Entscheidungsstichwort (Thema)
Unterlassung
Verfahrensgang
LG München II (Urteil vom 12.12.1990; Aktenzeichen 10 O 4613/90) |
Tenor
I. Die Berufung des Beklagten gegen das Endurteil des Landgerichts München II vom 12. Dezember 1990 wird zurückgewiesen mit der Maßgabe, daß der Beklagte verurteilt wird zu unterlassen, die im Terrassenfreisitz seines Hauses … befindlichen Lautsprecher so laut zu betreiben, daß die daraus im Freien übertragenen Radiosendungen usw. auf dem Nachbargrundstück … des Klägers deutlich hörbar sind, Für jeden Fall der Zuwiderhandlung wird dem Beklagten ein Ordnungsgeld von bis zu 500.000,– DM, ersatzweise für den Fall der Nichtbeitreibbarkeit Ordnungshaft bis zu 6 Monaten angedroht.
II. Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Urteilsbeschwer des Beklagten übersteigt. 60.000,– DM nicht.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien sind Nachbarn in einer Reihensiedlung von Einfamilienhäusern. Ihre nach Größe und Anlage gleichartigen Häuser von nur etwa 6 m Breite haben auf der Gartenseite ebenerdig zunächst eine Terrasse, welche jeweils etwa zu 1/3 als überdachter Freisitz ausgestaltet ist, mit dort mündender Außentüre des Wohnzimmers. Die Rückseite des Freisitzes ist jeweils erdgeschoßhoch gemauert und zwar unmittelbar an der Grundstücksgrenze zum Nachbarn, so daß jeder Freisitz in denselben Richtungen offen ist, also auf die westliche Terrassenfläche und die Rückwand des benachbarten Freisitzes blickt sowie schräg und schmalseitig zum Garten hin. So verhält es sich für die Benützer des klägerischen Grundstücks im Verhältnis zum Grundstück des Beklagten, welcher also die Terrasse des Klägers gleichsam im Rücken hinter seinem Freisitz weiß. Anschließend an die jeweilige Freisitzmauer auf der Grundstücksgrenze sind die verhältnismäßig langen schmalen Grundstücke der Parteien, jeweils im Gartenteil, durch eine übermannshohe Hecke getrennt.
Im Freisitz des Beklagten, und zwar in der Holzverschalung der Decke, sind zwei Lautsprecher eingebaut, welche von der im Wohnzimmer befindlichen Stereoanlage des Beklagten betrieben werden, nach insoweit übereinstimmenden Angaben der Parteien gewöhnlich zur Übertragung von Radioprogrammen der Sender Bayern 3 u. dgl., wenn die Terrasse des Beklagten benutzt wird.
Der Kläger behauptet, dies geschehe seit Jahren oftmals so laut, daß er die Übertragung der Rundfunksendungen zwangsweise mithören müsse und dadurch in der Nutzung seines Grundstücks stark beeinträchtigt werde. Da es sich um eine reine Wohngegend handele, müsse in besonderem Maße auf das Ruhebedürfnis der Bewohner Rücksicht genommen werden. Die Unzulässigkeit der Immissionen ergebe sich auch objektiv daraus, daß von ihm am 21. und 27.7.1990 veranlaßte, sachverständige Messungen Lärmpegelwerte zwischen 41,1 und 43,4 dB (A) ergeben hätten, also wesentlich über dem Wert von 35 dB (A), der in den vergleichend heranzuziehenden Vorschriften der TA-Lärm und der VDI-Richtlinie 2058 sowie der hierzu ergangenen Hinweise zur Beurteilung der durch Freizeitanlagen verursachten Geräusche, (Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Landesentwicklung und Umweltfragen vom 12.8.1988) angegeben seien. Hierzu nimmt er Bezug auf das vorgelegte Gutachten des Schalltechnischen Beratungsbüros … vom 6.8.1990 (Anl. zur Klage).
Der Beklagte bezweifelt die Korrektheit der angestellten Lärmmessungen, worauf es allerdings seiner Ansicht nach letztlich nicht ankomme. Die Grundstücke befänden sich nicht in einem reinen, sondern allgemeinen Wohngebiet, so daß die tagsüber zulässigen Immissionsschallgrenzen nach der TA-Lärm bei 55 dB (A) anzunehmen seien. Er habe seine Lautsprecher so eingerichtet, daß die Lärmimmission auf dem Grundstück des Klägers solchen Wert keinesfalls überschreite, wie dieser ja selbst auch nicht konkret behaupte und unter Beweis stelle. Außerdem sei die Geräuschentwicklung noch im Rahmen des ortsüblichen, so daß der Kläger sie auch hierwegen hinzunehmen habe. Der Unterlassungsanspruch sei schließlich verwirkt, da die Lautsprecher schon seit etwa 15 Jahren so betrieben würden wie derzeit und der Kläger hiergegen nichts eingewendet habe.
Das Landgericht hat den Beklagten mit Endurteil vom 12.12.1990 antragsgemäß verurteilt, es zu unterlassen, die unter dem Freisitz befindlichen Lautsprecher so laut zu betreiben, daß sie mit einer höheren Lautstärke auf das Grundstück … einwirke als wie folgt angegeben:
von |
9.00 – 13.00 Uhr: |
50 dB (A), |
von |
13.00 – 15.00 Uhr: |
35 dB (A), |
von |
15.00 – 22.00 Uhr: |
50 dB (A). |
Außerdem hat es für den Fall der Zuwiderhandlung Ordnungsgeld bzw. Ordnungshaft angedroht.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten, zu deren Begründung er ergänzend im wesentlichen vorträgt:
Auf Grund der geringen Ausgangsleistung sowie der Dämmung seiner Lautsprecher könne die Schallimmission keinesfalls 45 dB (A) überschreiten und sei auf dem Grundstück des Beklagten bei normaler Geräuschempfindlichkeit aufg...