Entscheidungsstichwort (Thema)
"Gold und Silber seit 1843"
Leitsatz (amtlich)
Zur Irreführung durch Alters- und Traditionswerbung.
Normenkette
UWG § 5 Abs. 1 S. 1, § 5 S. 2 Nr. 3
Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 10.04.2013; Aktenzeichen 37 O 23638/12) |
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG München I vom 10.4.2013 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III. Dieses Urteil und das Urteil des LG München I sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung aus Ziff. I. des Urteils des LG München I durch Sicherheitsleistung i.H.v. 50.000 EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Im Übrigen kann die Beklagte die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 115 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 115 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Gründe
A. Die Klägerin, die Wettbewerbszentrale, ist ein eingetragener Verein zur Förderung gewerblicher Interessen, insbesondere zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs.
Die 2010 gegründete Beklagte handelt mit Edelmetallen und benutzt dabei das unter Markenschutz stehende Zeichen Degussa.
Inhaberin der entsprechenden Marken und Lizenzgeberin der Beklagten ist die C. AG, welche die Marken von der E. D. GmbH erworben hat; diese geht zumindest teilweise auf die 1873 gegründete Deutsche Gold- und Silberscheideanstalt vormals Roessler AG zurück, die unter dem Akronym Degussa aufgetreten war. Deren Edelmetallaktivitäten wurden im Jahr 2000 ausgegliedert und von einem Fremdunternehmen geführt, auf das auch das Recht zur Benutzung der Marke Degussa überging. Nachdem die Marke 2006 an die E. D. GmbH zurückgefallen war, kam es zu der dargestellten Veräußerung an die C. AG.
Im September 2012 beinhaltete der Internetauftritt der Beklagten unter der Rubrik Über uns folgenden Text (vgl. Anl. K 3):
Grundlagen unseres Unternehmens sind eine große Tradition, die bis ins 19. Jahrhundert zurückreicht, und eine klare Philosophie über den heutigen Wert und Nutzen von Edelmetallanlagen.
Unter der Rubrik Unsere Historie fand sich folgender Text:
Im Zeichen von Sonne und Mond
Mit Beginn des Jahres 1843 überlässt der Senat der Freien Stadt Frankfurt Friedrich Ernst Roesser, dem Münzwardein der Frankfurter Münzprägeanstalt, die neu erbaute städtische Edelmetallscheideanstalt. Schon am 2.1. läuft in ihr der Scheidebetrieb an, und Roessler legt damit den Grundstein für die spätere Degussa AG.
Fast genau dreißig Jahre später, im Jahr 1872, beginnen dann die Verhandlungen zwischen der Familie Roessler, dem Metallhandelshaus Phil. Abr. Cohen (Stammfirma der Metallgesellschaft KG) und der Bank für Handel und Industrie (später in der Dresdner Bank aufgegangen) zur Einbringung der Scheideanstalt in eine neu zu errichtende Aktiengesellschaft. Diese Gespräche führten schließlich 1873 zur Gründung der "Deutsche Gold- und Silberscheideanstalt vormals Roessler" mit Sitz in Frankfurt/M.
Seit rund 140 Jahren steht damit der Name Degussa für eine der ersten Adressen in Deutschland, wenn es um physische Edelmetalle wie Gold, Silber und die Platinmetalle geht.
Auf Abmahnung der Klägerin (vgl. Anl. K 7) gab die Beklagte eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab, in der sie sich verpflichtete, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr für ihr Unternehmen mit folgenden Aussagen die Firmenhistorie zu bewerben
a) Grundlagen unseres Unternehmens sind eine große Tradition, die bis ins 19. Jahrhundert zurückreicht
und/oder
b) Seit rund 140 Jahren steht damit der Name Degussa für eine der ersten Adressen in Deutschland, wenn es um physische Edelmetalle wie Gold, Silber und die Platinmetalle geht,
sofern in diesem Zusammenhang nicht ausdrücklich oder sinngemäß darauf hingewiesen werde, dass sie ein im Jahr 2010 gegründetes Unternehmen sei (vgl. Anl. K 9). Die Klägerin nahm die Erklärung mit der Begründung nicht an, diese sei nicht geeignet, die Wiederholungsgefahr zu beseitigen.
Die Beklagte verwendete in einer im Rhein-Main-Gebiet großflächig an Privathaushalte verteilten Briefkastenwurfsendung (vgl. Anl. K 12) sowie auf diversen Werbezetteln (vgl. Anl. K 13 bis K 15) folgende Angabe:
Degussa
Gold und Silber seit 1843.
Die Klägerin erachtet die dargestellten Angaben als irreführend. Sie hat mit ihrer Klage deshalb lauterkeitsrechtliche und auf das Unterlassungsklagengesetz gestützte Unterlassungsansprüche geltend gemacht, denen die Beklagte entgegengetreten ist.
Mit Urteil vom 10.4.2013, auf dessen tatsächlichen Feststellungen ergänzend Bezug genommen wird, hat das LG die Beklagte in Ziff. I. antragsgemäß verurteilt,
es bei Meidung von Ordnungsmitteln zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr für das eigene 2010 gegründete Unternehmen
1. mit den folgenden Angaben zur Historie zu werben:
a) Grundlagen unseres Unternehmens sind eine große Tradition, die bis ins 19. Jahrhundert zurückreicht [...]
und/oder
b) Mit Beginn des Jahres 1843 überläs...