Entscheidungsstichwort (Thema)

Schadensersatzanspruch aus Treuhandvertrag im Zusammenhang mit der Beteiligung an einem Medienfonds. Prospektfehler

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die vorvertragliche Aufklärungspflicht einer Treuhandkommanditistin aus dem Treuhandvertrag beschränkt sich nicht auf regelwidrige Auffälligkeiten.

2. Für die Beurteilung, ob ein Prospekt unrichtig oder unvollständig ist, ist nicht isoliert auf eine bestimmte Formulierung, sondern auf das Gesamtbild abzustellen, das er dem Anleger unter Berücksichtigung der von diesem zu fordernden sorgfältigen und eingehenden Lektüre vermittelt.

 

Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 13.04.2016; Aktenzeichen 27 O 1814/16)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des Landgerichts München I vom 13.04.2016, Az. 27 O 1814/16, aufgehoben.

II. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 74.736,68 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 07.05.2015 zu zahlen.

III. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger von sämtlichen Verpflichtungen und steuerlichen Nachteilen freizustellen, die diesem durch die Zeichnung seiner Kommanditbeteiligung an der E. P. Medienfonds GmbH & Co. KG IV vom 04.05./09.05.2005 entstanden sind und noch entstehen werden.

IV. Die Verurteilung zu den Ziffern II. bis III. erfolgt Zug-um-Zug gegen Abtretung der Rechte des Klägers aus der Beteiligung an der E. P. Medienfonds GmbH & Co. KG IV vom 04.05./09.05.2005.

V. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

VI. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.

VII. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Der Kläger verlangt Schadensersatz im Zusammenhang mit seiner Beteiligung an der E. P. Medienfonds GmbH & Co. KG IV. Er hat sich mit Beitrittserklärung vom 04.05.2005 über die damals als T. Treuberatungsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft GmbH firmierende Beklagte als Treuhänderin mittelbar als Kommanditist mit einer Einlage von 100.000 EUR zuzüglich 3% Agio beteiligt. Er hat die Einlage in Höhe von 50.000 EUR auf das Konto der Fondsgesellschaft einbezahlt und über den restlichen Betrag entsprechend dem vorgesehenen Konzept eine Inhaberschuldverschreibung begeben. 2012 hat er die Inhaberschuldverschreibung gegen Zahlung von 1.789,68 EUR abgelöst. Auf die Beitrittserklärung (Anlage K 1), die Inhaberschuldverschreibung nebst Begebungs- und Rahmenvertrag zur teilweisen Fremdfinanzierung und den Emissionsprospekt vom 11.03.2005 (Anlage K 5) wird Bezug genommen.

Die Beklagte ist am 02.11.2005 als Kommanditistin in das Handelsregister eingetragen worden. Sie war bis 01.08.2011 Mittelverwendungskontrolleurin und Treuhandkommanditistin.

Der Kläger ist der Auffassung, die Beklagte habe ihre vorvertragliche Aufklärungspflicht verletzt. Der Prospekt weise zahlreiche Fehler auf, der Vermittler habe nicht ausreichend über die Risiken der Beteiligung aufgeklärt. Insbesondere sei das mit Währungsschwankungen und den Inhaberschuldverschreibungen verbundene Risiko nicht hinreichend erläutert.

Die Beklagte meint, dass sie keine Aufklärungspflicht treffe; sie sei erst nach dem Beitritt des Klägers Kommanditistin geworden und habe keinen eigenen Anteil. Der Prospekt sei weder fehlerhaft noch unvollständig. Das gelte insbesondere auch für die Darstellung zu Währungs- und Fremdfinanzierungsrisiko und zur Inhaberschuldverschreibung.

Wegen des Sachverhalts im Einzelnen wird auf den Tatbestand der Entscheidung des Landgerichts vom 13.04.2016 Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Eine Haftung der Beklagten für Beratungsverschulden bzw. Prospektfehler komme erst ab dem Zeitpunkt ihrer Eintragung im Handelsregister am 02.11.2005 in Betracht. Sie sei nicht Gründungsgesellschafterin gewesen und könne einer solchen auch nicht im Verhältnis zur Klagepartei gleichgestellt werden. Zu einem früheren Gesellschafterbeitritt habe die Klagepartei nicht substantiiert vorgetragen. Auch eine Haftung aufgrund der Stellung als Treuhandkommanditistin komme erst ab dem Zeitpunkt nach dem Beitritt zur Gesellschaft in Betracht.

Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf die Gründe des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, der die Verletzung materiellen Rechts durch das Landgericht rügt und seine Klageanträge weiterverfolgt. Zur Begründung wiederholt der Kläger im Wesentlichen sein Vorbringen erster Instanz, welches er durch das Landgericht für fehlerhaft beurteilt hält. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz des Klägers vom 17.05.2016 (Bl. 169/178 d.A.) Bezug genommen.

Er beantragt daher,

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 74.736,68 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

2. fe...

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