Entscheidungsstichwort (Thema)
Forderung. Vermächtnis
Leitsatz (redaktionell)
Zum Vermächtnis bei qualifiziertem Zuwendungswillen.
Normenkette
BGB §§ 2147, 2169-2170
Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 18.12.1995; Aktenzeichen 33 O 14838/95) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des Landgerichts München I vom 18.12.1995 aufgehoben.
II. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger DM 97.780,76 nebst 4% Zinsen hieraus seit dem 20.08.1995 zu bezahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
III. Die weitergehende Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
IV. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits – beider Rechtszüge.
V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von DM 116.500,– abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
VI. Die Beschwer der Beklagten wird auf DM 97.780,76 festgesetzt.
Tatbestand
Der Kläger macht gegen die Beklagte Ansprüche geltend, weil die … (im folgenden …), Leistungen aus einer von der verstorbenen … abgeschlossenen Lebensversicherung unter anderem an die Beklagte ausbezahlt hat, die nach Auffassung des Klägers ihm zustehen.
Der Kläger lebte – nach eigenen Angaben – ab 1988 in einem eheähnlichen Verhältnis mit … wobei er ab September 1991 … betreute.
Diese hatte bei der … eine Lebensversicherung abgeschlossen. In dem Versicherungsvertrag, dem die allgemeinen Versicherungsbedingungen der Kapitalversicherung auf den Todesfall (ALB) zugrunde lagen, waren als Bezugsberechtigte im Falle des Todes der Versicherungsnehmerin ihre „gesetzlichen Erben” bestimmt.
In Kenntnis des Umstandes, daß sie bald sterben würde, errichtete … am 12.02.1992 ein Testament, in welchem es auszugsweise heißt:
„Als Vermächtnisse sind nach Bedienung aller eventueller Schulden, Bestattungskosten usw. zu erfüllen:
…: Bargeld, Girokonto … der … noch laufende Versicherung … bei …. Mein Eigentum in …”
Mit Schreiben vom 23.02.1992 kündigte … den oben genannten Lebensversicherungsvertrag zum nächstmöglichen Zeitpunkt und bat um Auszahlung des Rückkaufswertes auf ihr Girokonto. Diese Kündigung wäre erst zum 01.04.1992 wirksam geworden.
Am 22.02.1992 hatte sie dem Kläger bereits Bankvollmacht für ihr Girokonto bei der … erteilt.
Am 26.03.1992 verstarb …
Falls ein Testament nicht vorhanden gewesen wäre, wären … und die Beklagte gesetzliche Erben geworden.
Tatsächlich wurden aufgrund Testaments … und … Vorerben, sowie die Beklagte Nacherbin.
Am 29.04.1992 verstarb … Somit trat hinsichtlich des Nachlasses der … die Nacherbfolge ein, Erbe der … wurde …
Die … überwies zunächst in Unkenntnis des Todes ihrer Versicherungsnehmerin den Rückkaufswert der Lebensversicherung, DM 85.006,89, auf das von der Versicherungsnehmerin angegebene Girokonto, über welches der Kläger Verfügungsmacht erlangt hatte. Die Gutschrift erfolgte am 09.04.1992.
Am 29.06.1993 erteilte das Amtsgericht Hanau auf Antrag von … einen gemeinschaftlichen Erbschein der auszugsweise wie folgt lautet:
„Gemeinschaftlicher Erbschein
… geboren am … in … zuletzt wohnhaft gewesen in … ist am … in …, Stadtteil … gestorben und beerbt worden von:
1.
Frau …, geb. … geb. am …, gest. …
als Vorerbin
seit dem am 29.04.1992 eingetretenen Tod der zu a) genannten Vorerbin von
…
als Nacherbin
2. …
als Vorerben.
Nacherbin bei dessen Tod ist die zu 1 b) genannte
…
Die Anordnung der Nacherbschaft bezieht sich nicht auf den beweglichen Nachlaß, welcher den Vorerben als Vorausvermächtnis zugewendet ist”.
Nachdem die … davon Kenntnis erlangt hatte, daß … noch während des Laufs des Lebensversicherungsvertrages verstorben ist, erklärte sie gegenüber … und der Beklagten gemäß § 35 b WG die Aufrechnung mit je der Hälfte des oben genannten, bereits ausbezahlten Betrages von DM 85.006,89, also mit je DM 42.503/44 und zahlte an die beiden oben genannten je weitere DM 96.390,78 aus. Am 07.11.1994 zahlte die … an die Beklagte weitere 1.389,98 aus.
Die Summe dieser beiden Beträge, nämlich DM 97.780,76 – die Klageforderung – mahnte der Kläger gegenüber der Beklagten mit Schreiben vom 18.11.1994 bis 30.11.1994 zur Zahlung an.
Der Kläger behauptet, die Zuwendung des Vermächtnisses durch die Erblasserin sei deshalb erfolgt, weil er deren zahnärztliche Praxis während ihrer Krankheit intensiv betreut und dadurch erhebliche Schulden abgebaut habe.
Für die Bezugsberechtigung der Beklagten aus der Lebensversicherung sei die Geschäftsgrundlage entfallen; eine Vertragsanpassung führe zu einer Bezugsberechtigung des Klägers.
Zudem sei in dem Vermächtnis im Testament nach § 332 BGB ein Widerruf des Bezugsrechtes zu sehen.
Zumindest bestehe ein Anspruch aus Untervermächtnis gemäß den §§ 2147, 2174 BGB, da in der Begünstigung eines Dritten in einer Lebensversicherung ein Vermächtnis zu sehen sei, welches mit einem Untervermächtnis belastet werden könne.
Der Kläger beantragte:
„Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger DM 97.780,76 nebst 4% Zinsen seit dem 01.12.1994 zu bezahlen”.
Die Beklagte beantragte,
die Klage ab...