Leitsatz (amtlich)

1. Hat die GmbH die außerordentliche Kündigung eines Gesellschafters akzeptiert und zum Anlass genommen, die Einziehung des Geschäftsanteils zu beschließen, ist der Einziehungsbeschluss allenfalls anfechtbar, aber nicht nichtig, selbst wenn kein wichtiger Grund für die Kündigung vorlag.

2. Die Einziehung des Geschäftsanteils nach der Austrittserklärung eines Gesellschafters, also letztlich die Einigung über dessen Austritt, ist einem in der Satzung zugelassenen Ausschluss mit sofortiger Wirkung vergleichbar. Im letztgenannten Fall lebt die Gesellschafterstellung des Betroffenen nicht wieder auf, wenn die Gesellschaft nichts dazu tut, dass der Ausgeschlossene den Gegenwert seines Geschäftsanteils erlangt (BGHZ 32, 17, 23).

3. Ein Abfindungsanspruch und dementsprechend ein Auskunftsanspruch nach §§ 810, 242 BGB entsteht bereits mit Zugang der außerordentlichen Kündigung des Gesellschafters bei der GmbH. Kann er diese Ansprüche wegen Verjährung nicht mehr durchsetzen, kann er sich nicht darauf berufen, der Einziehungsbeschluss habe mangels Abfindungszahlung seine Wirkung verloren.

 

Verfahrensgang

LG Traunstein (Urteil vom 11.01.2011; Aktenzeichen 7 O 1916/10)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des LG Traunstein vom 11.1.2011 wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus diesem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages leisten.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 116.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über die Frage, ob der Kläger noch Gesellschafter der Beklagten zu 1) ist. Hilfsweise macht der Kläger im Wege der Stufenklage seinen Abfindungsanspruch geltend.

Der Kläger übernahm bei Gründung der Beklagten zu 1), deren jetziger Geschäftsführer der Beklagte zu 2) ist, eine Stammeinlage i.H.v. DM 13.750,00. Die Gesellschafterliste vom 7.2.2002 (Anlage K 2) weist ihn als Gesellschafter mit zwei Geschäftsanteilen im Nennwert von DM 13.500 und DM 6.900 aus. Der Kläger war außerdem als Angestellter für die Beklagte zu 1) tätig. Nach § 4 der Satzung der Beklagten zu 1) (Anlage K 1) kann die auf unbestimmte Zeit errichtete Gesellschaft von jedem Gesellschafter mit einer Frist von einem Jahr zum Ende eines Kalenderjahres gekündigt werden. Nachdem es zu Unstimmigkeiten zwischen den Parteien gekommen war, erklärte der Beklagte zu 2) mit Schreiben vom 19.10.2006 (Anlage B 9) gegenüber dem Kläger dessen Tätigkeit als Vertriebs- und Projektleiter mit sofortiger Wirkung für beendet. Daraufhin kündigte der Kläger mit Schreiben vom 20.10.2006 (Anlage K 5 bzw. B 10) unter dem Betreff "fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses und des Gesellschaftsvertrages" u.a. das Gesellschaftsverhältnis mit der Beklagten zu 1) aus wichtigem Grund und mit sofortiger Wirkung. Mit Schreiben seines damaligen Anwalts vom 12.12.2006 (Anlage B 11) forderte er u.a. einen Abfindungsbetrag i.H.v. 114.000 EUR, da er den Gesellschaftsvertrag mit Schreiben vom 20.11.2006 fristlos gekündigt habe, er aber bis zur Zahlung seiner Abfindung Gesellschafter bleibe. Daraufhin entgegnete die Beklagte zu 1) durch ihre damaligen Anwälte mit Schreiben vom 22.12.2006 (Anlage B 12), die außerordentliche fristlose Kündigung des Gesellschaftsvertrages durch den Kläger mit Schreiben vom 20.11.2006 sei ohne wichtigem Grund erfolgt; sollte aus anderen Gründen eine unüberwindbare Zerrüttung des Gesellschaftsverhältnisses vorliegen, nehme sie die darauf gestützte Kündigung des Gesellschaftsverhältnisses zur Kenntnis. Bei der Gesellschafterversammlung vom 8.2.2007 wurde die Einziehung des Geschäftsanteils des Klägers beschlossen. Das Protokoll dieser Gesellschafterversammlung (Anlage K 7) wurde dem Kläger mit Schreiben vom 13.2.2007 (Anlage K 8) übersandt. Nachdem der Kläger mit Schreiben vom 10.2.2010 (Anlage K 9) den Beklagten zu 2) aufforderte, eine Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 1) einzuberufen, reichte der Beklagte zu 2) eine Gesellschafterliste (Anlage K 11) ein, die den Kläger nicht als Gesellschafter ausweist. Dort heißt es u.a., dass durch die Einziehung der Geschäftsanteile vom 9.2.2007 die vormaligen Geschäftsanteile des Klägers erloschen seien. Am 9.2.2007 hatte keine Gesellschafterversammlung stattgefunden.

Der Kläger vertritt die Ansicht, er sei nach wie vor Gesellschafter der Beklagten zu 1). Der Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 8.2.2007 sei aufgrund erheblicher formeller materieller Mängel nichtig und unwirksam. Er habe jedenfalls seine Wirkung verloren. Die dem Handelsregister des AG Traunstein am 10.5.2007 vorgelegte Gesellschafterliste sei falsch. Er habe jedenfalls einen Abfindungsanspruch, den er mit seinen Hilfsanträgen geltend mache.

Der Kläger hat beantragt:

1. Es wird ge...

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