Entscheidungsstichwort (Thema)
Beantragung eines Beurkundungsverfahrens beim Notar
Leitsatz (amtlich)
1. Es besteht eine Vermutung, dass derjenige, der im eigenen Interesse beim Notar ein Beurkundungsverfahren beantragt, den Notar zu dieser Amtshandlung im Sinne des § 29 Nr. 1 GNotKG jedenfalls auch in eigenem Namen beauftragt; ein Beteiligter, der beim Notar nicht ausdrücklich erklärt, er wolle den Notar nur in fremdem Namen zu einer Beurkundung beauftragen, ist damit auf Grund der Vermutung Kostenschuldner im Sinne des § 29 Nr. 1 GNotKG, wenn er ein eigenes Interesse an der Beurkundung hat oder seine Erklärungen beurkundet werden sollen.
2. § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB ist im Verfahren nach § 127 GNotKG entsprechend anzuwenden (Palandt/Ellenberger BGB 78. Aufl. § 204 Rn. 54; vgl. zur Vorgängervorschrift BayObLG Beschluss vom 02.04.1992 - 1 Z 197/91 = BayObLGZ 1992, 72/75 ff.; OLG Düsseldorf Beschluss vom 22.01.2004 - 10 W 107/03 = NJW-RR 2005, 509/511; Kammergericht Beschluss vom 18.10.1994 - 1 W 1771/94 = DNotZ 1995, 788).
Normenkette
BGB § 204 Abs. 1 Nr. 1, § 205; GNotKG § 6 Abs. 1 S. 3, §§ 10, 29 Nr. 1, § 32 Abs. 1, § 129 Abs. 2, § 130 Abs. 3; RVG § 23 Abs. 1, § 33 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Augsburg (Beschluss vom 24.05.2017; Aktenzeichen 042 T 4463/15) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Landgerichts Augsburg vom 24.05.2017, Az. 042 T 4463/15, aufgehoben.
2. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen die Kostenrechnung des Notars vom 04.08.2015 (Kostenreg. Nr. ...) in der Fassung vom 12.03.2018 wird zurückgewiesen. Die Kostenrechnung bleibt daher aufrechterhalten.
3. Die Antragstellerin trägt die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.
4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Antragstellerin wendet sich gegen die Kostenrechnung des Antragsgegners vom 04.08.2015 (Kostenreg. Nr. ...) in der Fassung vom 12.03.2018 in Höhe von 1.049,88 EUR, die dieser für ein vorzeitig beendetes Beurkundungsverfahren hinsichtlich eines Ehevertrags mit Scheidungsvereinbarung und Pflichtteilsverzicht stellte, mit der Begründung, sie habe den Notar nicht in eigenem Namen, sondern Namens des Ehemanns beauftragt. Ferner erhebt sie die Einrede der Verjährung und beanstandet die Gebührenhöhe. Der Notar erstellte in diesem Verfahren einen Entwurf, den er der Antragstellerin am 26.02.2014 übersandte.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die oben genannte Kostenrechnung und den Beschluss des Landgerichts vom 24.05.2017 Bezug genommen.
Auf den Antrag vom 22.12.2015 hat das Landgericht mit Beschluss vom 24.05.2017 die Kostenrechnung aufgehoben. Gegen diesen am 13.06.2017 zugestellten Beschluss legte der Antragsgegner am 12.07.2017 formgerecht Beschwerde ein, mit der er die Aufhebung des landgerichtlichen Beschlusses begehrt. Wegen der Einzelheiten des Beschwerdevorbringens wird auf den Beschwerdeschriftsatz vom 11.07.2017 und die Stellungnahmen vom 14.03.2018, 25.09.2019 und 24.10.2019 verwiesen.
II. Die zulässige Beschwerde ist begründet; sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und Aufrechterhaltung der Notarkostenrechnung.
1. Die Antragstellerin ist als Mitauftraggeberin des Beurkundungsverfahrens auch Kostenschuldnerin des Notars (§ 29 Nr. 1 GNotKG). Mehrere Kostenschuldner haften als Gesamtschuldner (§ 32 Abs. 1 GNotKG).
Zwar ist bei einem Beurkundungsverfahren noch nicht Kostenschuldner nach § 29 Nr. 1 GNotKG, wer dem Notar zu erkennen gibt, dass (auch) in seinem Interesse eine Beurkundung vorgenommen werden soll. Es besteht jedoch eine Vermutung, dass derjenige, der im eigenen Interesse beim Notar ein Beurkundungsverfahren beantragt, den Notar zu dieser Amtshandlung im Sinne des § 29 Nr. 1 GNotKG jedenfalls auch in eigenem Namen beauftragt. Ein Beteiligter, der beim Notar nicht ausdrücklich erklärt, er wolle den Notar nur in fremdem Namen zu einer Beurkundung beauftragen, ist damit auf Grund der Vermutung Kostenschuldner im Sinne des § 29 Nr. 1 GNotKG, wenn er ein eigenes Interesse an der Beurkundung hat oder seine Erklärungen beurkundet werden sollen, denn der Notar kann vom objektiven Empfängerhorizont davon ausgehen, dass auch dieser Beteiligte den Beurkundungsauftrag erteilen wolle. In der Antragsschrift vom 22.12.2015 wird zwar behauptet, die Antragstellerin habe die Zeugin ... ausdrücklich darauf hingewiesen, "dass eine Trennungsvereinbarung ausschließlich im Auftrag von Herrn ... entworfen und beurkundet werden sollte", doch hat gerade dies das Landgericht nach Anhörung der Antragstellerin und Vernehmung der Zeugin ... nicht festgestellt. Wenngleich das Landgericht leider die Erklärungen und Aussagen der Antragstellerin nicht wörtlich protokolliert hat, ergibt sich aus den Gründen der Entscheidung (S. 3 u. 4), dass die Antragstellerin zwar gesagt habe, sie handle im Auftrag ihres Mannes und dieser werde auch die Kosten tragen, sie sei sich aber nicht sicher, ob auch ausdrücklich gesagt wo...