Leitsatz (amtlich)
Der Haftpflichtversicherer eines Notars, der seinem Versicherungsnehmer gegenüber die Deckung für einen Schadensfall unter dem Gesichtspunkt der wissentlichen Pflichtverletzung abgelehnt hat, kann in einem Haftpflichtprozess gegen den Notar nicht in zulässiger Weise auf Seiten des Anspruchsstellers beitreten, um eine Verurteilung seines Versicherungsnehmers wegen vorsätzlicher Pflichtverletzung zu erreichen und dadurch sicherzustellen, dass er sich im Deckungsprozess auch dem Anspruchsteller gegenüber auf Leistungsfreiheit berufen kann.
Verfahrensgang
LG Traunstein (Aktenzeichen 6 O 1069/06) |
Tenor
I. Der Antrag der Nebenintervenientin zu 1), auf Seiten des Klägers dem Rechtsstreit beizutreten, wird zurückgewiesen.
II. Die Nebenintervenientin zu 1) trägt die Kosten des Zwischenstreits.
III. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger macht ggü. dem Beklagten, einem ehemaligen Rechtsanwalt und Notar, Schadensersatz wegen Verletzung notarieller Amtspflichten geltend.
Der Kläger war Eigentümer zweier Grundstücke in R.-H. Am 23.6.2004 beurkundete der Beklagte in seiner Eigenschaft als Notar einen Kaufvertrag zwischen dem Kläger als Verkäufer und der Firma B. GmbH & Co KG als Käuferin hinsichtlich der vorgenannten Grundstücke zum Preis von 1,3 Mio. EUR. Am 13.11.2004 beurkundete der Beklagte zugunsten der Käuferin die Bestellung mehrerer Grundschulden i.H.v. insgesamt 3,5 Mio. EUR an den Grundstücken des Klägers, obwohl der als Vertreter beider Vertragsparteien auftretende Dieter S. hierzu nicht wirksam bevollmächtigt war. Die Eintragung der Grundschulden in das Grundbuch erfolgte am 25.11.2004. Im Januar/Februar 2005 erwarben die Firmen T. und S. gutgläubig eine der Grundschulden in Höhe eines Teilbetrages von 400.000 EUR. Hinsichtlich der nicht abgetretenen Grundschulden trug das Grundbuchamt am 13.5.2005 einen Amtswiderspruch zugunsten des Klägers ein, so dass eine Abtretung an gutgläubige Dritte nicht mehr möglich war. Die Käuferin leistete keine Zahlungen auf den Kaufpreis. Sie ist insolvent. Dieter S. hat zuletzt am 4.9.2004 die eidesstattliche Versicherung abgelegt. Er wurde vom LG wegen Betrugs u.a. zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe verurteilt und befindet sich in Haft. Der Kläger trat am 4.7.2005 vom Kaufvertrag zurück Die Firmen T. und S. erklärten sich nach längeren Verhandlungen gegen Zahlung von 40.000 EUR mit der Löschung der zu ihren Gunsten eingetragenen Grundschuld einverstanden. Zwischenzeitlich hat der Kläger, dem die Zwangsversteigerung der Grundstücke drohte, diese freihändig zum Preis von 585.000 EUR verkauft.
Der Kläger hat in erster Instanz geltend gemacht, dass er durch das amtspflichtwidrige Verhalten des Beklagten einen Schaden i.H.v. 610.029,30 EUR erlitten habe. Klageweise hat er hiervon einen Teilbetrag von 465.029,30 EUR nebst Zinsen geltend gemacht. Der Beklagte hätte nach Auffassung des Klägers dafür Sorge tragen müssen, dass es nicht zu einer Belastung der Grundstücke mit Grundschulden komme, ohne dass der Kläger eine entsprechende Kaufpreiszahlung erhalte. Wären die Grundstücke nicht mit den unberechtigt bestellten Grundschulden belastet gewesen, hätte der Kläger die Grundstücke anderweitig schneller und teurer verkaufen können.
Der Beklagte hat in erster Instanz Klageabweisung beantragt und gegen die Klageforderung insbesondere eingewandt, dass der Kläger von den Belastungen seiner Grundstücke durch die streitgegenständlichen Grundschulden gewusst habe und damit einverstanden gewesen sei. Dem Kläger sei kein Schaden entstanden. Auch der Mitverschuldenseinwand und der Einwand anderweitiger Ersatzmöglichkeit wurden erhoben.
Das LG hat der Klage mit Urteil vom 8.1.2008 i.H.v. 433.976,41 EUR nebst Zinsen stattgegeben und in den Gründen eine vorsätzliche Amtspflichtverletzung des Beklagten zu Lasten des Klägers bejaht. Auf das angefochtene Urteil vom 8.1.2008, Bl. 288/313 d.A. wird vollumfänglich Bezug genommen.
Die Nebenintervenientin zu 1) ist der Haftpflichtversicherer des Beklagten. In erster Instanz war sie dem Verfahren auf Seiten ihres Versicherungsnehmers beigetreten. Nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils hat sie mit Schreiben vom 13.1.2008 nach § 4 Ziff. 5 der AVB (keine Haftung für Schäden durch wissentliche Pflichtverletzung) eine Deckung ggü. dem Beklagten abgelehnt. Der Beklagte, der zwischenzeitlich keine Zulassung mehr für seine Tätigkeit als Rechtsanwalt und Notar hat und die eidesstattliche Versicherung abgelegt hat, ist gegen die Verweigerung der Deckung nicht gerichtlich vorgegangen.
Bei der Nebenintervenientin zu 2) ist der Beklagte Pflichtmitglied. Auf der Grundlage des § 67 Abs. 3 Nr. 3 BNotO hat sie in Ergänzung der Haftpflichtversicherung eine Vertrauensschadensversicherung abgeschlossen, die im Fall einer vorsätzlichen Pflichtverletzung des Beklagten nach § 19a BNotO eintrittspflichtig ist. Nach den Versicherungsbedingungen leistet die Vertrauensschadensversicherung keinen Ersatz für mittelbare Schäden (entgangenen Gewinn, Zin...