Entscheidungsstichwort (Thema)

Rückgabeoptionsrecht, Schlussratenerlass

 

Normenkette

BGB §§ 158, 254 Abs. 2 S. 1, §§ 433, 488, 826

 

Verfahrensgang

LG Ingolstadt (Beschluss vom 12.04.2021; Aktenzeichen 81 O 2447/19)

LG Ingolstadt (Urteil vom 09.02.2021; Aktenzeichen 81 O 2447/19)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 27.03.2023; Aktenzeichen VIa ZR 657/21)

 

Tenor

I. Auf die Berufung wird das Endurteil des LG Ingolstadt vom 09.02.2021 (Aktenzeichen: 81 O 244/19; Bl. 331/344 d. A.), berichtigt durch Beschluss des LG Ingolstadt vom 12.04.2021 (Bl. 375/376 d. A.), unter teilweiser Aufhebung abgeändert und statt der Ziffern 1 bis 4 wie folgt neu gefasst:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrag vorläufig vollstreckbar.

II. Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

III. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsrechtsstreits.

IV. Das unter Ziffer I. genannte und dieses Urteil sind jeweils vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten jeweils durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leistet.

V. Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

A Die Parteien streiten um (angebliche) Schadensersatzansprüche des Klägers im Rahmen des sogenannten Dieselskandals, hier betreffend den Kauf (nicht Operating-Leasingvertrag) eines gebrauchten Audi A4 Avant 2.0 TDI am 12.07.2013 mit einem Km-Stand von 12.000 km für EUR 29.800,00, wovon EUR 19.800,00 finanziert wurden (vgl. Anlage K 1). Das Fahrzeug verfügt über einen Motor vom Typ EA 189 EU 5.

Hinsichtlich der festgestellten Tatsachen wird zur Vermeidung von Wiederholungen zunächst auf die Feststellungen im Endurteil des LG Ingolstadt vom 09.02.2021 (Bl. 331/344 d. A.), berichtigt durch Beschluss des LG Ingolstadt vom 12.04.2021 (Bl. 375/376 d. A.), verwiesen.

Erstinstanzlich war unstrittig, dass der Kläger die Finanzierungsvereinbarung verbunden mit einem verbrieften Rückgaberecht dergestalt vereinbart hatte, dass er das Fahrzeug zum Ende der Finanzierungszeit (hier: 01.08.2018) dem Händler zurückgeben konnte, wobei in diesem Fall dem Kläger die Schlussrate erlassen wurde.

Die Beklagte ist eine (fast) hundertprozentige Tochter der V. AG und unterliegt einem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag.

Das LG Ingolstadt hat die Beklagte mit Endurteil vom 09.02.2021 (Bl. 321/344 d. A.), berichtigt durch Beschluss vom 12.04.2021 (Bl. 375/376 d. A.), verurteilt, an den Kläger EUR 7.665,31 nebst Zinsen Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs sowie EUR 800,39 vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen zu bezahlen und im Übrigen die Klage abgewiesen.

Dagegen richten sich die Berufungen der Parteien.

Der Kläger bestreitet in der Berufungsinstanz erstmals die Vereinbarung eines Rückgaberechts.

Er ist im Übrigen der Ansicht, das Erstgericht hätte die Berechnung der Nutzungsvorteile des Klägers nicht degressiv sondern linear unter Zugrundelegung einer Laufleistung von 350.000 km durchführen müssen.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger weitere EUR 5.712,97 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.01.2019 zu zahlen und im Übrigen die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Hilfsweise,

das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts Ingolstadt, Az.: 81 O 2447/19, verkündet am 09.02.2021 aufzuheben und zur erneuten Verhandlung zurück zu verweisen,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Die Beklagte stellt ihre Haftung in Abrede. Verantwortlich für den EA 189-Motor sei allein der Mutterkonzern V. AG gewesen, die Beklagte habe die Motoren ohne weitere Prüfung in ihre Fahrzeuge eingebaut.

Sie beantragt,

das am 09.02.2021 verkündete Urteil des Landgerichts Ingolstadt, 81 O 2447/19 im Umfang der Beschwer der Beklagten und Berufungsklägerin abzuändern und die Klage vollumfänglich abzuweisen.

Die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Wegen des Vortrags der Parteien wird auf die in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Einvernahme des Klägers als Partei. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll verwiesen.

B Die Berufung der Beklagten hat Erfolg, die des Klägers bleibt erfolglos:

I. Die zulässige Berufung (§§ 511, 517, 520 ZPO) der Beklagten ist begründet, die Klage ist insgesamt abzuweisen (§ 826 BGB):

1. Nach Ansicht des Senats haftet die Beklagte allerdings dem Grunde nach dem Kläger auf Schadensersatz nach § 826 BGB:

a) Die Vorstände der Beklagten hatten nämlich am 12.07.2013 (Tag des Kaufs durch den Kläger) bereits entsprechendes positives eigenes Wissen (§ 31 BGB) über die Manipulationen am EA 189 durch die V. AG aufgrund Einbaus einer Umschaltlogik in die Abgasrückführung, die bewirkte dass der Motor auf dem Prüfstand ein ganz anderes Abgasverhalten zeigte als im nor...

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