AG Miesbach hat die Ehe der beteiligten Ehegatten geschieden und den Versorgungsausgleich durchgeführt. Gegen die Entscheidung über den VA haben die beteiligte Lebensversicherung von 1871a. G und der Antragsgegner Beschwerde eingelegt.
Die Beschwerdeführerin rügt, dass das Familiengericht dem bei ihr geführten Anrecht des Antragsgegners aus seiner Leibrentenversicherung einen zu hohen Ausgleichswert zugrunde gelegt habe. Es habe dem hälftigen Deckungskapital von 9675,11 EUR, von dem bereits die Hälfte der Teilungskosten von jeweils 250 EUR abgezogen sind, noch einen Betrag von 4495 EUR für Schlussüberschüsse und 2572,04 EUR für Bewertungsreserven hinzugerechnet und sei so zu einem Ausgleichswert von 16742,15 EUR gekommen.
Diese Vorgehensweise entspreche nicht dem aufzuteilenden Wert, weil die hinzugerechneten Beträge nicht garantiert seien und es sich erst im Leistungsfall absehen lasse, ob und in welcher Höhe sie zur Auszahlung gelangten. Auszugleichen sei nur das zum Ende der Ehezeit bestehende Deckungskapital abzgl. der Teilungskosten.
II. Die Beschwerde und die Anschlussbeschwerde sind zulässig, §§ 58 ff., 66, 218 ff. FamFG und begründet, §§ 46 Vers AusglG, 176 III VVG aF.
Die Bewertung der auszugleichenden Leibrentenversicherung richtet sich über § 46 VersAusglG nach § 176 III VVG a.F., weil der Versicherungsvertrag noch vor dem 1.1.2008 abgeschlossen worden ist. Für die danach abgeschlossenen Verträge gilt § 169 VVG, was für die hier vorliegende Rechtsfrage zum gleichen Ergebnis führt.
Aus § 176 III VVG a.F. folgt, dass die Rückkaufswerte, hier also das Deckungskapital, zum Ende der Ehezeit mit dem Zeitwert anzusetzen sind. Das ist der Betrag, der zum Stichtag auszuzahlen wäre. Nachdem die Schlussüberschüsse und Bewertungsreserven noch nicht garantiert sind und vertragsgemäß erst zum Leistungsfall zur Auszahlung gelangen, können sie nicht den Ausgleichswert bestimmen. Insofern besteht auch kein der Höhe nach bestimmbarer Anspruch gegen die Beschwerdeführerin. Somit ist das zum Ende der Ehezeit festgestellte Deckungskapital von 19850,21 EUR um die Teilungskosten von 500 EUR zu bereinigen und dann ergibt sich aus der Hälfte des verbleibenden Betrags der Ausgleichswert von 9675,11 EUR. Die Werte für Schlussüberschüsse und Bewertungsreserven sind noch keine verpflichtend bestimmbare Kapitalwerte, sondern Kalkulationsbezugsgrößen, die ehezeitlich aufgeteilt und nicht im Ausgleichswert enthalten sind. Aus diesem Grund werden sie mit dem korrespondierenden Kapitalwert als Vergleichsgröße ausgedrückt, §§ 5 III, 47 I VersAusglG. Die benannten Werte für die Schlussüberschüsse und Bewertungsreserven sind lediglich Verteilungsschlüssel für den Leistungsfall. Erst im Leistungsfall steht vertragsgemäß ihre tatsächliche Größe fest. Auf sie besteht bei Aufteilung des Lebensversicherungsvertrags zur Durchführung des Versorgungsausgleichs kein Anspruch des Antragsgegners, so dass auch ein solcher nicht übertragen werden kann. Der bestimmte Ausgleichsanspruch ergibt sich im Leistungsfall für jeden Vertrag aus dem jeweiligen Vertrag. Es liegen keine nicht ausgleichsfähigen Anrechte i.S.v. § 19 VersAusglG vor. Damit kann auch kein Ausgleich nach der Scheidung vorbehalten werden, § 20 ff. VersAusglG, da der Antrags...