Leitsatz (amtlich)
Eine Wohnungseigentümergemeinschaft kann durch einen Eigentümerbeschluss selbst beauftragt und bevollmächtigt werden, Unterlassungsansprüche der Eigentümer ggü. Dritten zu verfolgen. Wenn die Eigentümergemeinschaft selbständiger Rechtsträger sein kann, spricht nichts dagegen, sie auch mit der Durchsetzung von Ansprüchen einer großen Mehrheit der Wohnungseigentümer in Verfahrensstandschaft zu betrauen.
Normenkette
WoEigG §§ 10, 27 Abs. 2 Nr. 3; BGB § 1004
Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 27.03.2009; Aktenzeichen 23 O 14899/08) |
Tenor
I. Die Berufung des Beklagten gegen das Endurteil des LG München I vom 27.3.2009 wird zurückgewiesen.
II. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 100.000 EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin - eine Wohnungseigentümergemeinschaft - verlangt vom Beklagten - Pächter des Cafes "Endlos" in der Sondereigentumseinheit Nr. 21 - die Unterlassung von Betriebszeiten über 20.00 Uhr.
Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Ersturteil wird Bezug genommen (§ 540 I 1 ZPO).
Die Klägerin hat in erster Instanz in Ziff. 1 beantragt, den Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR und für den Fall, dass dies nicht beigetrieben werden kann, bei Meidung einer Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten zu unterlassen, in der im Aufteilungsplan mit Nr. 21 bezeichneten Ladeneinheit im Anwesen S. straße 4 in M. ein Restaurant oder ein Café oder eine Bar/Restaurant jeweils mit Öffnungszeiten über 20:00 Uhr zu unterhalten oder unterhalten zu lassen. Das Erstgericht hat der Klage insoweit vollumfänglich stattgegeben. Dagegen hat der Beklagte Berufung eingelegt. Die Klägerin hat nach Hinweis des Senats in der Sitzung vom 3.8.2009 die Klage hinsichtlich Ziff. 2 ihres Klageantrags zurückgenommen. Der Beklagtenvertreter hat der Klagerücknahme zugestimmt.
Der Beklagte hat in der Berufungsinstanz beantragt:
Das am 27.3.2009 verkündete Urteil des LG München I zu Geschäftszeichen 23 O 14899/08 wird abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Ergänzend wird auf die Sitzungsniederschrift vom 3.8.2009 und die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II. Die gem. §§ 511 ff. ZPO zulässige Berufung des Beklagten bleibt in der Sache ohne Erfolg, dass das LG München I der Klage zu Recht stattgegeben hat. Auf die zutreffenden Ausführungen des Ersturteils wird zur Vermeidung von Wiederholungen vollinhaltlich Bezug genommen. Ergänzend ist lediglich Folgendes auszuführen:
1. Die WEG, vertreten durch ihren Verwalter, ist aktivlegitimiert. Dabei braucht nicht entschieden zu werden, ob die Eigentümergemeinschaft selbst einen Unterlassungsanspruch nach § 1004 BGB geltend machen und durch ihr dazu ermächtigtes Organ, den Verwalter, auch gerichtlich durchsetzen kann. Der maßgebliche Eigentümerbeschluss vom 11.6.2007 ist nach seinem objektiven Inhalt sowie nach Wortlaut und Sinn, wie er sich für einen unbefangenen Betrachter ergibt (BGHZ 139, 288, 292) jedenfalls dahin auszulegen, dass die Gemeinschaft selbst beauftragt und bevollmächtigt werden sollte, die Individualansprüche der Eigentümer gem. § 27 II Nr. 3 WEG, § 1004 BGB in Verfahrensstandschaft zu verfolgen. Wenn die Eigentümergemeinschaft selbständiger Rechtsträger sein kann (BGH NJW 2005, 2061), spricht nichts dagegen, sie auch mit der Durchsetzung von Ansprüchen einer großen Mehrheit der Wohnungseigentümer in Verfahrensstandschaft zu betrauen (OLG München NJW-RR 2006, 592-594). Gerade bei Unterlassungsansprüchen ggü. Störern, die eine Wohnanlage in ihrer Gesamtheit und sämtliche Eigentümer objektiv gleichermaßen betreffen, kommt dies in Frage. Der Eigentümerbeschluss vom 11.6.2007 ist insoweit eindeutig als Ermächtigung auszulegen, dass die Eigentümer die Durchsetzung ihrer Rechte dem Verband überlassen wollten.
Der Eigentümerbeschluss ermächtigt dabei gerade auch zur gerichtlichen Geltendmachung der behaupteten Ansprüche. Insoweit wird vollumfänglich auf die Begründung des Erstgerichts verwiesen, die sich der Senat zu Eigen macht.
Der Eigentümerbeschluss erfasst darüber hinaus auch den konkret geltend gemachten Unterlassungsanspruch, der nicht darauf zielt, die Nutzung der Sondereigentumseinheit Nr. 21 als Cafe insgesamt zu untersagen, sondern die Öffnung des Cafes nach 20:00 Uhr zu unterlassen. Dieses qualifizierte Minus zu einer vollumfänglichen Nutzungsuntersagung wird durch den streitgegenständlichen Eigentümerbeschluss gedeckt. Dieser spricht nach seinem Wortlaut zwar von einem "Anspruch auf eine der Zweckbestimmung in der Gemeinschaftsordnung entsprechenden Nutzung". Gerade im Hinblick auf den folgenden Satz, dass zunächst ein einschlägig tätiger Rechtsanwalt mit der Prüfung etwa...