Entscheidungsstichwort (Thema)
Auskunftserteilung, Richtlinienkonforme Auslegung, Feststellungsinteresse, Vorläufige Vollstreckbarkeit, Kostenentscheidung, Unerlaubte Handlung, Schiedsstellenverfahren, Vergütungsanspruch, Feststellungsantrag, Billigkeitserwägungen, Auskunftsanspruch, Umfassende Auskunftspflicht, Verwertungsgesellschaften, Nutzungsüberlassung, Angemessene Vergütung, Digitale Dienstleistungen, Planwidrige Regelungslücke, Klageantrag, Cloud-Anbieter, Vergütungspflichten
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin macht gegen die Beklagte urheberrechtliche Auskunfts- und Vergütungsansprüche für den Zeitraum vom 01.01.2019 bis 31.12.2021 nach den §§ 54 ff. UrhG wegen der Überlassung von Clouds im Wege des Cloud-Computings geltend.
Die Klägerin ist ein Zusammenschluss deutscher Verwertungsgesellschaften, die Ansprüche aus § 54 Abs. 1 UrhG wegen der Vervielfältigung von Audiowerken und audiovisuellen Werken herleiten können, wobei die Klägerin nach § 4 Ziffer 3 des Gesellschaftsvertrags die ihr übertragenen Rechte im eigenen Namen wahrnimmt.
Die Verwertungsgesellschaft W. (VG W.) und die Verwertungsgesellschaft B.-K. (VG B.-K.) traten am 15.09./20.09./26.10.2022 ihre Ansprüche aus den §§ 54 ff. UrhG für Vervielfältigungen von stehendem Text und stehendem Bild aus den Zeiträumen 01.01.2008 bis 30.06.2022 an die Klägerin ab (Anlage K 6).
Bei der Beklagten handelt es sich um eine Gesellschaft in Form einer P. U. Company, die ihren Sitz in Irland hat. Auf den Company P. des Companies Registration Office vom 06.12.2022 wird Bezug genommen (Anlage K2). Die Beklagte ist eine irische Tochtergesellschaft von D., Inc. Sie tritt als Vertragspartnerin für private und geschäftliche Nutzer der D.-Dienste in Deutschland auf.
D. ist ein Cloud-Arbeitsbereich, der sich an Privatpersonen, Unternehmen und Organisationen richtet und der es seinen Nutzern ermöglicht, Dateien zu speichern und freizugeben, an Projekten zusammenzuarbeiten und die für die Arbeit verwendeten Inhalte und Tools miteinander zu verbinden. Zu den Diensten von D. gehören Dateihosting, Kommunikation, Freigabe, Suche, Bildminiaturen, Dokumentenvorschau, optische Zeichenerkennung (OCR), einfache Sortierung und Organisation sowie Personalisierung.
Für die Bereitstellung dieser Dienste verwendet D. eine hybride Cloud-Infrastruktur, die Server und andere Hardware umfasst. D. bietet seinen Nutzern jedoch keinen physischen Zugang zu dieser Infrastruktur. Stattdessen haben die Nutzer lediglich Zugriff auf die D.-Website oder die D.-App, über die sie ihre Inhalte oder andere Funktionen abrufen. Einige Dienste von D. gestatten das Herunterladen von Client-Software.
Die Klägerin forderte den Branchenverband der deutschen Informations- und Telekommunikationsbranche (B.KOM e.V.) zu Verhandlungen auf, die auf den Abschluss eines Gesamtvertrags zur Regelung der urheberrechtlichen Vergütungspflicht von Clouds gerichtet sind. Zum Abschluss eines Gesamtvertrags kam es indes nicht, nachdem der B.KOM e.V. Gesamtvertragsverhandlungen mit Schreiben vom 22.10.2022 (Anlage K4) abgelehnt hatte.
Die Klägerin hat am 27.09.2022 bei der Schiedsstelle des Deutschen Patent - und Markenamts (DPMA) gemäß §§ 93, 112 ff. VGG einen Antrag auf Durchführung einer empirischen Untersuchung zur Ermittlung der Nutzung von Clouds gestellt (Sch-UrhG 11/22). Zu diesem Antrag hat die Schiedsstelle mit Beschluss vom 24.10.2023 darauf hingewiesen, dass der Antrag als unstatthaft zurückzuweisen sein wird. Eine Endentscheidung der Schiedsstelle liegt bislang nicht vor.
Ein Tarif für die Vergütung von Cloud-Diensten wurde bislang nicht veröffentlicht.
Die Klägerin forderte die Beklagte mit Schreiben vom 28.09.2022 zur Auskunftserteilung im Hinblick auf die streitgegenständlichen Clouds auf. Mit Schreiben vom 09.11.2022 teilte die Beklagte mit, dass die geltend gemachten Ansprüche schon dem Grunde nach nicht bestünden. (Anlage K1).
Die Klägerin meint, es bestehe ein Feststellungsinteresse wegen drohender Verjährung und wegen fehlender Bezifferbarkeit des Zahlungsanspruchs.
Sie ist der Auffassung, dass die Beklagte zur Auskunft über ihre Clouddienste und zur Vergütung nach den §§ 54 ff UrhG verpflichtet sei. Sie behauptet, dass die streitgegenständlichen Clouds im streitgegenständlichen Zeitraum von den Nutzern der Cloud-Dienste zur Herstellung von Privatkopien urheberrechtlich geschützter Werke genutzt wurden. Die von der Beklagten betriebene Cloud sei aus technischen Gründen und aus funktionaler Nutzersicht als "Speichermedium" und als "Gerät" i.S.d. § 54 UrhG zu qualifizieren.
Die von der Beklagten zugänglich gemachte Cloud-Infrastruktur, bestehend aus Hard- und Software, sei ein Konglomerat aus Speichermedium, Gerät und Software. Gleichwohl umfasse jede Cloud des streitgegenständlichen Ty...