Entscheidungsstichwort (Thema)

Prospekthaftung, Fahrzeug, Kaufpreis, Prospekt, Kapitalanlage, Software, Berufung, Marke, Emissionsprospekt, Kaufvertrag, Staatsanwaltschaft, Anleger, Sittenwidrigkeit, Anlageentscheidung, Die Fortbildung des Rechts, Darlegungs- und Beweislast, vereinbarte Beschaffenheit

 

Verfahrensgang

LG Deggendorf (Urteil vom 28.05.2019; Aktenzeichen 32 O 771/18)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 27.07.2021; Aktenzeichen VI ZR 151/20)

 

Tenor

I. Die Berufung gegen das Endurteil des LG Deggendorf vom 28.05.2019 (Az.: 32 O 771/18) wird zurückgewiesen.

II. Im Übrigen (Klageerweiterung in der Berufungsinstanz) wird die Klage abgewiesen.

III. Die Klagepartei hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer I genannte Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klagepartei kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des zu vollstreckenden Betrages leistet.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klagepartei begehrt von der Beklagten Schadensersatz Zug um Zug gegen Rückgabe ihres von dem sog. "Abgasskandal" betroffenen Fahrzeugs.

Die Klagepartei erwarb im August 2013 von der A. GmbH in A. einen gebrauchten Pkw Skoda Superb 2.0 TDI zu einem Kaufpreis von 21.500,00 EUR. Herstellerin des Motors ist die Beklagte, Herstellerin des Fahrzeugs im Übrigen die Skoda Auto a.s.. Das Fahrzeug war im März 2013 erstmals zum Verkehr zugelassen worden und wies zum Zeitpunkt des Erwerbs durch die Klagepartei einen Kilometerstand von 3.986 Kilometern auf. Hinsichtlich der Einzelheiten wird verwiesen auf die Rechnung vom 28.08.2013 (Anlage K 1).

Das streitgegenständliche Fahrzeug verfügt über einen Dieselmotor vom Typ EA 189 und ist mit einer Software ausgestattet, die den Stickoxidausstoß auf dem Prüfstand gegenüber dem Ausstoß im normalen Fahrbetrieb optimiert.

Nachdem die für das streitgegenständliche Fahrzeug der Marke Skoda zuständige Behörde - die britische Vehicle Certification Agency - das Software-Update für das streitgegenständliche Fahrzeug freigegeben hatte, ließ die Klagepartei das Update durchführen.

Die Klagepartei hat vor dem Landgericht vorgetragen, die Beklagte habe sie vorsätzlich und in sittenwidriger Weise geschädigt, wobei der Schaden darin bestehe, dass die Klagepartei das streitgegenständliche Fahrzeug gekauft habe, obwohl sie bei Kenntnis der Sachlage dieses Fahrzeug nicht erworben hätte. Das streitgegenständliche Fahrzeug entspreche nämlich nicht den geltenden Vorschriften hinsichtlich der EURO 5 - Abgasnorm und sei daher aufgrund der tatsächlichen Nichterfüllung der Voraussetzungen weder gemäß § 8 FZVO zulassungsfähig, noch verfüge es über eine wirksame Allgemeine Betriebserlaubnis nach § 19 StVZO. Die Klagepartei sei damit jederzeit dem Risiko ausgesetzt, dass die Betriebserlaubnis entzogen werde. Das Fahrzeug halte nicht die vorgeschriebenen Abgaswerte ein, ferner werde der gemäß § 38 Abs. 1 BImSchG vorgeschriebene Grenzwert beim Stickoxid um das 4,7fache überschritten. Die von der Beklagten vorgenommene Optimierung der Motorsteuerungssoftware sei gesetzeswidrig, da sie gegen Art. 5 Abs. 2 S. 1 VO (EG) 715/2007 i.V.m. Art. 3 Nr. 10 VO (EG) 715/2007 verstoße. Es sei ihr, der Klagepartei, im Zeitpunkt des Vertragsschlusses insbesondere auf die Umweltfreundlichkeit des streitgegenständlichen Fahrzeugs angekommen. Insbesondere sei es ihr sehr darauf angekommen, ein wertstabiles Fahrzeug mit geringem Kraftstoffverbrauch zu erwerben. Es komme nicht darauf an, "ob das Fahrzeug nicht nur formell der EG-Typengenehmigung" entspreche, "sondern ob dies auch materiell-rechtlich so" gewesen sei. Die Beklagte habe "bei der zur Typengenehmigung und Schadstoffklasseneinstufung die erforderliche Prüfstandsmessung manipuliert". Bei Kenntnis der Manipulation wäre keine Genehmigung erfolgt. Vorliegend habe die Beklagte die Klagepartei darüber getäuscht, dass das Fahrzeug auf dem Prüfstand eine bestimmte Menge Stickoxide ausstoße, die zu einer EG-Typgenehmigung und einer bestimmten Schadstoffklasseneinstufung geführt hätten, obwohl das Prüfungsverfahren mit Hilfe der Motorsteuerungssoftware manipuliert gewesen sei.

Die Klagepartei hat weiter vorgetragen, die Beklagte habe das streitgegenständliche Fahrzeug nicht ohne Kenntnis des Vorstandes mit der sogenannten Prüfstandentdeckungssoftware versehen. Der damalige Vorstandsvorsitzende, der Zeuge Prof. Dr. M. W., habe aus reiner Gewinnsucht und in Betrugsabsicht einen Wertverlust um mindestens 30% gegenüber dem vorherigen Gebrauchtwagenwert bei den betroffenen Fahrzeugen billigend in Kauf genommen, sobald die Mängel auf dem Markt bekannt würden. Die R. B. GmbH sei bereits im Jahre 2004 vom damaligen Forschungs- und Entwicklungsleiter und Mitglied des Vorstandes, dem Zeugen Prof. Dr. W., beauftragt worden, das Motorsteuergerät EDC 17 ...

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