Entscheidungsstichwort (Thema)
Zugewinnausgleich. Berücksichtigung eines lebenslangen dinglichen Wohnrechts beim Zugewinn
Leitsatz (redaktionell)
Ein vor Eheschließung von einem Ehegatten für den Fall seines Todes und einer bis dahin bestehenden Ehe mit Zustimmung des Erben dem anderen Ehegatten eingeräumtes lebenslanges dingliches Wohnrecht kann beim Anfangsvermögen des Berechtigten nicht, beim Endvermögen aber voll zu berücksichtigen sein, wenn der Güterstand durch Tod des Verpflichteten geendet hat. In diesem Fall belastet das Wohnrecht weder das Anfangs- noch das Endvermögen des Verpflichteten, wohl aber dessen Nachlass.
Normenkette
BGB § 1371 Abs. 2, §§ 1371, 1374-1375
Verfahrensgang
AG München (Urteil vom 02.08.1996; Aktenzeichen 513 F 6148/95) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Endurteil des Amtsgerichts – Familiengericht – München vom 2. August 1996 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
II. Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
III. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
V. Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt DM 29.937,50.
Gründe
Die Berufungen beider Parteien sind zulässig: (§§ 511 ff. ZPO); diejenige des Beklagten erweist sich als begründet, diejenige der Klägerin hat keinen Erfolg.
1. Zwischen den Parteien ist unstreitig, daß die Klägerin nicht Erbin ihres am 29. Mai 1992 verstorbenen Ehemannes ist, den sie in dessen zweiter Ehe am 16. Dezember 1982 geheiratet hatte und mit dem sie im gesetzlichen Güterstand lebte. Der Beklagte ist nach dem Tode des Ehemannes dessen Alleinerbe sowie Nacherbe nach seiner 1979 vorverstorbenen Mutter geworden, deren Vorerbe der Ehemann der Klägerin war.
Der Klägerin steht daher ein Zugewinnausgleichsanspruch nach § 1371 Abs. 2 BGB zu, auf den der Beklagte unstreitig DM 113.726,– gezahlt hat.
2. Weiter unstreitig sind im Berufungsverfahren folgende Vermögenswerte der früheren Eheleute:
a) Endvermögen des verstorbenen Ehemannes
Miteigentumsanteil an dem Anwesen |
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… |
DM |
1.781.500,– |
Bankguthaben |
DM |
108.953,– |
Wertpapiere |
DM |
2.570,– |
Bargeld |
DM |
500,– |
Steuererstattung |
DM |
6.754,– |
Sondervermögen Vorerbschaft |
DM |
0,– |
zusammen |
DM |
1.900.277,– |
abzüglich |
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Nachlaßverbindlichkeiten |
DM |
124.891,– |
Heilbehandlungskosten |
DM |
5.105,– |
so daß im Endvermögen verbleiben |
DM |
1.770.281,– |
b) Anfangsvermögen des verstorbenen Ehemannes
Miteigentumsanteil an dem Anwesen |
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… |
DM |
889.500,– |
Sondervermögen Vorerbschaft Nutzungswert |
DM |
354.592,– |
weiteres Vermögen |
DM |
38.327,– |
zusammen |
DM |
1.282.419,– |
abzüglich Schulden |
DM |
118.822,– |
verbleiben |
DM |
1.163.597,– |
indexiert (× (104: 83,5)) |
DM |
1.449.271,– |
c) Endvermögen der Klägerin
d) Anfangsvermögen der Klägerin
Sparguthaben |
DM |
35.000,– |
indexiert (× (104: 83,5)) |
DM |
43.593,– |
e) Vorausempfang der Klägerin im Jahre 1987
PKW Mazda |
DM |
15.000,– |
indexiert (× (104: 90,3)) |
DM |
17.276,– |
3. Streitig ist zwischen den Parteien, ob und wie im Anfangs- und im Endvermögen beider Ehegatten ein dingliches Wohnrecht zu berücksichtigen ist, welches der Ehemann mit notariellem Vertrag vom 2. Dezember 1982 mit der nach § 2113 BGB erforderlichen Zustimmung des Beklagten für die Zeit nach seinem Tode der Klägerin unter der Bedingung eingeräumt hatte, daß es zur Eheschließung komme und die Ehe bis zum Ableben des Ehemannes fortbestehe. Das Familiengericht hat die Auffassung vertreten, durch die aufschiebende Bedingung (Tod des Ehemannes) handele es sich nur um eine Anwartschaft der Klägerin auf ein Wohnrecht. Eine solche Position von wirtschaftlichem Wert sei dann zu den maßgeblichen. Zeitpunkten in die Zugewinnbilanz aufzunehmen, wenn und soweit der Ehegatte in bestimmter und bewertbarer Weise bereichert sei. Dies könne hier nicht angenommen werden, da die Klägerin weder das Anwartschaftsrecht noch das Vollrecht zu verwerten, zu veräußern oder Dritten zu überlassen berechtigt gewesen sei. Zwischen den Parteien sei auf Grund eines Gutachtens zwar unstreitig, daß der Wert des Wohnrechts beim Tod des Ehemannes DM 183.000,–betragen habe. Dabei handele es sich aber um eine Bewertung des Vollrechts, das gerade nicht zum Endvermögen gehört habe. Aus diesem Grunde sei das Wohnrecht weder beim Anfangs- noch beim Endvermögen der Ehegatten berücksichtigt worden.
4. Dem kann im Ergebnis nicht gefolgt werden.
a) Die Zuwendung des Wohnrechts an die Klägerin erfolgte bereits vor der Eheschließung, so daß es sich nicht um eine Schenkung oder unbenannte Zuwendung unter Ehegatten handelt. Die hierzu entwickelten Grundsätze (vgl. Johannsen/Henrich (-Jaeger), Eherecht, 2. Auflage, RdNrn. 5 a ff. zu § 1372 BGB) können daher keine Anwendung finden. Die Klägerin verfügte somit bereits vor Eheschließung über eine Anwartschaft auf ein künftiges Wohnrecht.
b) Durch die Eheschließung, also dem Eintritt des Güterstandes, war zugleich die erste Bedingung der Wohnrechtszuwendung erfüllt, gleichwohl hatte sie das Vollrecht noch nicht erworben. Vom Vollrecht zu unterscheiden ist allerdings die Rechtsstellung, welche die Kl...