Entscheidungsstichwort (Thema)
Warnschild "Schleudergefahr" vor 90-Grad-Kurve kein ausreichender Hinweis bei aufgestreutem Bitumensand; kein Anlass für vorausschauenden, vorsichtigen Motorradfahrer, Geschwindigkeit auf Schrittgeschwindigkeit zu drosseln
Normenkette
BGB § 823
Verfahrensgang
LG Landshut (Urteil vom 11.11.2009) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des LG Landshut vom 11.11.2009 wie folgt abgeändert:
1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.751,50 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag von. 2.606,94 EUR seit dem 5.8.2008 und aus einem Betrag von 144,56 EUR seit 2.10.2009, sowie außergerichtliche Rechtsanwaltskosten i.H.v. 316,18 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 5.8.2008 zu bezahlen.
2. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger ein Schmerzensgeld von 350 EUR zu bezahlen.
3. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, 70 % sämtlicher künftiger Schäden aus dem Unfallereignis vom 26.6.2008 dem Kläger zu ersetzen.
II. Im Übrigen werden die Berufung des Klägers und die Anschlussberufung des Beklagten zurückgewiesen.
III. Von den Kosten der ersten Instanz tragen der Kläger 40 % und der Beklagte 60 %. Die Kosten der Berufungsinstanz werden gegeneinander aufgehoben.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt Schadensersatz und Schmerzensgeld aufgrund eines Verkehrsunfalls am 26.6.2008 auf der Staatsstraße 2045 im Bereich der Ortschaft E.
Der Kläger kam mit seinem Motorrad in einer 90-Grad-Rechtskurve auf dort befindlichem Bitumensand zu Sturz, als er wegrutschte. Den Bitumensand hatte die Straßenmeisterei L. in der Kurve aufgestreut.
Das LG hat der Klage i.H.v. 1.347,21 EUR nebst Zinsen und außergerichtlichen Kosten stattgegeben, den Beklagen zur Zahlung eines Schmerzensgeldes von 200 EUR verurteilt sowie eine 30-prozentige Haftung des Beklagten für künftige Schäden aus dem Unfallereignis vom 26.6.2008 festgestellt. Das LG hat einen Verstoß des Beklagten gegen die Verkehrssicherungspflicht bejaht, da vor der Kurve kein Warnschild mit dem Zusatz "Rollsplitt" vorhanden gewesen sei. Da der Kläger jedoch auf ein Warnschild "Schleudergefahr" nicht angemessen reagiert habe, treffe den Kläger ein Mitverschulden von 70 %. Bei der Schadensberechnung sah das LG hinsichtlich der Motorradschutzkleidung von einem Abzug "Neu für Alt" ab.
Ergänzend wird auf das landgerichtliche Urteil Bezug genommen (§ 540 ZPO).
Mit der Berufung wendet sich der Kläger gegen die Annahme eines 70-prozentigen Mitverschuldens.
Er beantragt in der Berufungsinstanz,
1. Unter Abänderung des am 11.11.2009 verkündeten Urteils des LG Landshut, Az. 54 O 740/09 wird der Beklagte verurteilt, an den Kläger weitere EUR 3.184,51 nebst weiteren Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 5.8.2008 zu zahlen. Der Beklagte wird weiterhin verurteilt, an den Kläger weitere außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten i.H.v. EUR 129,95 zzgl. Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 5.8.2008 zu bezahlen.
2. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen.
3. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, sämtliche zukünftigen Schäden aus dem Unfallereignis vom 26.6.2008 dem Kläger zu ersetzen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers zurückzuweisen und im Wege der Anschlussberufung das Endurteil des LG Landshut vom 11.11.2009 - 54 O 740/09 wird mit folgender Maßgabe aufrechterhalten,
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.165,19 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 5.8.2008 sowie 155,30 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 5.8.2008 zu bezahlen.
Der Beklagte bestreitet seine 30-prozentige Haftung dem Grunde nach nicht mehr, er wendet sich jedoch gegen den unterlassenen Abzug "Neu für Alt".
Der Kläger beantragt, Zurückweisung der Anschlussberufung.
Entscheidungsgründe
Streitig sind im Berufungsverfahren nur noch zwei Punkte, nämlich die Frage des Mitverschuldens des Klägers und der Abzug "Neu für Alt" für die Motorradbekleidung. Dass das Warnschild "Schleudergefahr" vor der Kurve mit dem aufgestreuten Bitumensand unzureichend war und es geboten gewesen wäre, Verkehrsteilnehmer durch einen Zusatzhinweis ("Rollsplitt" o. Ä.) vor der in der Kurve befindlichen besonderen Gefahrensituation zu warnen, steht außer Zweifel.
1. Der Senat beurteilt den Verschuldensanteil des Beklagten am streitgegenständlichen Unfall mit 70 % und den Mitverschuldensanteil des Klägers mit 30 %.
Bei der Gewichtung der wechselseitigen Verschuldensbeiträge ist auf Seiten des Klägers die Betriebsgefahr des Motorrades zu berücksichtigen. Auch geht der Senat in Übereinstimmung mit dem LG davon aus, dass zum Unfallzeitpunkt vor der Kurve ein Schild "Schleudergefahr" stand, was zu erhöhter Vorsicht mahnt. Der Kläger selbst hat ...