Leitsatz (amtlich)

1. Zu den Voraussetzungen der gerichtlichen Bestellung von Sonderprüfern (hier: keine Sonderprüfung wegen der Verauslagung von Gerichts- und Rechtsanwaltskosten durch die Gesellschaft für als Streitgenossen mitverklagte Aktionäre).

2. Dem Antrag auf gerichtliche Bestellung von Sonderprüfern kann nur stattgegeben werden, wenn das Gericht nach Anhörung der Gesellschaft und des Aufsichtsrats zu der Überzeugung gelangt, dass hinreichende Tatsachen vorliegen, die Unredlichkeiten oder grobe Pflichtverletzungen wahrscheinlich erscheinen lassen; an die Überzeugung des Gerichts zum Vorliegen der Tatsachen sind hohe Anforderungen zu stellen.

 

Normenkette

AktG § 142 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG München I (Beschluss vom 21.01.2010; Aktenzeichen 17HK O 5106/09)

 

Tenor

I. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des LG München I vom 21.1.2010 wird zurückgewiesen.

II. Die Antragstellerin hat die der Antragsgegnerin im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

III. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.000.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Gegenstand des Verfahrens ist der Antrag vom 18.3.2009 auf gerichtliche Bestellung von Sonderprüfern zur Prüfung von Zahlungen der beteiligten Aktiengesellschaft für eigene und fremde Rechtsanwalts- und Gerichtskosten im Zusammenhang mit Rechtsstreitigkeiten zwischen der Antragstellerin einerseits und der Gesellschaft sowie (teils ehemaligen) Aktionären andererseits. In der Hauptversammlung vom 15.7.2008 war ein entsprechender Antrag abgelehnt worden. Die Antragstellerin, eine niederländische Beteiligungsgesellschaft, hält rund 27 % der auf den Namen lautenden, vinkulierten Stückaktien.

Zwischen der Antragstellerin und der Gesellschaft sowie anderen Aktionären waren ab Ende September 2005 Rechtsstreite anhängig im Zusammenhang mit einer Kontrollwechselklausel ("Zweite Zusatzvereinbarung"), die als Sanktion für einen Verstoß die entschädigungslose Einziehung der Aktien vorsah. Nachdem für den 12.10.2005 eine außerordentliche Hauptversammlung zur Beschlussfassung über die Einziehung der Aktien der Antragsstellerin einberufen worden war, leitete diese drei gerichtliche Verfahren ein:

a) Beim LG München II beantragte sie am 29.9.2005 den Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Gesellschaft und acht Aktionäre mit dem Ziel, den Aktionären der Antragsgegnerin die Ausübung ihrer Stimmrechte auf der Hauptversammlung am 12.10.2005 und der Antragsgegnerin die Ausführung eines etwaigen gefassten Beschlusses zu untersagen. Diesen Antrag nahm sie mit Schriftsatz vom 12.10.2005 zurück und beantragte, den im Antrag mit rund 9 Mio. EUR bezifferten Streitwert auf 500.000 EUR festzusetzen. Mit Beschluss vom 6.10.2006 wurden ihr die Kosten dieses Verfahrens auferlegt.

b) Beim LG München I stellte die Antragstellerin am 5.10.2005 einen gleichlautenden Antrag. Am 6.10.2005 wurde antragsgemäß eine einstweilige Verfügung erlassen, die nach Widerspruch mit Urteil vom 16.3.2006 hinsichtlich der Gesellschaft aufgehoben und hinsichtlich der Aktionäre aufrechterhalten wurde. Mit Urteil des OLG München vom 13.9.2006 wurde die einstweilige Verfügung insgesamt aufgehoben und der Antrag zurückgewiesen. Die Gerichtskosten erster Instanz wurden von der Landesjustizkasse anteilig von jedem einzelnen Beklagten eingefordert. Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 9.1.2007 wurden die von der Antragstellerin zu erstattenden Kosten auf rund 151.000 EUR zzgl. Zinsen festgesetzt.

c) Mit Schriftsatz vom 27.9.2005 erhob die Antragstellerin beim LG München II Klage auf Feststellung der Nichtigkeit der "Zweiten Zusatzvereinbarung" gegen die Gesellschaft sowie 18 (teils ehemalige) Aktionäre, der durch Urteil des LG München II vom 19.10.2006 teilweise stattgegeben wurde. Der Berufung der Antragstellerin wurde durch Urteil des OLG München vom 18.10.2007 teilweise stattgegeben. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Antragstellerin wurde inzwischen durch Beschluss des BGH vom 21.9.2009 zurückgewiesen (AG 2009, 870). In erster und zweiter Instanz wurden die Kosten gegeneinander aufgehoben. Die Landesjustizkasse forderte am 29.1.2007 die Gesellschaft zur Zahlung von 114.000 EUR auf, was der Hälfte der gesamten Gerichtskosten aus dem Streitwert von rund 40 Mio. EUR entsprach. Die Gesellschaft bezahlte diesen Betrag, ebenso den mit Beschluss vom 22.1.2007 zugunsten der Antragstellerin festgesetzten Betrag (Gerichtskostenausgleich) von rund 71.000 EUR an die Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin. Nach Herabsetzung des Streitwerts auf 30 Mio. EUR erstattete die Landesjustizkasse Ende März 2007 der Gesellschaft zuviel gezahlte Gerichtskosten i.H.v. 87.450 EUR, so dass die Gesellschaft noch mit rund 97.900 EUR belastet war. Mit Beschluss des OLG München vom 1.2.2008 wurde der Streitwert für das Berufungsverfahren auf 4 Mio. EUR festgesetzt und die Beschwerde der Gesellschaft gegen die Festsetzung des LG zurückgewiesen.

Ihren Antrag auf gerichtliche Bestell...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?