Leitsatz (amtlich)

1. Ein vereinfachter Bezugsrechtsausschluss gem. § 186 Abs. 3 S. 4 AktG ist im Falle der Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen nach § 221 AktG zulässig, sofern die Beteiligungs- und Wertbestandsinteressen der Altaktionäre im Einzelfall hinreichend gewahrt werden.

2. Die spezifische Benachteiligung, die sich bei einem vereinfachten Bezugsrechtsausschluss nach §§ 186 Abs. 3 S. 4, 221 Abs. 4 AktG für die Altaktionäre aus der Vorenthaltung der mit dem Bezugsrecht verknüpften Wandlungsoption ergibt, ist von diesen nach geltendem Recht hinzunehmen.

 

Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 06.10.2005; Aktenzeichen 5 HKO 15445/05)

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des LG München I vom 6.10.2005 wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus diesem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um die Wirksamkeit eines Hauptversammlungsbeschlusses der Beklagten.

Am 5.7.2005 fand eine ordentliche Hauptversammlung der Beklagten statt, an der die Klägerin als Aktionärin teilnahm. Zu Punkt 7 der Tagesordnung dieser Hauptversammlung wurde mit einer Mehrheit von 98,74 % des vertretenen Grundkapitals der folgende - auszugsweise wiedergegebene - Beschluss gefasst:

"a) Der Vorstand wird ermächtigt, bis zum 4.7.2010 mit Zustimmung des Aufsichtsrats einmalig oder mehrmals auf den Inhaber oder auf den Namen lautende Wandelschuldverschreibungen und/oder Optionsschuldverschreibungen (bzw. Kombinationen dieser Instrumente) (zusammen "Schuldverschreibungen") mit oder ohne Laufzeitbegrenzung im Gesamtnennbetrag von bis zu 100.000.000 EUR zu begeben und den Inhabern bzw. Gläubigern von Schuldverschreibungen Wandlungs- bzw. Optionsrechte auf den Inhaber lautenden Stückaktien der Gesellschaft mit einem anteiligen Betrag des Grundkapitals von insgesamt bis zu 15.000.000 EUR nach näherer Maßgabe der Wandel- bzw. Optionsanleihebedingungen zu gewähren. Die Ausgabe der Schuldverschreibungen kann auch gegen Erbringung einer Sachleistung zum Zweck des Erwerbs von Unternehmen, Beteiligungen an Unternehmen oder Unternehmungsteilen erfolgen. (...)

Im Falle der Ausgabe von Optionsschuldverschreibungen werden jeder Teilschuldverschreibung ein oder mehrere Optionsscheine beigefügt, die den Inhaber berechtigen, nach Maßgabe der vom Vorstand festzulegenden Optionsbedingungen auf den Inhaber lautende Stückaktien der Gesellschaft zu beziehen. Der anteilige Betrag am Grundkapital der je Teilschuldverschreibung zu beziehenden Stückaktien der Gesellschaft darf den Nennbetrag der Teilschuldverschreibung nicht überschreiten. Die Laufzeit des Optionsrechts darf die Laufzeit der Optionsschuldverschreibung nicht überschreiten. Das Umtauschverhältnis kann auf ein Optionsverhältnis mit voller Zahl gerundet werden. Im Übrigen kann vorgesehen werden, dass Spitzen zusammengelegt und/oder in Geld ausgeglichen werden.

Im Falle der Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen erhalten die Inhaber der Teilschuldverschreibungen das Recht, ihre Teilschuldverschreibungen nach näherer Maßgabe der vom Vorstand festzulegenden Wandelanleihebedingungen in auf den Inhaber lautende Stückaktien der Gesellschaft umzutauschen. Das Umtauschverhältnis ergibt sich aus der Division des Nennbetrags einer Teilschuldverschreibung durch den festgesetzten Wandlungspreis für eine auf den Inhaber lautende Stückaktie der Gesellschaft. Das Umtauschverhältnis kann sich auch durch Division des unter dem Nennbetrag liegenden Ausgabebetrages einer Teilschuldverschreibung durch den festgesetzten Wandlungspreis für eine neue, auf den Inhaber lautende Stückaktie der Gesellschaft ergeben. Das Umtauschverhältnis kann auf ein Wandlungsverhältnis mit voller Zahl gerundet werden; ferner kann ggf. eine in bar zu leistende Zuzahlung festgesetzt werden. Im Übrigen kann vorgesehen werden, dass Spitzen zusammengelegt und/oder in Geld ausgeglichen werden. Der anteilige Betrag am Grundkapital der bei Wandlung auszugebenden Aktien darf den Nennbetrag der Teilschuldverschreibung nicht übersteigen. Die Wandelanleihebedingungen können auch eine Wandlungspflicht zum Ende der Laufzeit (oder zu einem früheren Zeitpunkt) vorsehen. (...)

Der jeweils festzusetzende Wandlungs- bzw. Optionspreis für auf den Inhaber lautende Stückaktien der Gesellschaft wird in Euro festgelegt und muss - auch bei einem variablen Umtauschverhältnis bzw. einem variablen Wandlungs- bzw. Optionspreis - entweder mindestens achtzig vom Hundert des Mittelwerts der Kurse der Aktie der Gesellschaft in der Schlussauktion im XETRA-Handel (oder einem entsprechenden Nachfolgesystem) an den zehn Börsenhandelstagen vor dem Tag der Beschlussfassung durch den Vorstand über die Begebung der Wandel- oder Optio...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge