Entscheidungsstichwort (Thema)

Haftung einer Treuhandgesellschaft für den Zeichnungsschaden bei mangelhafter Aufklärung

 

Leitsatz (amtlich)

Beteiligt sich ein Anleger über eine Treuhänderin mittelbar als Kommanditist an einer Fondsgesellschaft, trifft die Treuhänderin ungeachtet einer eigenen gesellschaftsrechtlichen Beteiligung an der Fondsgesellschaft schon als Vertragspartnerin des Treuhandvertrages die Pflicht, ihn über alle wesentlichen Punkte aufzuklären, die für die zu übernehmende mittelbare Beteiligung von Bedeutung sind (ebenso BGH BeckRS 2015, 20464).

Die Hinweispflicht der Treuhänderin beschränkt sich nicht auf regelwidrige Auffälligkeiten und erfasst insbesondere einen Widerspruch des Prospektes, wonach einerseits grundsätzlich keine Nachschusspflicht bestehe, andererseits der Anleger Fremdwährungs- und Wechselkursrisiken zu tragen habe (vgl. auch Parallelentscheidung OLG München BeckRS 2016, 11781).

Eine formularmäßige Freizeichnungsklausel im Treuhandvertrag ist wegen der grundlegenden Bedeutung der Aufklärungspflicht für den Schutz der Investoren nach § 307 Abs. 1 BGB nichtig, jedenfalls soweit - wie hier - der Prospektfehler darin besteht, dass der Prospekt in sich widersprüchlich ist, und die Treuhänderin nicht ausschließlich Anlageinteressen verfolgt.

Eine Regelung in den AGB der Treuhänderin, wonach diese das Beteiligungsangebot und insbesondere den Prospekt nicht überprüft und sich bei der Entwicklung der Fondsstruktur nicht beteiligt habe und die Anlageberatung oder die Information über die Vor- und Nachteile einer Beteiligung an der Gesellschaft nicht zu ihren vertraglichen Pflichten zähle, ist keine "bloße Leistungsbeschreibung".

 

Normenkette

BGB § 278 S. 1, § 307 Abs. 1, 2 Nr. 1, § 309 Nr. 7b, § 310 Abs. 4

 

Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 11.03.2016; Aktenzeichen 29 O 7598/15)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 02.05.2018; Aktenzeichen 3 StR 355/17)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des LG München I vom 11.03.2016, Az. 29 O 7598/15, aufgehoben.

II. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 10.388,88 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.07.2014 zu zahlen.

III. Die Beklagte wird verurteilt, an die D. D. Rechtsschutz-Versicherung AG, zu der Schadensnr ... auf deren Konto bei der C.-bank M.-K. (IBAN: DE., BIC:...) 1.021,67 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 26.03.2015 zu zahlen.

IV. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 150,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 26.03.2015 zu zahlen.

V. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger von sämtlichen Verpflichtungen und steuerlichen Nachteilen freizustellen, die diesem durch die Zeichnung seiner Kommanditbeteiligung an der E. P. Medienfonds GmbH & Co. KG IV vom 02.05./04.05.2005 entstanden sind und noch entstehen werden.

VI. Die Verurteilung zu den Ziffern II. bis V. erfolgt Zug-um-Zug gegen Abtretung der Rechte des Klägers aus der Beteiligung an der E. P. Medienfonds GmbH & Co. KG IV vom 02.05./04.05.2005.

VII. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der in Ziffer V. genannten Beteiligung seit dem 01.07.2014 in Annahmeverzug befindet.

VIII. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

IX. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

X. Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 20.988,88 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Kläger verlangt Schadensersatz im Zusammenhang mit seiner Beteiligung an der E. P. Medienfonds GmbH & Co. KG IV. Er hat sich mit Beitrittserklärung vom 02.05.2005 über die damals als TBG Treuberatungsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft GmbH firmierende Beklagte als Treuhänderin mittelbar als Kommanditist mit einer Einlage von 20.000 EUR zuzüglich 3 % Agio beteiligt. Er hat die Einlage in Höhe von 10.000 EUR auf das Konto der Fondsgesellschaft einbezahlt und über den restlichen Betrag entsprechend dem vorgesehenen Konzept eine Inhaberschuldverschreibung begeben. 2012 hat er die Inhaberschuldverschreibung gegen Zahlung von 388,88 EUR abgelöst. Auf die Beitrittserklärung (Anlage K 1), die Inhaberschuldverschreibung nebst Begebungs- und Rahmenvertrag zur teilweisen Fremdfinanzierung und den Emissionsprospekt vom 11.03.2005 (Anlage K 5) wird Bezug genommen.

Die Beklagte ist am 02.11.2005 als Kommanditistin in das Handelsregister eingetragen worden. Sie war bis 01.08.2011 Mittelverwendungskontrolleurin und Treuhandkommanditistin.

Der Kläger ist der Auffassung, die Beklagte habe ihre vorvertragliche Aufklärungspflicht verletzt. Der Prospekt weise zahlreiche Fehler auf, der Vermittler habe nicht ausreichend über die Risiken der Beteiligung...

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