Normenkette

ZPO §§ 141, 286

 

Verfahrensgang

LG München I (Aktenzeichen 9 O 16554/98)

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG München I vom 30.5.2001 wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

1. Die Klägerin nimmt die Beklagte aus behaupteter fehlerhafter ärztlicher Behandlung und Verletzung der ärztlichen Aufklärungspflicht auf Schmerzensgeld, Schadensersatz und Feststellung in Anspruch.

Bei einer am 8.8.1996 erfolgten Untersuchung der am 9.5.1940 geborenen Klägerin durch den auf Schilddrüsenerkrankungen spezialisierten Nuklearmediziner Dr. K. zeigten sich in beiden Schilddrüsenlappen der Klägerin knotige Veränderungen. Herr Dr. K. riet der Klägerin deshalb dazu, mittelfristig eine beidseitige Strumaresektion anzustreben (Anlage K1).

Am 2.7.1997 begab sich die Klägerin schließlich in das Krankenhaus der Beklagten. Dort führte die Ärztin Dr. W. ein Aufklärungsgespräch mit der Klägerin, die an diesem Tag auch einen Perimed-Aufklärungsbogen zur Strumektomie und Strumaresektion unterzeichnete (Anlage B1).

Am 3.7.1997 wurde die Klägerin von Ärzten der Beklagten an der Schilddrüse operiert. Das mit gutartigen Wucherungen stark knotig durchsetzte Schilddrüsengewebe wurde dabei bis auf einen kleinen verbliebenen Rest fast vollständig entfernt.

Im Anschluss daran wurde die medikamentöse Behandlung der Klägerin mit einem Schilddrüsenpräparat eingeleitet.

Nach dem Eingriff litt die Klägerin an Übelkeit. Zudem traten bei ihr Depressionen – wie auch schon vor dem Eingriff – auf.

2. a) Die Klägerin hat in erster Instanz vorgetragen, der Eingriff sei nicht indiziert gewesen und habe nicht den Regeln der ärztlichen Kunst entsprochen.

Es hätten vor allem erheblich größere Teile des nicht knotig durchsetzten Gewebes ebenso erhalten bleiben können wie knotig durchsetztes Gewebe, weil bei der Klägerin keine bösartigen Knoten vorgelegen hätten. Stattdessen sei es zu einer vollständigen Entfernung der Schilddrüse gekommen.

b) Überdies sei die Klägerin nicht ordnungsgemäß aufgeklärt worden. Über die Möglichkeit, das genaue Ausmaß der Resektion erst während des Eingriffs feststellen zu können, sei ebenso wenig gesprochen worden wie darüber, dass selbst bei Gutartigkeit die ganze Schilddrüse entfernt werden könnte. Eine Totalresektion der Schilddrüse habe vielmehr ausdrücklich nur bei einer Krebserkrankung erfolgen sollen. Auch über die Folgen dieser Maßnahme, wozu in erster Linie die dann erforderliche, möglicherweise lebenslange Einnahme von Schilddrüsenhormonen zähle, habe man die Klägerin pflichtwidrig im Unklaren gelassen. Wäre die Klägerin ordnungsgemäß aufgeklärt worden, hätte sie angesichts der Tatsache, danach mit einem Schilddrüsenhormonpräparat weiterleben zu müssen, der Operation nicht zugestimmt.

c) Die Übelkeit sowie die im Vergleich zu den früheren von ihr erlittenen nach der Operation nunmehr sehr viel schwerwiegenderen Depressionen hätten ihre Ursache in dem Eingriff durch die Ärzte der Beklagten. Aufgrund dieser operationsbedingten Folgen könne die Klägerin ein Schmerzensgeld i.H.v. 30.000 DM beanspruchen.

Auch drohe der Klägerin der Eintritt eines materiellen Schadens. Für diesen noch nicht im Einzelnen bezifferbaren Schaden müsste die Beklagte ebenfalls aufkommen.

Die Klägerin hat in erster Instanz beantragt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld zu bezahlen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den der Klägerin aus der fehlerhaften Operation vom 3.7.1997 entstandenen materiellen Schaden zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Kostenträger übergehen.

3. Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

a) Die Operation sei sowohl indiziert gewesen als auch lege artis vorgenommen worden. Angesichts des Umstandes, dass sich das Schilddrüsengewebe auf beiden Schilddrüsenseiten bei der Operation völlig durchsetzt von Knoten gezeigt habe, hätten die Ärzte jeweils lediglich einen kleinen Rest der Schilddrüse erhalten können. Das Zurücklassen von Knoten verbiete sich. Auch die Einleitung der Behandlung mit einem Schilddrüsenhormonpräparat sei indiziert und damit kunstgerecht gewesen.

b) Vor der Operation sei die Klägerin auch ausführlich und umfassend aufgeklärt worden. Insbesondere sei sie in dem Aufklärungsgespräch darauf hingewiesen worden, dass das endgültige Ausmaß der Resektion erst während der Operation festgelegt werden könne. Ebenso sei die Möglichkeit der Entfernung der gesamten Schilddrüse besprochen worden und auf die Notwendigkeit hingewiesen worden, künftig ggf. Schilddrüsenhormone einnehmen zu müssen.

c) Die Beschwerden der Klägerin seien schließlich auch nicht auf die Operation oder Nachbehandlung zurückzuführen.

4. Das LG hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugin Dr. W. sowie durch die Einholung von Gutachten und Ergänzungsgut...

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