Entscheidungsstichwort (Thema)
Leistungen, Kaufvertrag, Verwertungsgesellschaft, Erstattung, Anspruch, Leistung, Erstattungsanspruch, Bindungswirkung, Zahlung, Klage, Bereicherungsanspruch, Vertrag, Zeitpunkt, Haftung, Kosten des Rechtsstreits, unangemessene Benachteiligung, Vertrag zugunsten Dritter
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags.
Tatbestand
Die Klagepartei nimmt als Händlerin die Beklagte als Verwertungsgesellschaft auf Erstattung gezahlter urheberrechtlicher Vergütungen i.S.v. § 54 Abs. 1 UrhG für das Jahr 2016 in Anspruch.
Die Klagepartei ist einerseits selbst Herstellerin von Reprografiegeräten und andererseits Händlerin derartiger Geräte anderer Hersteller. Sie vertreibt auch im Ausland unter anderem Drucker und Multifunktionsgeräte, die sie beim Hersteller ... ankauft. Die Klagepartei und ... sind jeweils Gesamtvertragsmitglied des "Gesamtvertrag[s] zur Regelung der urheberrechtlichen Vergütungspflicht gemäß § 54 ff. UrhG" (im Folgenden: Gesamtvertrag) zwischen dem Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V. (BITKOM) und der Beklagten sowie der Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst vom 10.12.2008; auf die Anlage K1 wird Bezug genommen. ... weist auf seinen Rechnungen an die Klagepartei die jeweils anfallenden Urheberrechtsvergütungen aus und führt diese an die Beklagte über die von dieser beauftragten Inkassostelle ab. Die Klagepartei zahlte so im Jahr 2016 Urheberrechtsvergütungen an ... für Geräte, die sie noch im Jahr 2016 ins Ausland exportierte. Mit Schreiben vom 23.11.2020 forderte die Klagepartei die Beklagte zur Erstattung von bereits entrichteten Urheberrechtsvergütungen i.H. eines Restbetrages von 347.940,00 EUR unter Fristsetzung bis zum 15.12.2020 auf wegen des Exports von im Jahr 2016 von ihr erworbener und exportierter Tintenstrahl-Multifunktionsgeräte des Herstellers ..., nachdem insoweit seitens der Beklagten im Jahr 2020 bereits ein Teilbetrag in Höhe von 215.076,00 EUR gezahlt worden war (Anlage K2). Mit Mail vom 24.11.2020 kündigte die Klagepartei die Übermittlung weiterer Unterlagen zu der geltend gemachten Restforderung an (Anlage B4), welche die Beklagte am 25.11.2020 erreichten. Mit weiterem Schreiben vom 29.12.2020 (Anlagen K3 mit K5) forderte die Klagepartei erneut die Zahlung unter Aufschlüsselung der entrichteten Urheberrechtsvergütungen, der betroffenen Geräte einschließlich jeweils von Zeitraum und Ort des Exports. Die Beklagte berief sich bereits vorgerichtlich wiederholt (Mail vom 22.07.2019, Anlage B5, Mail vom 04.09.2020, Anlage B3, sowie Mail vom 20.01.2021, Anlage K4) auf Verjährung und wiederholte dies u.a. mit Schriftsatz vom 02.11.2021.
Die Klagepartei meint, es stünde ihr ein Erstattungsanspruch zu nach § 4 Abs. 2 S. 2 des Gesamtvertrags bzw. nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB (bzw. § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 BGB). Ansprüche seien nicht verjährt. Voraussetzung des Entstehens der vertraglichen wie bereicherungsrechtlichen Erstattungsansprüche und damit des Verjährungsbeginns sei es, dass die Beklagte die Urheberrechtsvergütungen vereinnahmt habe. Da die Fälligkeit der Urheberrechtsvergütungen zu Sachverhalten aus dem Jahr 2016 nach § 7 Abs. 1 und 2 des Gesamtvertrages erst im Jahr 2017 eingetreten sei, könne auch die tatsächliche Vereinnahmung der Urheberrechtsvergütungen durch die Beklagte erst im Jahr 2017 erfolgt sein. Dabei seien eventuelle Abschlagszahlungen im Jahr 2016 gem. § 7 Abs. 3 des Gesamtvertrags außer Acht zu lassen, da es sich um Abschlagszahlungen mit eigenem Rechtsgrund und nicht um Teilleistungen auf die Vergütungsansprüche handele.
Die Klagepartei beantragt,
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 347.940,00 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.11.2020 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Meinung, der Klagepartei stünden keine vertraglichen Erstattungsansprüche nach § 4 Abs. 2 S. 2 des Gesamtvertrags zu. Diese Bestimmung modifiziere lediglich bereicherungsrechtliche Erstattungsansprüche zugunsten der Klagepartei. Hinsichtlich des Verjährungsbeginns eines Kondiktionsanspruchs sei allerdings allein der Zeitpunkt des Exports maßgeblich. Hilfsweise sei zu berücksichtigen, dass eine Fälligkeit teilweise auch schon im Jahr 2016 eingetreten sein könne und dass im Jahr 2016 seitens ... Abschlagszahlungen geleistet worden seien, die als Tilgung der Vergütungsansprüche für alle bis zum 31.08.2016 exportierten Geräte (Teil der Klageforderung i.H.v. 286.320,00 EUR) zu bewerten seien.
Wegen "Erstattungsansprüchen Druckerabgaben 2016 Restforderung gem. Schreiben vom 29.12.2020" i.H.v. 347.940,00 EUR ging am 30.12.2020 beim Amtsgericht Hagen - Mahnabteilung - Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids ein. Dieser wurde unter dem 05.01.2021 erlassen und der Beklagten...