Leitsatz (amtlich)
Eine Bestimmung in der Satzung einer GmbH, wonach ein Umlaufverfahren möglich ist, wenn kein Gesellschafter dem Verfahren widerspricht, steht der Anwendung der Sondervorschrift des § 2 COVMG in der Zeit der COVID-19-Pandemie regelmäßig nicht entgegen.
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts München II vom 05.08.2021, Az. 2 HK O 174/21, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 30.11.2023.
Tatbestand
Der Kläger ist Minderheitsgesellschafter der beklagten GmbH. Die Satzung regelt in § 10 Nr. 5, dass ein Umlaufverfahren möglich ist, wenn kein Gesellschafter dem Verfahren widerspricht.
Ende 2020 führte die Geschäftsführung der Beklagten unter Hinweis auf § 2 COVMG ein Umlaufverfahren durch, bei dem über die Feststellung des Jahresabschlusses 2019 und die Verwendung des Bilanzergebnisses 2019 abgestimmt werden sollte. Der Kläger hatte der Durchführung des Umlaufverfahrens über seinen Rechtsanwalt widersprochen. Gleichwohl stellte die Geschäftsführung nach Ablauf der Abstimmungsfrist das Zustandekommen der Beschlüsse mit den Stimmen des Mehrheitsgesellschafters zu Protokoll fest.
Dagegen hat der Kläger fristgerecht Nichtigkeits- und Anfechtungsklage erhoben. Neben inhaltlichen Mängeln rügt er einen Verstoß gegen § 10 Nr. 5 der Satzung. Er meint, dass die Satzungsregelung der Bestimmung in § 2 COVMG vorgehe.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung.
Auf den Hinweisbeschluss des Senats gemäß § 522 Abs. 2 ZPO hin hat der Kläger die Berufung zurückgenommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Auf die Urteilsbegründung, der sich der Senat anschließt, wird Bezug genommen. Die dagegen gerichteten Rügen des Klägers greifen nicht durch.
Die von dem Kläger erhobene Nichtigkeits- und Anfechtungsklage gegen die im Protokoll vom 28.12.2020 festgestellten Beschlüsse zur Feststellung und Genehmigung des Jahresabschlusses 2019 (Klageanträge 1 und 2) sowie zum Vortrag des Jahresfehlbetrags (Klageanträge 3 und 4) ist zulässig, aber unbegründet:
1. Die Nichtigkeits- und Anfechtungsklage analog §§ 241 ff. AktG ist vorliegend die statthafte Klageart, da das mit der Klage angegriffene Beschlussergebnis förmlich festgehalten wurde (vgl. BGH NZG 2016, 552 Rn. 20). Letzteres ist u.a. der Fall, wenn sich die Beschlussfeststellung - wie hier - aus einem Protokoll ergibt, dem die Gesellschafter eine entsprechende (vorläufige) Nachweisfunktion zugedacht haben, indem sie in der Satzung - wie in § 10 Nr. 7 der Satzung der Beklagten (Anlage K3) - geregelt haben, dass an die Übersendung eben dieses Protokolls eine Frist für die Erhebung der Beschlussanfechtungsklage anknüpft (BGH NZG 2008, 317 Rn. 25 a.E.; MüKo-GmbHG/Drescher, 4. Aufl. 2023, § 47 Rn. 57).
2. Die Klage ist unbegründet, weil weder ein Nichtigkeitsgrund noch ein zur Anfechtung berechtigender Beschlussmangel vorliegt.
2.1. Die angegriffenen Beschlüsse sind nicht deshalb formell rechtswidrig und damit analog § 241 Nr. 1 AktG nichtig, weil sie im Umlaufverfahren gefasst wurden.
Grundsätzlich ist ein Beschluss entsprechend § 241 Nr. 1 AktG nichtig, wenn er in einem gesetzlich oder statutarisch nicht zugelassenen Abstimmungsverfahren gefasst wurde (BGH NJW 2006, 2044 Rn. 10).
Hier war die im Umlaufverfahren durchgeführte Beschlussfassung indes rechtmäßig. Zwar gestattet § 10 Nr. 2 der Satzung ein Umlaufverfahren nur, wenn kein Gesellschafter dem Verfahren widerspricht (Anlage K3). Vorliegend hat sich der Klägervertreter in seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt des Klägers mit Email vom 15.12.2020 der Fassung der streitgegenständlichen Beschlüsse im Umlaufverfahren widersetzt (Anlage K45). Ob dieser Widerspruch trotz Fehlens eines Nachweises einer Vollmacht gemäß § 9 Nr. 5 Satz 2 der Satzung wirksam ist, kann dahinstehen, da das Umlaufverfahren ausnahmsweise ungeachtet eines Widerspruchs des Klägers gemäß § 2 COVMG zulässig war.
2.1.1. Nach § 2 COVMG konnten in Hinblick auf die grassierende Corona-Pandemie abweichend von § 48 Abs. 2 GmbHG Beschlüsse in Textform oder durch schriftliche Abgabe der Stimmen auch ohne Einverständnis der Gesellschafter gefasst werden.
Die Norm galt im Zeitraum vom März 2020 bis 31.08.2022 (Bayer in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 21. Aufl. 2023, § 48 Rn. 32; Noack in: Noack/Servatius/Haas, GmbHG, 23. Aufl. 2022, Anh. § 48 Rn. 9) und also auch für die streitgegenständlichen Beschlüsse vom Dezember 2020.
Das Verfahren nach § 2 COVMG setzt entsprechend dem R...