Verfahrensgang

LG München I (Entscheidung vom 11.10.2010; Aktenzeichen 9 O 6063/06)

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 11.10.2010 wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Dieses Urteil und das Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, sofern die Beklagten nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin nimmt die Beklagten aus Arzthaftung in Anspruch.

Bei der am 7.6.1941 geborenen Klägerin wurde am 26.7.1994 ein suspekter Befund der Schilddrüse festgestellt. Am 6.8.1994 suchte die Klägerin daraufhin die Klinik der Beklagten zu 1) zu einer Erstvorstellung auf. Am 5.10.1994 wurde die Klägerin dort stationär aufgenommen und am 6.10.1994 vom Beklagten zu 3) wegen eines malignen Schilddrüsentumors operiert. Eine zusätzliche vorsorgliche Entfernung der zentralen Lymphknoten erfolgte nicht.

Am 15.2.2001 ergab eine ambulante Untersuchung den dringenden Verdacht auf ein Rezidiv. Dieses wurde am 19.3.2001 in der Klinik der Beklagten zu 1) vom Zeugen Dr. P. entfernt. Dabei kam es zu einer Schädigung des Stimmbandnervs.

Die Klägerin hat im ersten Rechtszug vorgebracht, dass ihre Erkrankung im Jahr 1994 im Hause der Beklagten zu 1) fehlinterpretiert worden sei. Es hätte schon zeitnah zur Erstvorstellung und nicht erst mit einer Verspätung von etwa sechs Wochen operiert werden müssen. Es wäre in Anbetracht des Schilddrüsenkarzinoms mit ungünstiger Prognose, an dem die Klägerin erkrankt war, erforderlich gewesen, bei der Operation vom 6.10.1994 auch die zentralen Lymphknoten mit zu entfernen.

Bei der Operation vom 19.3.2001 sei behandlungsfehlerhaft der Nervus recurrens nicht dargestellt und infolge dessen beschädigt worden.

Die Klägerin macht Schmerzensgeld, einen Haushaltsführungsschaden und Verdienstausfall sowie Gutachterkosten geltend.

Die Klägerin hat im ersten Rechtszug beantragt:

1. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an die Klägerin ein angemessenes, der Höhe nach in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld, mindestens jedoch 66.500 Euro, nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 1.2.2003 zu bezahlen.

2. Die Beklagten werden außerdem gesamtschuldnerisch verurteilt, an die Klägerin 134.724 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 1.2.2003 zu bezahlen.

3. Es wird festgestellt, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, der Klägerin jeglichen weiteren, ihr aus der streitgegenständlichen ärztlichen Falschbehandlung noch entstehenden immateriellen und materiellen Schaden zu ersetzen, sofern entsprechende Ersatzansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder andere Dritte übergehen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie haben geltend gemacht, dass die zeitliche Verzögerung zwischen Erstdiagnose und Erstoperation im Jahr 1994 auf das Verhalten der Klägerin zurückzuführen, jedenfalls aber ohne Bedeutung für den weiteren Krankheitsverlauf gewesen sei. Es sei im Jahr 1994 weder in den Leitlinien vorgesehen noch ärztliche Praxis gewesen, vorsorglich ohne konkreten Befund die zentralen Lymphknoten mit zu entfernen. Unabhängig davon sei ein kausaler Zusammenhang zwischen dem Verbleib der Lymphknoten und dem weiteren Krankheitsverlauf nicht gegeben.

Die Nervschädigung anlässlich der Operation vom 19.3.2001 sei schicksalhaft eingetreten.

Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Erholung zweier schriftlicher chirurgischer Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. K. Am 11.10.2010 hat das Landgericht den Sachverständigen Prof. Dr. K. angehört.

Mit Urteil vom 11.10.2010, der Klägerin zugestellt am 18.11.2010, auf das wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird, hat das Landgericht München I die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die am 11.12.2010 eingegangene Berufung der Klägerin, die die Klägerin nach Fristverlängerung am 14.2.2011 begründet hat.

Die Klägerin bringt vor, dass die zeitliche Verzögerung von sechs Wochen entgegen der Einschätzung des Landgerichts, da es sich nicht um einen langsam wachsenden Tumor gehandelt habe, für das Krankheitsgeschehen durchaus von Belang gewesen sei.

Es sei auch daran festzuhalten, dass die Entfernung der zentralen Lymphknoten bereits 1994 ärztlichem Standard entsprochen habe.

Es wäre auch erforderlich gewesen, den in der Sonografie des Klinikums G. erkennbaren Schilddrüsenrest nachträglich operativ zu entfernen.

Insgesamt sei die Klägerin 1994 bei der Beklagten zu 1) grob fehlerhaft behandelt worden.

Bei der Operation vom 19.3.2001 sei behandlungsfehlerhaft der Stimmbandnerv verletzt worden. Es sei davon auszugehen, dass keinerlei Maßnahmen zu dessen Schonung erfolgt seien. Der Operateur Dr. P. hätte zu seinem operativen Vorgehen vom Landgericht als Zeuge vern...

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