Entscheidungsstichwort (Thema)

Fertigspritzen

 

Leitsatz (amtlich)

Es stellt keinen Verstoß gegen die Zulassungspflicht für Arzneimittel dar, wenn ein Apotheker in seiner Apotheke aus einem zugelassenen Fertigarzneimittel Fertigspritzen auseinzelt und an andere Apotheken weitergibt, sofern es sich um individuelle Zubereitungen für Patienten nach Rezeptur handelt und das Abfüllen in unveränderter Form erfolgt.

 

Normenkette

UWG § 4 Nr. 11, §§ 3, 8; AMG §§ 2, 13 Abs. 1 Nr. 1, § 21 Abs. 1, 2 Nr. 1 b. Buchst. c); HWG § 3a; ApBetrO § 24

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 16. Juli 2009 wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

 

Gründe

A. Die Parteien sind Apotheker. Beide sind Inhaber von Apotheken, die über eine Erlaubnis für den Versandhandel mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln verfügen und bundesweit Kunden mit Arzneimitteln beliefern.

Der Kläger sieht sich im Wettbewerb mit dem Beklagten im Nachteil. Dieser stellt für Patienten, die an einer sog. altersbedingten Makula-Degeneration - einer Erkrankung der Netzhaut mit schwerer Beeinträchtigung der Sehfähigkeit - leiden, von dem zugelassenen, verschreibungspflichtigen Medikament L der Firma N Pharma GmbH durch Teilung anwendungsfertige Fertigspritzen her und bringt sie in den Verkehr. L wird in einer versiegelten sterilen Durchstechflasche angeboten, die zur einmaligen Verwendung vorgesehen sei.

Er selbst kann nur das Originalpräparat L zu einem Apothekenabgabepreis von über 1.523,- € für 0,3 ml bzw. seit der Reduzierung der Füllmenge durch N auf 0,23 ml für 1.296,22 €, verkaufen. Die Barmer Ersatzkasse weist ihre Patienten jedoch darauf hin, dass sie nur bereit sei, den Preis von brutto 682-, € zu ersetzen, den der Beklagte für eine Fertigspritze verlange. Ihm, dem Kläger, entstehe dadurch ein Wettbewerbsnachteil, weil Patienten sich dadurch genötigt sähen, bevorzugt beim Beklagten zu bestellen. Auf diese Weise arbeite der Beklagte auch aktiv mit den Krankenkassen zusammen, die ihre Patienten auf die Apotheke des Beklagten hinwiesen, um Rezepte in seine Apotheke zu steuern. Die Auseinzelung in Fertigspritzen sei jedoch arzneimittelrechtlich nicht zulässig. Der Beklagte verfüge nicht über die nach § 21 Abs. 1 AMG erforderliche Zulassung für die Herstellung von einem derartigen Fertigarzneimittel.

Es handle sich bei der Auseinzelung in Fertigspritzen insbesondere nicht um die zulassungsfreie Herstellung eines Rezepturarzneimittels. Die Werbung für die Einzelspritzen begründe ferner einen Verstoß gegen § 3a HWG. Das unzulässige Steuern von Rezepten stelle einen Verstoß gegen § 24 Apothekenbetriebsordnung dar.

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu 250.000,- € und für den Fall, dass das Ordnungsgeld nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs

1. ohne arzneimittelrechtliche Zulassung gemäß §§ 21 ff. AMG Fertigspritzen mit dem Wirkstoff Ranibizumab (0,05 ml des Arzneimittels L) in den Verkehr zu bringen, soweit der Beklagte diese Fertigspritzen in seiner Apotheke nicht auf besondere Anforderung im Einzelfall nach Vorlage eines ärztlichen Rezepts unter Verwendung jeweils einer Durchstechflasche des Fertigarzneimittels L pro ärztlich vorgeschriebener Fertigspritze herstellt.

2. Fertigspritzen gemäß Nr. 1 des Klageantrags anzubieten und zu bewerben, indem diese in Informationsbriefen und auf Bestelllisten u. a. auf der Homepage des Beklagten zur Faxbestellung angeboten bzw. angekündigt werden.

3. Keine [sic] Absprachen mit Krankenkassen vorzunehmen, die die Zuweisung von Rezepten für die unter Nr. 1 des Klageantrags genannten Arzneimittel an die Apotheke des Beklagten zum Gegenstand haben, insbesondere keine Rezepte für diese Arzneimittel entgegenzunehmen, die ihm über Krankenkassen zugeführt werden.

Der Beklagte hat beantragt:

Die Klage wird abgewiesen.

Er bestreitet einen Verstoß gegen Zulassungsvorschriften. Die aus dem zugelassenen Fertigarzneimittel L durch ihn hergestellten Fertigspritzen stellten ihrerseits nicht zulassungspflichtige Fertigarzneimittel, sondern lediglich zulassungsfreie Rezepturarzneimittel dar. Jedenfalls könne er sich auf die Freistellung in § 21 Abs. 2 Nr. 1b. lit. c) AMG berufen. Verstöße gegen das Heilmittelwerbegesetz und die Apothekenbetriebsordnung lägen ebenfalls nicht vor.

Mit Urteil vom 16. Juli 2009, auf dessen tatsächliche Feststellungen ergänzend Bezug genommen wird, hat das Landgericht München I die Klage abgewiesen. Auf die Frage der Zulassung von Fertigarzneimit...

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