Leitsatz (amtlich)
Anrechtungs- und Nichtigkeitsklagen gegen Beschlüsse der Gesellschafterversammlung einer GmbH, die die Feststellung des Jahresabschlusses, die Entlastung der Geschäftsführerin sowie die Übernahme von Personalkosten zum Gegenstand haben, sind nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegen den Insolvenzverwalter zu richten, da das Recht der Schuldnerin, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und über es zu verfügen gem. § 80 Abs. 1 InsO auf den Insolvenzverwalter übergeht (vgl. BGH NJW 1960, 1006; RGZ 76, 244).
Normenkette
InsO § 80 Abs. 1; GmbHG § 47
Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 27.01.2010; Aktenzeichen 10 HKO 10510/09) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des LG München I vom 27.1.2010, Az: 10 HK O 10510/09, aufgehoben und die Klage abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt die Nichtigerklärung von Beschlüssen einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 5.5.2009.
Die Beklagte ist im Handelsregister des AG München unter HRB. eingetragen. Das Stammkapital der Beklagten beträgt 25.000 EUR. Hieran hält die Klägerin einen Geschäftsanteil im Nennbetrag von 12.250 EUR, das Klinikum ... M. (im Folgenden MRI) hält Geschäftsanteile von 12.750 EUR. Geschäftsführerin der Beklagten ist Erika M.
Mit eingeschriebenem Brief vom 2.4.2009 (Anlage K 15) lud die Geschäftsführerin der Beklagten die Klägerin zu einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung am 5.5.2009 ein. Die in der Einladung genannte Tagesordnung - ergänzt mit Schreiben vom 3.4.2009 (Anlage K 16) - enthielt unter TOP 1 "wirtschaftliche Lage der Gesellschaft", unter TOP 2 Jahresabschluss 2008, Ergebnisverwendung und Entlastung der Geschäftführung, unter TOP 3 "Kostenübernahme G./M. " sowie weitere Tagesordnungspunkte TOP 4 bis 6. Die Einladung vom 2.4.2009 enthielt den weiteren Satz, dass Unterlagen rechtzeitig vor der Sitzung zugehen werden. Bei der Klägerin gingen vor der Versammlung keine Unterlagen ein. In der am 5.5.2009 stattfindenden Gesellschafterversammlung, an der die Klägerin entsprechend ihrer Mitteilung vom 4.5.2009 nicht teilnahm, wurden mit den Stimmen der MRI allein die Beschlüsse zu TOP 2 und 3 gefasst. Der Versammlungsleiter der Gesellschafterversammlung erklärte das Fernbleiben der Klägerin für treuwidrig und die Versammlung für beschlussfähig.
Zum 1.6.2009 wurde mit Beschluss des AG München das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Beklagten eröffnet und Dr. Martin P.
als Insolvenzverwalter bestellt (Anlage K 15).
Die Klägerin begehrt mit der am 5.6.2009 erhobenen Klage gegen die Gesellschaft (zugestellt am 23.6.2009), die Beschlüsse zu TOP 2 und 3 für nichtig zu erklären. Sie hält die Klage für zulässig, insbesondere sei auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Gesellschaft vertreten durch die Geschäftsführerin Maier richtige Beklagte. Die angegriffenen Beschlüsse beträfen nur die Binnenorganisation und nicht die Masse, bzw. wirkten sich bei Obsiegen der Klägerin lediglich positiv auf die Masse aus. Deshalb sei die Klage nicht gegen den Insolvenzverwalter zu richten. Sie ist zudem der Auffassung, die angegriffenen Beschlüsse seien für nichtig zu erklären, da Beschlussfähigkeit nicht gegeben gewesen sei. Sie beantragte, die Beschlüsse für nichtig zu erklären.
Die Beklagte beantragte die Abweisung der Klage, da sie die Auffassung vertrat, dass diese bereits unzulässig sei. Richtiger Adressat der Klage sei nicht die Beklagte als Gesellschaft, sondern der Insolvenzverwalter, da die angefochtenen Beschlüsse zumindest mittelbar Einfluss auf die Insolvenzmasse hätten. Im Übrigen hält sie die in der Gesellschafterversammlung gefassten Beschlüsse für wirksam, für formal und materiell ordnungsgemäß zustande gekommen. Das Fernbleiben der Klägerin von der Versammlung sei treuwidrig gewesen.
Das LG hat die Klage für zulässig und in vollem Umfang begründet erachtet. Es vertrat die Ansicht, dass die Klage zutreffend gegen die Gesellschaft vertreten durch deren Geschäftsführerin und nicht gegen den Insolvenzverwalter zu richten war. Da es sich bei den angegriffenen Beschlüssen im vorliegenden Fall um insolvenzneutrale, die Masse nicht betreffende bzw. um solche die, die Masse im Erfolgsfall vermehren, handle, sei die Gesellschaft richtige Partei. So beträfen die Entlastung der Geschäftsführerin und die Feststellung der Bilanz das insolvenzbefangene Vermögen der Gesellschaft nicht. Die Anfechtung der Beschlüsse betreffend die Kostenübernahme für Frau M. und Frau G. hätte allenfalls positive Auswirkung auf die Masse. Schließlich folgte das Erstgericht der Auffassung der Beklagten, wonach allein wegen der aufgrund des Prozesses drohenden Kostenlast der Insolvenzverwalter immer der richtige Beklagte sei, nicht. Das LG hielt die Klage auch für begründet, da die Gesellschafterversammlung nicht beschlussfähig gewesen sei und Anh...