Leitsatz (amtlich)
1. Verzichtet eine nicht erwerbstätige und ein Kleinkind betreuende Mutter in einer notariellen Urkunde auf Unterhaltsansprüche mit Ausnahme des Betreuungsunterhaltes, so ist entspr. den Grundsätzen der Entscheidung BVerfG v. 6.2.2001 – 1 BvR 12/92, MDR 2001, 392 = FamRZ 2001, 343 der gesamte Unterhaltsverzicht nichtig.
2. Selbst wenn bei einem Verzicht auf VA der Abschluss einer Lebensversicherung als Gegenleistung vereinbart wird, ist dieser Verzicht zumindest dann nichtig, sofern wertmäßig die Lebensversicherung weit hinter dem Wert der auszugleichenden Versorgungsanwartschaften bleibt.
3. Wird in einer solchen Urkunde unter Ausschluss von Ausgleichsansprüchen zusätzlich Gütertrennung vereinbart, so ist auch diese Regelung sittenwidrig. Auf § 139 BGB kann sich der Begünstigte einer solchen Urkunde nicht berufen.
Normenkette
BGB §§ 138-139
Verfahrensgang
AG Augsburg (Urteil vom 04.12.2001; Aktenzeichen 402 F 970/00) |
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung der Antragsgegnerin wird das Endurteil des AG Augsburg vom 4.12.2001 in Nr. 3 abgeändert und in Nr. 4 und 5 aufgehoben.
1.a) Der Antragsteller wird verurteilt, der Antragsgegnerin ab Rechtskraft der Scheidung monatlich im Voraus 2.897 Euro Elementarunterhalt und 952 Euro Vorsorgeunterhalt zu zahlen.
b) Die weiter gehende Berufung wegen Unterhalts wird zurückgewiesen.
c) Das Unterhaltsurteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Antragsteller kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 125 % des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Antragsgegnerin vorher jeweils in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
2.a) Der Antragsteller wird verurteilt, der Antragsgegnerin über den Bestand seines Endvermögens zum Stichtag 15.4.2000 durch Vorlage einer geordneten Aufstellung Auskunft zu erteilen.
b) Im Übrigen wird die Sache an das AG Augsburg zurückverwiesen.
c) Das Urteil ist wegen des Auskunftsausspruchs vorläufig vollstreckbar.
Der Antragsteller kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung von 1.000 Euro abwenden, wenn die Antragsgegnerin vorher nicht Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
II. Die Anschlussberufung des Antragstellers wird zurückgewiesen.
III. Die Revision zum BGH wird zugelassen.
Tatbestand
I. Der am 8.2.1948 geborene Antragsteller und die am 4.1.1955 geborene Antragsgegnerin haben am 22.11.1985 vor dem Standesbeamten in H. die Ehe geschlossen. Aus der Ehe sind die Kinder M., geboren 24.3.1986, und V., geboren 21.5.1989, hervorgegangen. Die Parteien besitzen die gemeinsame elterliche Sorge. Die Kinder haben ihren gewöhnlichen Aufenthalt bei der Antragsgegnerin gem. dem übereinstimmenden Willen beider Parteien. Der Antragsteller zahlt für beide Kinder an die Antragsgegnerin Unterhalt nach der höchsten Stufe der Düsseldorfer Tabelle.
Die Ehe ist mit Urteil des AG Augsburg vom 4.12.2001 im vorliegenden Verfahren geschieden worden. Im Urteil ist festgestellt, dass ein Versorgungsausgleich nicht stattfindet. Es ist wegen der Scheidung und wegen des Versorgungsausgleichs nicht angefochten worden. Die Parteien streiten im Berufungsverfahren darüber, ob der Antragsgegnerin gesetzliche Ansprüche auf Unterhalt und Zugewinnausgleich zustehen oder ob diese wirksam abbedungen sind.
II. 1. Am 17.2.1988 errichteten die Parteien einen notariellen Ehevertrag. Beide Parteien verzichteten gegenseitig auf nachehelichen Unterhalt, mit Ausnahme des Unterhaltsanspruchs der Antragsgegnerin wegen Kindesbetreuung. Sie schlossen den gesetzlichen Güterstand für die Zukunft aus und vereinbarten Gütertrennung. Die Parteien erklärten, dass ein Zugewinn bisher nicht entstanden sei. Rein vorsorglich verzichteten sie gegenseitig auf etwaige bestehende Zugewinnausgleichsansprüche. Den Versorgungsausgleich schlossen die Parteien aus. Den Verzicht auf den Versorgungsausgleich der Antragsgegnerin knüpften sie an die Bedingung, dass der Antragsteller, beginnend spätestens ab Juni 1988, für die Antragsgegnerin eine private Kapitallebensversicherung mit einer Versicherungssumme i.H.v. 80.000 DM auf den Zeitpunkt der Vollendung ihres 60. Lebensjahres mit Rentenwahlrecht abschließe und die Beiträge hierauf während des Bestehens der Ehe laufend zahle. Im Falle der Scheidung der Ehe sollte der Antragsteller der Antragsgegnerin den dreifachen Jahresbetrag zu dieser Versicherung in einer Summe als Abfindung zahlen. Weitere Zahlungen sollte er dann nicht mehr schulden.
2. Am 27.4.1988 wurde für die Antragsgegnerin eine Kapitallebensversicherung bei der Provinzial Leben über eine Summe von 80.000 DM abgeschlossen. Der Antragsteller leistete darauf Zahlungen. In der mündlichen Verhandlung vom 13.11.2001 vor dem AG verpflichtete sich der Antragsteller, die Raten der Kapitallebensversicherung bei der Provinzial Leben fortlaufend bis zum Ablauf des Vertrages am 1.5.2015 zu zahlen.
3. Mit Schreiben vom 11.4.1995 erklärte die Antragsgegnerin die Anfechtung des Ehevertrags wegen Irrtums und Täuschung. Der Vertrag sei wegen...