Entscheidungsstichwort (Thema)

Berufung, Kaufpreis, Annahmeverzug, Fahrzeug, Vergleich, Herausgabe, Revision, Betrug, Zahlung, Kaufpreiszahlung, Anspruch, Kostenentscheidung, Aufwendungen, Vertrag, Zulassung der Revision, Bemessung des Streitwerts, Zahlung des Kaufpreises

 

Verfahrensgang

LG Landshut (Urteil vom 26.06.2019; Aktenzeichen 23 O 3967/18)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Landshut vom 26.06.2019, Az. 23 O 3967/18, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 21.528,48 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 02.03.2019 zu bezahlen, Zug um Zug gegen Rückgabe und Übereignung des Fahrzeuges VW Tiguan mit der Fahrzeugidentifizierungsnummer ...27.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

III. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger 52%, die Beklagte 48%.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 37.168,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Klagepartei verlangt von der Beklagten Schadensersatz wegen des Erwerbs eines Pkw, in den ein von der Beklagten hergestellter Motor der Baureihe "EA 189" eingebaut ist. Der Kläger hat das streitgegenständliche Fahrzeug 2014 neu zum Preis von 30.000 Euro gekauft (vgl. K 1). Der Listenpreis ohne den eingeräumten Rabatt hätte 37.168,00 Euro betragen.

Wegen des Sachverhalts im Einzelnen wird auf das landgerichtliche Urteil verwiesen.

Im Berufungsverfahren verfolgt die Klagepartei die in erster Instanz gestellten Anträge weiter. Sie beantragt, die Beklagte zur Zahlung von 37.168,00 Euro nebst Zinsen seit Kaufpreiszahlung zu verurteilen, Zug um Zug gegen Rückgabe und Übereignung des streitgegenständlichen Fahrzeugs. Ferner verlangt sie Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 1.613,16 Euro und Feststellung des Annahmeverzugs. Auf die Berufungsbegründung vom 26.08.2019 (Bl. 7 d.A.) und den Schriftsatz vom 24.04.2020 (Bl. 18 d.A.) wird Bezug genommen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Kilometerstand zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat beträgt 70.596 km. Auf das Protokoll vom 02.12.2020 wird verwiesen.

II. Die Berufung der Klagepartei ist zulässig und zum Teil begründet.

1. Die Beklagte haftet der Klagepartei aus vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gem. §§ 826, 31 BGB (vgl. BGH, Urteil vom 25. Mai 2020 - VI ZR 252/19).

Die Beklagte hat gem. §§ 249 ff. BGB der Klagepartei sämtliche aus der sittenwidrigen Schädigung resultierenden Schäden zu ersetzen.

Der Ersatzanspruch richtet sich bei § 826 BGB auf das negative Interesse. Wenn wie hier der Geschädigte durch Täuschung eines Dritten zum Abschluss eines Vertrags veranlasst wurde, steht ihm im Rahmen der Naturalrestitution gem. § 249 Abs. 1 BGB ein Anspruch auf Rückgängigmachung der Folgen des Vertrags zu, das heißt Ausgleich der für den Vertrag getätigten Aufwendungen durch den Schädiger gegen Herausgabe des aus dem Vertrag Erlangten.

Die Klagepartei kann daher den von ihr aufgewendeten Kaufpreis Zug um Zug gegen Herausgabe und Übereignung des erlangten Fahrzeugs an die Beklagte zurückverlangen. Sie muss sich allerdings im Wege des Vorteilsausgleichs die von ihr gezogenen Nutzungen anrechnen lassen (vgl. BGH, aaO, juris Rn. 64-77).

Die zeitanteilige lineare Wertminderung ist im Vergleich zwischen tatsächlichem Gebrauch und voraussichtlicher Gesamtnutzungsdauer, ausgehend vom Bruttokaufpreis im Wege der Schätzung gemäß § 287 ZPO zu ermitteln (BGH, Urteil vom 17.05.1995, VIII ZR 70/97, NJW 1995, 2159, 2161). Dabei ist Anknüpfungspunkt der gezahlte Bruttokaufpreis, der den Nutzungswert des Fahrzeugs verkörpert. Dieser betrug 30.000 Euro (vgl. K 1). Die im Einzelfall unter gewöhnlichen Umständen zu erzielende Gesamtfahrlaufleistung stellt den Gesamtgebrauchswert dar. Der Senat schätzt gemäß § 287 ZPO die Gesamtlaufleistung auf 250.000 Kilometer. Die gefahrenen Kilometer belaufen sich auf 70.596 km. Dies ergibt eine zu berücksichtigende Nutzungsentschädigung von 8.471,52 Euro. Damit verbleibt ein ersatzfähiger Betrag von 21.528,48 Euro.

2. Der Klagepartei steht ein Anspruch auf Verzinsung des Kaufpreises abzüglich der Nutzungsentschädigung seit Rechtshängigkeit (§ 291 BGB) zu. Die Zustellung der Klage ist am 01.03.2019 erfolgt, so dass Zinsen ab 02.03.2019 zu bezahlen sind. Darüber hinaus bestehen keine Ansprüche auf Zinsen.

a. Zinsen nach §§ 849, 246 BGB in Höhe von 4% jährlich ab Zahlung des Kaufpreises kann die Klagepartei nicht verlangen, da sie den bezahlten Kaufpreis nicht ersatzlos weggegeben hat, sondern ihr im Gegenzug Eigentum und Besitz an dem streitgegenständlichen Fahrzeug e...

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