Leitsatz (amtlich)

1. Die öffentliche Zurschaustellung eines Brustbildes von Heinrich Himmler in Uniform verwirklicht den objektiven Tatbestand des § 86a Abs. 1 Nr. 1 StGB.

2. Eine Restriktion des Tatbestandes des § 86a Abs. 1 Nr. 1 StGB kommt nur in Betracht, wenn das Kennzeichen in einer Weise dargestellt wird, die offenkundig und eindeutig zum Zweck der Kritik an der Vereinigung oder der dahinter stehenden Ideologie erfolgt. Für diese Wertung sind die gesamten Umstände der Tat zu berücksichtigen (im konkreten Fall verneint).

 

Normenkette

StGB § 86 Abs. 1 Nr. 4, § 86a Abs. 1 Nr. 1

 

Verfahrensgang

LG München I (Entscheidung vom 29.10.2014)

 

Tenor

  • I.

    Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts München I vom 29. Oktober 2014 samt den ihm zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.

  • II.

    Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung auch über die Kosten des Revisionsverfahrens an eine andere Strafkammer des Landgerichts München I zurückverwiesen.

 

Gründe

I.

1. Das Berufungsgericht hat zum Sachverhalt folgende Feststellungen getroffen (UA S. 7/8):

"Am Mittag des 29.09.2011 in der Zeit zwischen 12.00 Uhr und 13.30 Uhr fand eine Vorbesprechung der nachmittäglichen Demonstration am Marienplatz/München in der Gaststätte "Augustiner am Dante" statt, zu der der Vorstand der Bürgerbewegung "PAX Europa" eingeladen hatte. Dabei fungierte als Verantwortlicher der Angeklagte xx, der auch die Räumlichkeiten, einen Nebenraum der Gaststätte, reserviert hatte. Die Angeklagten xx und xx nahmen an dieser Besprechung teil.

Sinn dieses Treffens war, die inhaltlichen Schwerpunkte der Kundgebung abzustimmen und die dort einzusetzenden Kundgebungsmittel, wie Plakate, zu besprechen und auch auszuwählen. Ziel der Kundgebung am Marienplatz war es auch - entgegen dem gemäßigt klingenden Motto der Demonstration - den Islam als eine menschenverachtende Ideologie darzustellen, die zur Verwirklichung ihrer Ziele auch nicht vor einem Zusammenwirken mit einer Hilfestellung für die Nationalsozialisten zurückgeschreckt sei. Bei der Versammlung im Augustiner wurden die in Frage kommenden Plakate nebeneinander aufgestellt. Hierbei stand das Himmler-Plakat direkt neben einem großen Plakat, welches in der Art des Buttons von "Atomkraft? Nein danke" den Aufdruck trug "Islamisierung? Nein danke". Daneben stand ein Plakat, das die Aufmachung der Antiaidskampagne benützte und deren Schriftzug "Gib Aids keine Chance" ummünzt in "Gib Islam keine Chance". Es entstand in der Gaststätte eine Diskussion darüber, ob es zulässig sei, das Himmler-Plakat zu zeigen oder ob dies gegen das Verbot, Kennzeichen von verfassungswidrigen Organisationen zu zeigen, verstieß. Es wurde beschlossen, alle drei Plakate auf der Demonstration zu zeigen.

Entsprechend kamen alle drei Plakate auf der darauf folgenden Demonstration am Marienplatz zum Einsatz. Es wurden zunächst die Plakate "Gib Islam keine Chance" sowie "Islamisierung?Nein danke"hochgehalten. Anschließend erhob der Angeklagte xx das Himmler-Plakat in die Höhe, so dass dies von anderen Personen, die zufällig am Marienplatz zu der Zeit entlang gingen, wahrgenommen werden konnte. Die Polizei schritt daraufhin ein und untersagte, dass dieses Plakat gezeigt wird. Der Angeklagte xx legte daraufhin das Plakat mit der Bildseite nach unten auf den Boden. Das Plakat war nur zusammen mit den anderen Plakaten und nur ca. 1-2 Minuten zu sehen gewesen. Der Marienplatz war zu diesem Zeitpunkt normal belebt, die Anzahl der Personen, die dieses Plakat sehen konnten, war nicht abzuschätzen.

Der Angeklagte xx, der die Versammlung auf dem Marienplatz angemeldet hatte und vor Ort auch als Versammlungsleiter fungierte, war auch bei der Vorbesprechung der Demonstration im "Augustiner am Dante" anwesend gewesen. Er wusste, dass das Plakat von Himmler zum Einsatz kommen sollte.

Das verwendete Himmler-Plakat (ähnlich dem Bl.. 49/50 der Akten) zeigt Himmler auf einem Stuhl sitzend. Er ist bis zu den Oberschenkeln zu sehen. Er trägt auf dem Bild die im Strafbefehl geschilderte Uniform. Jedoch waren die nationalistischen Symbole auf der Uniform aufgrund der schlechten Druckqualität nicht zu erkennen. Lediglich bei entsprechenden Vorkenntnissen konnte aufgrund der Platzierung verschieden grauer Flecke auf der Uniform gesagt werden, dass sich dort dieses oder jenes Symbol befinden muss."

2. Das Amtsgericht München hatte die Angeklagten mit Urteil vom 13. Mai 2013 auf der Grundlage dieses Sachverhaltes vom Vorwurf des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen freigesprochen. Es ist davon ausgegangen, dass eine Strafbarkeit nach § 86a StGB deshalb entfällt, weil die Verwendung des Plakates erkennbar im Zusammenhang mit islamkritischen Äußerungen stehe und deshalb vom Grundrecht der Meinungsfreiheit gedeckt sei.

Das Landgericht München I hat die hiergegen gerichtete Berufung der Staatsanwaltschaft durch das angefochtene Urteil vom 29.Oktober 2014 verworfen. Es hat ausgeführt, dass im "Zeigen des Bildniss...

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