Verfahrensgang

LG München I (Aktenzeichen 24 OH 17474/13)

 

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin zu 1) werden die Beschlüsse des Landgerichts München I vom 11.10.2016 und vom 30.11.2016, Az. 24 OH 17474/13, aufgehoben.

2. Der Beitritt der Streithelferin W. R. SE auf Seiten der Antragsteller wird als unzulässig zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Zwischenstreits einschließlich des Beschwerdeverfahrens trägt die Streithelferin W. R. SE.

4. Der Beschwerdewert wird auf 7.000 EUR festgesetzt.

5. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Antragsgegnerin zu 1) ist Vertragspartnerin der Antragsteller und verpflichtete sich mit Bauvertrag vom 20.06.2008 zur Erstellung einer Doppelhaushälfte. Die Streithelferin W. R. SE (nachfolgend abgekürzt: W.) hat im Auftrag der Antragsgegnerin zu 1) als Subunternehmerin die Sonnenschutzanlagen ausgeführt. Mit Schriftsatz vom 05.09.2013 (Bl. 29/ 37) hat die Antragsgegnerin zu 1) der Fa. W. den Streit verkündet. Diese ist dem Rechtsstreit gemäß Schriftsatz vom 07.10.2013 (Bl. 65/ 66) auf Seiten der Antragsgegnerin zu 1) beigetreten. Mit Schriftsatz vom 07.09.2016 (Bl. 306/ 313) erklärte die Streithelferin W. - neben diversen eigenen Streitverkündungen - ihren Wechsel auf die Seite der Antragsteller. Hiergegen wandte sich die Antragsgegnerin zu 1) und beantragte mit Schriftsatz vom 29.09.2016 (Bl. 331/ 333) den Beitritt der Streithelferin W. auf die Antragstellerseite als unzulässig - im Wege eines Zwischenurteils - zurückzuweisen, hilfsweise ihr die bis zum Wechsel auf die Antragstellerseite entstandenen Kosten der Antragsgegnerin zu 1) aufzuerlegen. Mit Beschluss des Erstgerichts vom 11.10.2016 (Bl. 335/ 336) wurde der Antrag der Antragsgegnerin zu 1) zurückgewiesen. Hiergegen legte diese mit Schriftsatz vom 02.11.2016 Beschwerde ein und begründete diese (Bl. 345/ 353). Daraufhin erging am 30.11.2016 der hier streitgegenständliche Beschluss des Erstgerichts (Bl. 357/ 363), in dem der Beschluss vom 11.10.2016 dahingehend abgeändert wurde, dass der Wechsel der Streithelferin W. unter Auferlegung der Kosten des Zwischenstreits auf die Antragsgegnerin zu 1) für zulässig erklärt wurde. Mit Schriftsatz vom 30.11.2016, eingegangen bei Gericht am 01.12.2016 (Bl. 364/ 370), führte die Streithelferin W. ergänzend zur Zulässigkeit ihres Wechsels aus die Antragstellerseite aus. Mit Schriftsatz vom 19.12.2016 (Bl. 376/ 384) legte die Antragsgegnerin zu 1) gegen den Beschluss vom 30.11.2016 Beschwerde ein und begründete diese. Mit Beschluss vom 20.12.2016 (Bl. 385/ 391) hat das Erstgericht der Beschwerde nicht abgeholfen.

II. Die zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin zu 1) ist begründet, so dass die Beschlüsse des Landgerichts München I vom 11.10.2016 und 30.11.2016 aufzuheben und der Wechsel der Streithelferin W. auf die Seite der Antragsteller als unzulässig zurückzuweisen war. Eine Aufhebung beider Beschlüsse war aus Gründen der Rechtsklarheit veranlasst, da die Beschlüsse miteinander verwoben sind.

1. Zulässigkeit der Beschwerde

Die Beschwerde der Antragsgegnerin zu 1) gegen den Beschluss des Landgerichts München I vom 30.11.2016 ist analog § 71 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zulässig. Das Rechtsmittel ist auch statthaft, da die Beschwerdeführerin sich als Streitverkünder gegen den Wechsel des Beitritts der Streitverkündungsempfängerin W. auf die Seite der Antragsteller wendet.

2. Begründetheit der Beschwerde

Die Beschwerde ist auch begründet, da ein rechtliches Interesse der Streithelferin W. am Obsiegen der Antragsteller nicht gegeben und mithin ihr Wechsel als Streithelfer auf die Antragstellerseite unzulässig ist.

Es entspricht ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung und ganz herrschender Meinung, dass eine Streitverkündung im selbständigen Beweisverfahren zulässig ist und eine entsprechende Anwendung der §§ 66 ff. ZPO rechtfertigt (OLG Köln, Beschluss vom 13.10.2009, 9 W 77/09 m.w.N. zur Rechtsprechung des BGH). Grundsätzlich ist es - höchstrichterlich entschieden (BGH NJW 1955, 1316) - auch möglich, dass ein Streithelfer zunächst auf der Seite des Streitverkünders beitritt und später dann als Streithelfer auf die Gegenseite wechselt. Eine Einwilligung der bisher unterstützten Partei ist dafür nicht notwendig. Bei Widerspruch des Streitverkünders muss aber für einen zulässigen Wechsel des Beitritts eines Streithelfers auf die Seite einer anderen Partei gem. §§ 66, 71 ZPO ein rechtliches Interesse des wechselwilligen Streithelfers an dem Obsiegen dieser Partei vorliegen (u.a.: Kniffka/ Koeble, Kompendium des Baurechts, 16. Teil, Rn. 43).

a. Rechtliches Interesse im Allgemeinen

Der Begriff des rechtlichen Interesses in § 66 Abs. 1 ZPO ist nach ständiger Rechtsprechung des BGH grundsätzlich weit auszulegen. Aus dem gesetzlichen Erfordernis eines rechtlichen Interesses folgt jedoch, dass ein rein wirtschaftliches oder tatsächliches Interesse für die Zulässigkeit der Nebenintervention nicht genügt (BGH NJW - RR 2011, 907).

b. Rechtliches Interesse im s...

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