Leitsatz (amtlich)
Umfasst der Aufgabenkreis des Betreuers weder allgemein die Personensorge noch im Besonderen die Regelung des Umgangs, ist er nicht zu Kontaktverboten gegenüber Dritten, insbesondere den Eltern des Betroffenen, befugt. Gegen ein pflichtwidrig ausgesprochenes Verbot hat das Vormundschaftsgericht aufsichtlich einzuschreiten, solange der Aufgabenkreis des Betreuers nicht entsprechend erweitert worden ist.
Normenkette
BGB § 1837 Abs. 2, § 1908i Abs. 1
Verfahrensgang
LG Würzburg (Beschluss vom 17.07.2007; Aktenzeichen 3 T 1724/07) |
AG Würzburg (Beschluss vom 08.02.2007; Aktenzeichen XVII 847/06) |
Tenor
I. Auf die weitere Beschwerde werden die Beschlüsse des LG Würzburg vom 17.7.2007 und des AG Würzburg vom 8.2.2007 aufgehoben.
II. Die Sache wird zur weiteren Behandlung und Entscheidung an das AG Würzburg zurückverwiesen.
III. Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Für die Betroffene wurde erstmals im Jahr 1999 eine Betreuung eingerichtet. Mit Beschluss vom 25.10.2005 hat das AG einen Betreuer bestellt mit den Aufgabenkreisen Aufenthaltsbestimmung einschließlich Unterbringungsmaßnahmen; Gesundheitsfürsorge; Vermögenssorge; Abschluss, Änderung und Kontrolle der Einhaltung des Heim-, Pflegevertrages; Vertretung gegenüber Behörden, Versicherungen, Renten- und Sozialleistungsträgern; Entgegennahme, Öffnen und Anhalten der Post, soweit es die Aufgabenkreise betrifft.
Die Beteiligte und Beschwerdeführerin ist die Mutter der Betroffenen. Mit Schreiben vom 20.11.2006 beantragte sie beim AG, dem Betreuer die Weisung zu erteilen, eine von ihm angeordnete Kontaktsperre aufzuheben und ihr den Kontakt zu ihrer zur damaligen Zeit in einem Heim lebenden Tochter zu ermöglichen. Derzeit befindet sich die Betroffene freiwillig im Bezirkskrankenhaus. Am 8.2.2007 teilte das AG mit, dass es keine Veranlassung zu einem Einschreiten gegen den Betreuer sähe und erteilte eine Rechtsmittelbelehrung. Die Beschwerde der Beteiligten wies das LG am 17.7.2007 zurück. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde.
II.1. Das Rechtsmittel ist zulässig, § 27 Abs. 1 FGG. Die Beteiligte ist schon deshalb beschwerdeberechtigt, weil das LG ihre Beschwerde zurückgewiesen hat (BayObLGZ 1993, 73/74; Schmidt in Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 15. Aufl., § 27 Rz. 2).
2. Das Rechtsmittel ist auch begründet.
a) Das LG hat seine Entscheidung folgendermaßen begründet:
Das Kontaktverbot entspreche dem Wohl der Betroffenen. Es sei auch unter Berücksichtigung der besonderen Bedeutung der familiären Beziehungen verhältnismäßig und nicht durch andere Maßnahmen ersetzbar. Da eine Pflichtwidrigkeit des Betreuers nicht vorliege, komme auch keine Weisung an den Betreuer in Betracht, das Kontaktverbot aufzuheben.
b) Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO).
aa) Das Vormundschaftsgericht hat gem. § 1837 Abs. 2 BGB gegen Pflichtwidrigkeiten des Betreuers durch geeignete Gebote und Verbote einzuschreiten. Pflichtwidrigkeiten sind Verstöße gegen konkrete, sich aus dem Gesetz oder einer Anordnung des Gerichts ergebenden Handlungspflichten, bzw. allgemein gegen die Pflicht zur gewissenhaften Führung der Betreuung (Diederichsen in Palandt Bürgerliches Gesetzbuch 67. Aufl., § 1837 Rz. 9). Die Handlungsspielräume des Betreuers sind durch die ihm vom Gericht übertragenen Aufgabenbereiche begrenzt (Diederichsen, a.a.O., § 1837 Rz. 10). Ein Handeln des Betreuers außerhalb seines Aufgabenbereichs kann eine Pflichtwidrigkeit begründen.
Für den Umgang des Betreuten mit seinen Eltern ist der verfassungsrechtliche Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG zu beachten, der auch das Verhältnis zwischen Eltern und ihren volljährigen Kindern umfasst (BayObLGZ 2003, 33/35). Zum Schutz der Gesundheit des Betreuten kann allerdings der Umgang des Betreuten auch mit seinen Eltern eingeschränkt und einem Betreuer die Aufgabe übertragen werden, den Umgang des Betroffenen zu bestimmen, insbesondere wenn es gilt, den Betreuten vor Besuchen oder Anrufen abzuschirmen, die seiner Gesundheit abträglich sind (BayObLGZ 2003, 33/35, BayObLG FamRZ 2000, 1524). Die Übertragung des Aufgabenkreises der Regelung des Umgangs des Betroffenen gibt dem Betreuer die Befugnis, sowohl ggü. dem Betroffenen wie auch gegenüber dessen Eltern Umgangsverbote oder Umgangsbeschränkungen auszusprechen, die im Einzelfall gem. § 1632 Abs. 2 i.V.m. § 1908i BGB vom Vormundschaftsgericht überprüft werden können (BayObLGZ 2003, 33/36).
bb) Da dem Betreuer bislang dieser Aufgabenbereich nicht übertragen wurde, lag angesichts des verfassungsrechtlich geschützten Anspruchs der Beschwerdeführerin auf Umgang mit ihrer Tochter in der Verhängung eines Kontaktverbots ohne rechtliche Grundlage eine Pflichtwidrigkeit des Betreuers, gegen die das AG grundsätzlich bis zur Entscheidung über die Erweiterung des Aufgabenkreises für den Betreuer hätte einschreiten müssen.
c) Das Verfahren wird an das AG zurückverwiesen. Dem AG hätte die Kennt...