Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Sittenwidrigkeit eines Unterhaltsvertrages

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein Ehevertrag, in dem unter anderem geregelt ist, dass der Unterhaltsanspruch der Ehefrau dann entfällt, wenn sie eine eheähnliche Beziehung aufnimmt, ist teilweise nichtig nach § 138 Abs. 1 BGB, weil die Ehefrau durch diese vertragliche Regelung schlechter gestellt wird als nach der gesetzlichen Härteregelung des § 1579 BGB. Die Teilnichtigkeit ergreift nach § 139 BGB den gesamten Vertrag.

 

Normenkette

BGB §§ 138, 1578, 139, 1408

 

Verfahrensgang

AG Rosenheim (Urteil vom 03.11.2004; Aktenzeichen 4 F 2099/03)

 

Tenor

I. Das Endurteil des AG-FamG vom 3.11.2004 wird in Ziff. 2 und 3 aufgehoben.

II. Es wird festgestellt, dass die Antragsgegnerin gegen den Antragsteller einen Anspruch auf nachehelichen Ehegattenunterhalt hat und dass der Versorgungsausgleich durchzuführen ist.

III. Das Verfahren wird zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an das AG Rosenheim zurückverwiesen. Das FamG hat auch über die Kosten der Berufung zu entscheiden.

IV. Das Endurteil ist vorläufig vollstreckbar.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen, § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.

Zusätzlich trägt die Antragsgegnerin vor, dass bei Vertragsschluss eine Zwangslage vorgelegen habe, weil sie am 24.2.1997 bereits mit dem Sohn ... schwanger gewesen sei.

Die vertragliche Regelung habe sie unparitätisch benachteiligt, weil der Antragssteller ein Vermögen im Wert von 5 Mio. EUR gehabt habe und sie vermögenslos gewesen sei.

Beide hätten sie bei Vertragsschluss keine nennenswerten Anwartschaften in der gesetzlichen Altersversicherung gehabt.

Da sie sich der Kindererziehung habe widmen sollen, könne die Lebensversicherung, aus der sie nach 30 Ehejahren 100.000 DM erhalten sollte, für sich gesehen, keinen wirklichen Ausgleich für die ehebedingte, infolge der Kindererziehung, fehlende Altersvorsorge darstellen. Dazu bestand für den Antragssteller eine Einzahlungspflicht für die monatlichen Prämien nur bis zur Trennung. Durch die Betreuung der Kinder sei sie aber nach wie vor gehindert, für ihr Alter adäquat vorzusorgen. Weiter sei sie übervorteilt, weil sie nach dem 4. Grundschuljahr des jüngsten Sohnes nur noch 50 % des Betreuungsunterhalts und nach dem 16. Lebensjahr dieses Kindes keinen Betreuungsunterhalt mehr erhalten solle, gleich wie die konkreten Verhältnisse seien.

Dazu sollte der Anspruch auf Unterhalt ganz wegfallen, wenn sie eine eheähnliche Beziehung aufnähme.

Ab dem 1.2.2004 würde sie im Betrieb ihres Bruders monatlich 95 EUR hinzu verdienen. Auf der anderen Seite habe der Antragssteller nicht wie sie auf Unterhalt verzichtet. Sie sei auch weiter übervorteilt, weil die vertragliche Grundlage, dass der Antragssteiler bei Vertragsschluss ein monatliches Einkommen von 8.000 DM gehabt habe, zu niedrig angesetzt sei und deshalb und deshalb ein unzureichender Unterhaltsmaßstab angesetzt worden sei.

Wäre sie in der Ehezeit von 3/1997-11/03 nicht durch die Betreuung der Kinder gehindert gewesen zu arbeiten, dann hätte sie sich für ihre Altersvorsorge 53338,50 EUR erwirtschaften können.

Sie habe einen Ehegattenunterhaltsanspruch auch nicht verwirkt, weil sie mit ihrem jetzigen Lebensgefährten erst seit Januar 2005 eheähnlich zusammenlebe.

Die Antragsgegnerin beantragt, die Entscheidung zum Versorgungsausgleich und zum Ehegattenunterhalt aufzuheben und das Verfahren zur erneuten Verhandlung an das FamG ... zurück zu verweisen.

Der Antragssteller beantragt, die Berufung zurück zu weisen.

Er bestreitet eine ungleiche Behandlung der Antragsgegnerin durch den Vertrag. Eine Zwangslage habe nicht bestanden, weil ihm die Schwangerschaft nicht bekannt gewesen sei.

Bei Durchführung des Versorgungsausgleichs hätte die Antragsgegnerin an ihn etwas ausgleichen müssen.

Sein Vermögen sei nicht so hoch, wie von der Antragsgegnerin behauptet. Sie selbst sei nicht vermögenslos, weil sie von ihren Eltern 200.000 DM erhalten werde.

Während der Ehe habe sie im Geschäft ihres Bruders gearbeitet und monatlich 800 EUR verdient.

Die vertragliche Gestaltung des Betreuungsunterhalts entspreche den Vorgaben durch die Rechtsprechung.

Für die Betreuung der Kinder habe sie durch den Vertrag einen Ausgleich erhalten. Die Antragsgegnerin habe ihren Anspruch auf Betreuungsunterhalt verwirkt, weil sie seit Dezember 2003 mit ihrem derzeitigen Lebensgefährten eheähnlich zusammenlebe.

Wegen der Einzelheiten wird auf die zum Verfahren eingereichten Schriftsätze und die Sitzungsniederschriften vom 20.4.2005 und 9.11.2005 Bezug genommen.

II. Es ist antragsgemäß im schriftlichen Verfahren zu entscheiden, § 128 Abs. 2 ZPO.

Auf die zulässige Berufung ist das Endurteil vom 3.11.2004 aufzuheben und zur weiteren Verhandlung und Entscheidung zurück zu verweisen, § 538 Abs. 1 Nr. 4 ZPO.

Das FamG hat, aus seiner Sicht folgerichtig, die Durchführung des Versorgungsausgleich und die Stufenklage abgewiesen. Da, wie nachfolgend ausgeführt wird, d...

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