Leitsatz (amtlich)
1. Verstößt der Geschäftsführer einer Kommanditgesellschaft gegen eine Regelung im Gesellschaftsvertrag, wonach bestimmte Geschäftsführungsmaßnahmen der vorherigen Einwilligung der Gesellschafterversammlung bedürfen, so kann regelmäßig sein satzungswidriges Handeln von den Gesellschaftern nachträglich genehmigt werden.
2. Eine solche Genehmigung kann durch Mehrheitsentscheidung beschlossen werden, wenn die Satzung auch für die vorherige Einwilligung in die Geschäftsführungsmaßnahme eine Mehrheit ausreichen lässt.
Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 24.04.2008; Aktenzeichen 16 HKO 21141/02) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Beklagten und der Streithelfer zu 1) mit 5) und 7) mit 10) wird das Endurteil des LG München I vom 24.4.2008 aufgehoben.
II. Die Klage wird abgewiesen.
III. Die Kosten beider Rechtszüge einschließlich der Kosten der Streithelfer tragen die Kläger.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Die Kläger, die als Kommanditisten Anteile von 24,65 % der K. KG halten, fordern vom Beklagten, der bis 31.1.2002 Geschäftsführer der Gesellschaft war, die Zahlung von Schadensersatz an die Kommanditgesellschaft. Nach Auffassung der Kläger hat sich der Beklagte dadurch schadensersatzpflichtig gemacht, dass er ohne vorherige Zustimmung der Gesellschafterversammlung in den Jahren 1995 bis 2002 einem Angestellten der Gesellschaft Vergütungen von jährlich über 180.000 DM gewährt hat, obgleich in § 9 des Gesellschaftsvertrags u.a. geregelt ist:
"Die nachbezeichneten Maßnahmen können nur durchgeführt werden, wenn ihnen die Gesellschafter im Wege der Beschlussfassung mit einer Mehrheit von 62 % aller Stimmen gem. § 19 zugestimmt haben: [...]
I. Anstellungsverträge von Angestellten mit mehr als 80.000 DM Jahreseinkommen und von im Unternehmen tätigen Kommanditisten."
Unstreitig war die Grenze von 80.000 DM noch vor dem Jahr 1995 auf 180.000 DM angehoben worden. Die dem Angestellten in den Jahren 1995 bis 2002 bezahlten Vergütungen überstiegen die Grenze von jährlich 180.000 DM um insgesamt mindestens 492.885,37 EUR. Diesen Betrag machen die Kläger als Schadensersatz geltend.
Am 12.12.2002 hat die Gesellschafterversammlung mit einer Mehrheit von ca. 75 % folgenden Beschluss gefasst:
"Der Festsetzung des Gehalts von Herrn E. als Angestellter in den Jahren 1995 bis 2001 wird, soweit es gemäß Anlage 1 den Betrag von 180.000 DM jährlich überschritten hat, höchst vorsorglich zugestimmt."
Im Übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen des LG Bezug genommen.
Das Erstgericht gab der Klage in vollem Umfang statt. In den Gründen der Entscheidung führt es u.a. aus, dass die streitgegenständlichen Gehaltszahlungen unter § 9 Nr. 9 des Gesellschaftsvertrags fielen. Nach ihrem insoweit klaren Wortlaut erfordere die Regelung bei Überschreitung der Gehaltsgrenze die vorherige Zustimmung der Gesellschafterversammlung. Eine nachträgliche Genehmigung sei im Gesellschaftsvertrag nicht vorgesehen; eine solche stelle daher - wenn auch nur im Einzelfall - eine Änderung des § 9 Gesellschaftsvertrag dar, die nicht mehrheitlich, sondern nach § 19 Abs. 1 Gesellschaftsvertrag nur einstimmig beschlossen werden könne. Eine Pflicht der Kläger, dieser Vertragsänderung zuzustimmen, bestehe nicht. Durch den Beschluss vom 12.12.2002 sei den Klägern auch nicht die Befugnis entzogen worden, den Schadenersatzanspruch der Gesellschaft im Wege der actio pro socio geltend zu machen. Ebenso wenig sei wirksam auf die Ansprüche der Gesellschaft verzichtet worden, weil dies nur durch einstimmigen Beschluss möglich gewesen wäre. Durch das pflichtwidrige Handeln des Beklagten sei der Gesellschaft ein Schaden in Höhe des eingeklagten Betrages entstanden. Die Behauptung des Beklagten, dass mindestens 62 % der Gesellschafter auch seinerzeit die Maßnahme gebilligt hätten, sofern hierüber abgestimmt worden wäre, und dass die Vergütung des Angestellten angemessen gewesen sei, stelle den Einwand des sog. rechtmäßigen Alternativverhaltens dar, welcher vorliegend nicht berücksichtigt werden könne, weil dies dem Schutzzweck des § 9 Gesellschaftsvertrags widerspreche. Der Gesellschaft solle nämlich ein präventives vorheriges Kontrollrecht vorbehalten sein. Entsprechendes gelte für eine Vorteilsanrechnung, weswegen dahinstehen könne, ob die an den Angestellten bezahlte Vergütung angemessen gewesen sei.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten und seiner Streithelfer zu 1) bis 5) und 7) bis 10). Die Berufungsführer rügen, die Voraussetzungen für eine actio pro socio lägen nicht vor, weil die Durchsetzung des angeblichen Anspruchs die Interessen der Gesellschaft verletze und damit treuwidrig sei. Zudem habe der Beklagte nicht pflichtwidrig gehandelt, weil § 9 Nr. 9 Gesellschaftsvertrag nur den Abschluss von...