Leitsatz (amtlich)
Löschung einer altrechtlichen Dienstbarkeit von Amts wegen, deren Berechtigter nicht bezeichnet ist (hier: Anerkenntnis, keine Wirtschaft oder ein lärmendes oder übelriechendes oder durch Rauch belästigendes oder feuergefährliches Gewerbe auf dem Grundstück zu betreiben oder Dampfmaschinen-, Gasmotoren- oder ähnliche Anlagen zu errichten).
Normenkette
BGB §§ 874, 1018, 1090; GBO § 53 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
AG Augsburg (Beschluss vom 21.08.2013; Aktenzeichen Blatt 44809-6) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Beteiligten wird der Beschluss des AG Augsburg - Grundbuchamt - vom 21.8.2013 aufgehoben und das Grundbuchamt angewiesen, das ins Grundbuch des AG Augsburg von Augsburg Bl. 44809 in Abt. II Nr. 1 eingetragene Recht (Anerkenntnis, keine Wirtschaft oder ein lärmendes oder übelriechendes oder durch Rauch belästigendes oder feuergefährliches Gewerbe auf dem Grundstück zu betreiben oder Dampfmaschinen-, Gasmotoren- oder ähnliche Anlagen zu errichten) von Amts wegen zu löschen.
Gründe
I. Der Beteiligte ist Eigentümer eines bebauten Grundstücks.
In Abt. II lfd. Nr. 1 des Grundbuchs ist - nach Umschreibung - eine Belastung mit folgendem Wortlaut eingetragen:
Der Besitzer hat für sich und seine Rechtsnachfolger anerkannt, dass auf dem Grundstück weder eine Wirtschaft noch ein lärmendes oder übelriechendes oder durch Rauch belästigendes oder feuergefährliches Gewerbe betrieben, noch auch eine Dampfmaschinen-, Gasmotoren- oder ähnliche Anlage errichtet werden darf, lt. Urk. des Not, ... vom 10.5.1900 - RNr. 582 - und 04.02.1901 - RNr. 105 - eingetragen am 28.10.1901 und umgeschrieben am 11.04.1996.
Das ursprüngliche Grundbuchblatt oder sonstige Unterlagen zu diesem Recht, wie etwa die Bewilligung, sind weder beim Grundbuchamt noch beim Notariatsnachfolger noch im Staatsarchiv vorhanden.
Im April 2013 erkundigte sich der Beteiligte telefonisch beim Grundbuchamt, wie das eingetragene Recht gelöscht werden könne. Auf Nachfrage des Grundbuchamts teilte er mit Schreiben vom 13.8.2013 mit, dass er an der Löschung des Rechts weiterhin interessiert sei.
Das Grundbuchamt hat daraufhin mit Beschluss vom 21.8.2013 eine Amtslöschung abgelehnt. Soweit für die Zurückweisung erheblich, hat es ausgeführt, auch wenn das Recht nach In-Kraft-Treten des BGB eingetragen sei, handele es sich noch um eine altrechtliche Dienstbarkeit, da im Bezirk des AG A. Grundbücher erst später für angelegt erklärt wurden. Da die Grundlagenurkunden nicht auffindbar seien, könne nicht ausgeschlossen werden, dass sich aus diesen der Berechtigte ergebe. Möglicherweise habe es nach der früheren Gesetzeslage auch einer ausdrücklichen Verlautbarung des Berechtigten in der Eintragung nicht bedurft. Somit stehe die inhaltliche Unzulässigkeit der Eintragung im Sinne von § 53 GBO nicht fest.
Gegen diesen Beschluss wendet sich die Beschwerde des Beteiligten vom 22.8.2013. Zumindest bei Umschreibung im Jahr 1956 bzw. 1996 sei eine unzulässige Eintragung entstanden, da die Belastung zu diesen Zeitpunkten nur jeweils unter Angabe eines Berechtigten hätte eingetragen werden dürfen.
Das Grundbuchamt hat nicht abgeholfen. Der Senat hat der (Stadt-) Gemeinde, in deren Gebiet das Grundstück liegt, als möglicher Betroffener Gelegenheit gegeben, zur Löschung Stellung zu nehmen. Diese hat mitgeteilt, dass weder im Liegenschaftsamt noch im städtischen Archiv Urkunden dazu vorhanden seien.
II. Die Beschwerde gegen die Ablehnung der Amtslöschung ist zulässig (§ 71 Abs. 1, § 73 GBO). Der Beteiligte ist als Eigentümer des von der - nach seiner Ansicht unzulässigen - Eintragung betroffenen Grundstücks beschwerdeberechtigt (Hügel/Kramer GBO 2. Aufl. § 71 Rn. 213). Im Ergebnis ist das Rechtsmittel auch begründet.
1. Nach § 53 Abs. 1 Satz 2 GBO ist eine Eintragung von Amts wegen zu löschen, wenn sie sich nach ihrem Inhalt als unzulässig erweist. Dem Inhalt nach unzulässig ist eine Eintragung unter anderem dann, wenn das eingetragene Recht überhaupt nicht eintragungsfähig ist oder die Eintragung ein eintragungsfähiges Recht nicht mit dem gesetzlich allein zulässigen Inhalt wiedergibt, insbesondere den Berechtigten nicht ersehen lässt (Demharter GBO 29. Aufl. § 53 Rn. 42 ff.).
2. Zwar sind auch Eintragungen im Grundbuch auslegungsfähig. Zur Auslegung sind aber neben dem Eintragungsvermerk nur offenkundige Tatsachen und die zulässigerweise in Bezug genommenen Urkunden heranzuziehen (vgl. BGH NJW 1985, 385; NJW 2000, 3206; Demharter § 53 Rn. 4 m.w.N.). Daraus ergibt sich:
a) Trotz des Wortlauts ("hat anerkannt") wollte der Eigentümer des Grundstücks nicht nur ein Anerkenntnis im Sinne einer schuldrechtlichen Verpflichtung für sich und seine Rechtsnachfolger begründen, das Grundstück nicht in der bezeichneten Weise zu benutzen, beabsichtigt war erkennbar eine dingliche Belastung. Dafür spricht, dass das "Anerkenntnis" unbegrenzt für die Zukunft, nämlich für (beliebig viele) Rechtsnachfolger gelten sollte, ferner die Tatsache, dass das Recht im Grundbuch eingetragen worden ist. Seiner ...