Leitsatz (amtlich)

Maßgeblich für die Prüfung gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, ob konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen des Erstgerichts begründen, sind nicht vom Erstgericht im Anschluss an die Beweisaufnahme geäußerte vorläufige Einschätzungen, sondern allein die Ausführungen zur Beweiswürdigung im Ersturteil gemäß § 286 Abs. 1 Satz 2 ZPO.

 

Normenkette

ZPO § 286 Abs. 1, § 529 Abs. 1 Nr. 1

 

Verfahrensgang

LG München I (Aktenzeichen 1 HK O 17230/15)

 

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten zu 1. gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 16. Dezember 2017 wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte zu 1. hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Dieses Urteil und das Urteil des Landgerichts, soweit es angegriffen wurde, sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte zu 1. kann die Vollstreckung aus Ziffer 1. a) des Urteils des Landgerichts durch Sicherheitsleistung in Höhe von 7.500,- EUR und die aus Ziffer 1. c) des Urteils des Landgerichts durch Sicherheitsleistung in Höhe von 25.000,- EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Im Übrigen kann die Beklagte zu 1. die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

 

Gründe

I. Sowohl die Klägerin als auch die Beklagte zu 1., deren Muttergesellschaft die Beklagte zu 2. ist, bieten Telekommunikationsdienstleistungen an.

Die Klägerin trägt vor, die Beklagte zu 1. habe im Rahmen von Anrufen, mit denen sie für einen Anbieterwechsel geworben habe, unrichtige Angaben gemacht.

Nach erfolglosen Abmahnungen hat die Klägerin zunächst gegen beide Beklagte Ansprüche auf Unterlassung sowie Ersatz vorgerichtlicher Abmahnkosten geltend gemacht und später die Klage gegen die Beklagte zu 2. insgesamt sowie wegen eines Teils der Abmahnkosten auch gegen die Beklagte zu 1. zurückgenommen.

Nach Durchführung einer Beweisaufnahme hat das Landgericht mit Urteil vom 16. Dezember 2016, auf dessen tatsächliche Feststellungen ergänzend Bezug genommen wird, die Beklagte zu 1. unter Abweisung der weiterverfolgten Klage im Übrigen verurteilt,

1. es bei Meidung von Ordnungsmitteln zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs im Rahmen der Akquise von Telekommunikationsdienstleistungen, insbesondere X-Produkten, gegenüber potentiellen Kunden wahrheitswidrig zu behaupten und/oder behaupten zu lassen,

a) dass sie in Zukunft nicht mehr von der Telekom bedient würden;

und/oder

b) dass ihre Verträge bei der Telekom ausliefen;

und/oder

c) dass sie demnächst gesetzlich verpflichtet seien, ihre Telekommunikationsdienstleistungen nur noch von einem Anbieter, insbesondere X., zu beziehen.

2. an die Klägerin 405,60 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 30. August 2015 zu zahlen, ferner weitere 765,95 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 18. September 2015 zu zahlen.

Die Beklagte zu 1. wendet sich teilweise gegen ihre Verurteilung. Sie vertritt die Auffassung, das Landgericht habe die entsprechenden Zeugenaussagen falsch gewertet, und beantragt,

1. das landgerichtliche Urteil aufzuheben, soweit sie verurteilt worden ist, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs im Rahmen der Akquise von Telekommunikationsdienstleistungen, insbesondere X.-Produkten, gegenüber potentiellen Kunden wahrheitswidrig zu behaupten und/oder behaupten zu lassen,

a) dass sie in Zukunft nicht mehr von der Telekom bedient würden;

und/oder

c) dass sie demnächst gesetzlich verpflichtet seien, ihre Telekommunikationsdienstleistungen nur noch von einem Anbieter, insbesondere X. zu beziehen.

und soweit sie verurteilt worden ist, an die Klägerin 203,10 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 30. August 2015 zu zahlen, ferner weitere 765,95 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 18. September 2015 zu zahlen;

2. die Klage im Umfang der Aufhebung des landgerichtlichen Urteils abzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das angegriffene Urteil und beantragt,

die Berufung der Beklagten zu 1. zurückzuweisen.

Im Übrigen wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 7. Dezember 2017 Bezug genommen.

II. Die zulässige Berufung der Beklagten zu 1. (im Folgenden: Beklagte) ist unbegründet.

1. Das Landgericht hat die Beklagte zu Recht verurteilt, es zu unterlassen, potentiellen Kunden gegenüber die Behauptung aufzustellen, diese würden in Zukunft nicht mehr von der Klägerin bedient (Ziffer 1. a] der landgerichtlichen Urteilsformel).

Das Landgericht hat festgestellt, dass die beanstandete Werbebehauptung tatsächlich in dem Telefonat mit dem Zeugen R. gefallen war. Diese Feststellung h...

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