Leitsatz (amtlich)
Bei einer Online-Werbung per Internet für Arzneimittel gegenüber Fachkreisen genügt die Erreichbarkeit der Pflichtangaben durch einen Link den Anforderungen bezüglich der Pflichtangaben gemäß § 4 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 4 HWG jedenfalls dann nicht, wenn für den Werbeadressaten mehrere Schritte erforderlich sind, um zu den Pflichtangaben zu gelangen.
Normenkette
UWG § 1; HWG § 4 Abs. 1; HWG § Abs. 4
Verfahrensgang
LG München I (Aktenzeichen 17 HKO 14744/01) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG München I vom 25.10.2001 – 17 HKO 14744/01 – wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die etwaige Ordnungshaft gemäß Nr. I dieses Urteils am Geschäftsführer der Beklagten, nicht am Beklagten zu 2) zu vollstrecken ist.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 20.000 Euro abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Die Revision zum BGH wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin, die sog. Parallelimportarzneimittel teilweise auch als Reimporte in Verkehr bringt, nimmt die Beklagte, die zahlreiche Fertigarzneimittel herstellt und in Verkehr bringt, auf Unterlassung im Zusammenhang mit Werbung für Arzneimittel im Internet in Anspruch.
Die Beklagte unterhält unter der Adresse www.xxx.de eine Homepage, die einen passwortgeschützten Bereich für die Fachkreise enthält. Dort warb die Beklagte im Juli 2001 für Arzneimittel entsprechend den Kopien von Bildschirmausdrucken gemäß den Anlagen K2 bis K4. Der jeweilige Werbetext erschien auf dem Bildschirm des Nutzers gemeinsam mit einer linken Spalte, in der sich ein Link „Fachinformationen” befand. Durch Anklicken dieses Links gelangte der Nutzer zu einer alphabetisch geordneten Liste der beworbenen Arzneimittel, durch Anklicken des jeweiligen Arzneimittels sodann zu den betreffenden Fachinformationen, die die Pflichtangaben gem. § 4 Abs. 1 HWG enthalten.
Die Klägerin hat geltend gemacht, die Werbung ohne Pflichtangaben oder deutlichen Hinweis auf die Pflichtangaben stelle einen Verstoß gegen § 1 UWG i.V.m. § 4 Abs. 1 HWG dar. Bei dem links im Bildschirm aufgeführten Link zu den Fachinformationen handele es sich nicht um eine Wiedergabe der Pflichtangaben. Zum einen stehe der Link in keinem unmittelbaren Zusammenhang zu der jeweiligen Werbung, zum anderen gelange der Arzt über den Link auch nicht sofort zu der Fachinformation für das auf den einzelnen Seiten beworbene Präparat, sondern nur zu sämtlichen alphabetisch geordneten Fachinformationen, wobei er sich dann erst selber die zu dem gerade beworbenen Präparat passende heraussuchen müsse. Der Arzt müsse drei Schritte vollziehen, um die Fachinformation zu dem betreffenden Arzneimittel zu erhalten, das seien mindestens zwei zuviel.
Die Klägerin hat beantragt:
Der Beklagten wird bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu 500.000 DM, an dessen Stelle im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ordnungshaft bis zu 6 Monaten tritt, oder eine Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollziehen am Geschäftsführer für jeden einzelnen Fall der Zuwiderhandlung gem. §§ 935 ff., 890 ZPO verboten, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken auf der Homepage www.xxx.de für Fertigarzneimittel wie in den nachfolgend in Kopie wiedergegebenen Ausdrucken ohne deutlichen Hinweis direkt bei der Werbung auf die Pflichtangaben gem. § 4 Abs. 1 HWG zu werben;
(Es folgen fünf Kopien von Ausdrucken der betreffenden Seiten, K2 – K4).
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat geltend gemacht, der Klageantrag treffe weder nach seinem Wortlaut noch nach seiner Begründung den tatsächlichen Internetauftritt der Beklagten. Die Fachinformationen, die die Pflichtangaben enthielten, seien durch Anklicken eines einzigen Links „Fachinformationen” zugänglich. Sobald dieser aktiviert werde, würden sämtliche Fachinformationen nach einer alphabetischen Übersicht auf den Arbeitsspeicher des Nutzers übertragen und könnten dort eingesehen oder ausgedruckt werden. Mit der Zurverfügungstellung der vollständigen Fachinformationen tue die Beklagte mehr als das, wonach sie nach § 4 HWG verpflichtet sei. Wegen der begrenzten Größe eines Bildschirms im Internet sei es überhaupt nicht möglich, die Angaben nach § 4 Abs. 1 HWG stets gleichzeitig mit der Werbung auf dem Bildschirm erscheinen zu lassen. Dies sei nach § 4 HWG auch nicht erforderlich. Der Internetauftritt der Beklagten stelle eher eine Erleichterung für den angesprochenen Arzt dar.
Am 25. 10.2001 hat das LG folgendes Urteil verkündet:
Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes von 5 DM bis zu 500.000 DM, an dessen Stelle im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ordnungshaft bis zu 6 Monaten tritt oder einer Ordnungshaft von bis zu 6 Monaten, letztere zu vollstrecken am Beklagten zu 2), es zu unterlassen im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken auf der Homepage www.xxx.de für Fertigarzn...