Leitsatz (amtlich)
Ist einem Streitgenossen ohne Einschränkung Prozesskostenhilfe bewilligt und ein Rechtsanwalt beigeordnet worden, der auch weitere Streitgenossen vertritt, dann hat der beigeordnete Rechtsanwalt gegen die Staatskasse einen Vergütungsanspruch in Höhe der vollen Gebühren nach § 49 RVG, jedoch ohne den Zuschlag nach Nr. 1008 VV-RVG für die Vertretung der weiteren Streitgenossen (Bestätigung von OLG München NJW-RR 1997, 191).
Ist mit der Bewilligung der Prozesskostenhilfe für einen Streitgenossen auch Ratenzahlung gem. § 115 Abs. 2 ZPO angeordnet worden, dann ist der Vergütungsanspruch des beigeordneten Rechtsanwalts, der auch weitere Streitgenossen vertritt, ggü. der Staatskasse der Höhe nach begrenzt auf denjenigen Anteil der Regelvergütung (§ 13 RVG) einschließlich Mehrvertretungszuschlag, welcher der Beteiligung des bedürftigen Streitgenossen am Rechtsstreit entspricht.
Normenkette
RVG §§ 7, 48 Abs. 1 S. 1, §§ 49, 50 Abs. 1 S. 1; RVG-VV Nr. 1008
Verfahrensgang
LG Kempten (Beschluss vom 17.12.2008; Aktenzeichen 42 T 2390/08) |
AG Lindau (Bodensee) (Beschluss vom 24.10.2008; Aktenzeichen 5 C 0057/08) |
AG Lindau (Bodensee) (Beschluss vom 14.08.2008; Aktenzeichen 5 C 0057/08) |
Tenor
I. Unter Abänderung der Beschlüsse des LG Kempten vom 17.12.2008 und des AG Lindau vom 24.10.2008 und 14.8.2008 wird die an Rechtsanwalt ... aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung auf 406,38 EUR festgesetzt.
II. Im Übrigen werden die Beschwerden des beigeordneten Rechtsanwalts gegen die Beschlüsse des LG Kempten vom 17.12.2008 und des AG Lindau vom 24.10.2008 zurückgewiesen.
Gründe
I. Die Klägerin hat im vorliegenden Rechtsstreit eine Forderung von 3.748,80 EUR gegen die drei Beklagten als Gesamtschuldner geltend gemacht. Das AG hat mit Beschluss vom 19.3.2008 der Beklagten zu 2.) Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt ... bewilligt, der auch die Beklagten zu 1.) und 3.) vertreten hat. Mit der Bewilligung der Prozesskostenhilfe hat das AG zugleich angeordnet, dass die Beklagte zu 2.) monatliche Raten von 115 EUR an die Staatskasse zu bezahlen hat.
Die Parteien haben den Rechtsstreit durch Prozessvergleich vom 26.5.2008 beendet und dabei Kostenaufhebung vereinbart. Rechtsanwalt ... hat für die Vertretung der Beklagten zu 2.) ggü. der Staatskasse eine Vergütung von 922,25 EUR geltend gemacht (1,3 Verfahrensgebühr, 1,2 Terminsgebühr und 1,0 Einigungsgebühr sowie 20 EUR Auslagenpauschale und 19 % MwSt.).
Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des AG hat mit Beschluss vom 14.8.2008 die an Rechtsanwalt ... aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung auf 72,83 EUR festgesetzt, nämlich einen 0,3 Mehrvertretungszuschlag nach Nr. 1008 VV-RVG i.H.v. 61,20 EUR zzgl. 19 % MwSt. Die dagegen von dem beigeordneten Rechtsanwalt eingelegte Erinnerung hat das AG mit Beschluss vom 24.10.2008 zurückgewiesen. Auch die gegen diesen Beschluss von dem beigeordneten Rechtsanwalt eingelegte Beschwerde ist mit Beschluss des LG vom 17.12.2008 zurückgewiesen worden. Dagegen hat Rechtsanwalt ... - die in dem angefochtenen Beschluss der Zivilkammer zugelassene - weitere Beschwerde eingelegt, mit der er wiederum die Festsetzung weiterer Anwaltsgebühren i.H.v. 849,42 EUR gegen die Staatskasse beantragt. Zur Begründung wird ausgeführt, der Beschluss des LG vom 17.12.2008 beruhe auf einer rechtsfehlerhaften Anwendung des § 7 Abs. 2 RVG; wegen der Einzelheiten wird auf die Beschwerdeschrift vom 7.1.2009 Bezug genommen.
II.1. Die weitere Beschwerde des beigeordneten Rechtsanwalts gegen den Beschluss des LG vom 17.12.2008 ist statthaft und zulässig.
Das LG hat in dem angefochtenen Beschluss die weitere Beschwerde gem. §§ 33 Abs. 6, 56 Abs. 2 Satz 1 RVG zugelassen. Die Zulassung ist für den Senat bindend (§ 33 Abs. 4 Satz 4, Abs. 6 Satz 4 RVG). Das Rechtsmittel ist auch form- und fristgerecht eingelegt und ordnungsgemäß begründet worden (§ 33 Abs. 3 Satz 3, Abs. 6 RVG).
2. Die weitere Beschwerde ist teilweise auch begründet.
a) Das LG hat - in Übereinstimmung mit dem Vertreter der Staatskasse - in den Gründen des angefochtenen Beschlusses unter Bezugnahme auf den BGH (NJW 1993, 1715) ausgeführt, dass in dem hier vorliegenden Fall, in dem nur einem von mehreren Streitgenossen Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, der gemeinsame Rechtsanwalt aus der Staatskasse als Vergütung nur "die 3/10 Erhöhungsgebühr gem. § 7 Abs. 2 RVG" erhalte, weil nach dem Sinn der §§ 114 ff. ZPO die mittellose Partei für ihre Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung staatliche Hilfe nur in Anspruch nehmen könne, soweit sie aus finanziellen Gründen zur Prozessführung außerstande sei. Wenn mehrere Streitgenossen, von denen nur einem Prozesskostenhilfe bewilligt wurde, denselben Prozessbevollmächtigten beauftragt haben, lägen diese Voraussetzungen nur hinsichtlich der Mehrkosten vor, die dadurch entstehen, dass der Prozessbevollmächtigte mehrere Auftraggeber vertritt.
Die von dem LG vertretene Auffassung wird -jeweils im Anschluss an den BGH (NJW 1993, 1715) - auch von dem OLG Ko...