Entscheidungsstichwort (Thema)

Passivprozess einer gelöschten Gesellschaft

 

Leitsatz (amtlich)

Bei einem Passivprozess ist die gelöschte Gesellschaft jedenfalls dann parteifähig, wenn der Kläger substantiiert behauptet, es sei bei der Gesellschaft noch Vermögen vorhanden. Vermögen in diesem Sinne liegt auch dann vor, wenn der Gläubiger im Liquidationsverfahren zu Unrecht übergangen worden ist und die Gesellschaft deshalb einen Ersatzanspruch gegen die Liquidatoren hat.

 

Normenkette

ZPO § 50 Abs. 1, § 139

 

Verfahrensgang

LG Traunstein (Urteil vom 11.01.2011; Aktenzeichen 7 O 1916/10)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Traunstein vom 11.01.2011, Az. 7 O 1916/10, wird auch hinsichtlich des gegen die Beklagte zu 1) gerichteten Berufungsantrags auf Zahlung einer Abfindung zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens sowie die Kosten des Revisions- und Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Traunstein ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aus diesem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leisten.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien stritten über die Frage, ob der Kläger noch Gesellschafter der Beklagten zu 1) ist. Zunächst hat der Kläger ferner hilfsweise im Wege der Stufenklage seinen Abfindungsanspruch geltend gemacht. Nun macht der Kläger einen Abfindungsanspruch in Höhe von EUR 1.266.534,00 geltend.

Der Kläger war einer von drei Gesellschaftern der Beklagten zu 1), einer mit der Planung und Herstellung von Tanküberwachungssystemen befassten GmbH, die am 11.02.2014 gelöscht wurde. Der Beklagte zu 2) war deren Geschäftsführer. Zugleich war der Kläger bei der Beklagten zu 1) als Vertriebs- und Projektleiter angestellt.

Nachdem es zu Unstimmigkeiten zwischen den Parteien gekommen war, erklärte der Beklagte zu 2) mit Schreiben vom 19.10.2006 (Anlage B 9) gegenüber dem Kläger dessen Tätigkeit als Vertriebs- und Projektleiter mit sofortiger Wirkung für beendet. Daraufhin erklärte der Kläger mit Schreiben vom 20.10.2006 (Anlage K 5 bzw. B 10) gegenüber der Beklagten zu 1), er kündige das bestehende Arbeitsverhältnis sowie das Gesellschaftsverhältnis mit ihr jeweils aus wichtigem Grund und mit sofortiger Wirkung unter Berufung darauf, dass er am Vortag aus der Gesellschaft ausgeschlossen und sein Arbeitsverhältnis fristlos gekündigt worden sei. Nachdem der Kläger anwaltliche Hilfe in Anspruch genommen und seinen Abfindungsanspruch vorläufig auf EUR 114.000,00 beziffert hatte (Anlage B 11), entgegnete die Beklagte zu 1) mit Anwaltsschreiben vom 22.12.2006 (Anlage B 12) u.a. höchst vorsorglich, ein Abfindungsanspruch bestehe nicht, da der Geschäftsanteil des Klägers keinen positiven Verkehrswert habe. Am 08.02.2007 beschloss die Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 1), den Geschäftsanteil des Klägers einzuziehen. Im Protokoll (Anlage K 7) wurde festgehalten, dass der Kläger mit der Kündigung des Gesellschaftsvertrages zugleich die Zustimmung zur Einziehung seines Geschäftsanteils erklärt habe.

Der Kläger vertrat die Ansicht, er sei noch Gesellschafter der Beklagten zu 1), der Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 08.02.2007 sei aufgrund erheblicher formeller materieller Mängel nichtig und unwirksam. Er habe jedenfalls seine Wirkung verloren.

Das Landgericht, auf dessen tatsächliche Feststellungen Bezug genommen wird, hat die Klage abgewiesen.

Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers, der seine erstinstanzlichen Anträge weiterverfolgt und ergänzt hat.

Im Berufungsverfahren hat der Kläger zunächst beantragt,

die Beklagten unter Aufhebung des am 11.01.2011 verkündeten Urteils des Landgerichts Traunstein, Az. 7 O 1916/10, zu verurteilen:

1. Es wird gegenüber der Beklagten zu 1) festgestellt, dass der in der Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 1) vom 08.02.2007 gefasste Gesellschafterbeschluss, wonach der Geschäftsanteil des Klägers eingezogen worden ist, nichtig ist, hilfsweise, dass der in der Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 1) vom 08.02.2007 gefasste Gesellschafterbeschluss, wonach der Geschäftsanteil des Klägers eingezogen worden ist, seine Wirkung verloren hat.

2. Es wird gegenüber der Beklagten zu 1) festgestellt, dass der in einer Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 1) vom 09.02.2007 gefasste Gesellschafterbeschluss, wonach die Geschäftsanteile des Klägers eingezogen worden sind, nichtig ist.

3. Die Beklagten werden verurteilt, dem Handelsregistergericht des AG Traunstein zu der HRB 8395 der Beklagten eine Gesellschafterliste vorzulegen, die den Kläger als Gesellschafter der Beklagten mit zwei Geschäftsanteilen im Nennwert von zu DM 13.500,00 und DM 6.900,00 ausweist.

Hilfsweise hat der Kläger beantragt, die Bekla...

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